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Reisetagebuch

8/12/2005   Zimbabwe / Gweru

Hoch auf dem grauen Riesen

Elefantenritt

(Harald) In der Game Reserve gibt es zwei junge Damen, ca. 18 Jahre alt, die bereit sind jeden Mann zu tragen- wenn auch nicht auf Haenden, sondern auf ihren Ruecken. Ihre Haut sieht runzlig und grau aus und sie sind mehrfach rekordverdaechtig: ihre schwarzen Haare sind dick wie Zahnstocher, die dicksten Haare der Welt. Sie haben die laengsten Zaehne (bis 3 m), die groessten Ohren und Fuesse und die laengste Nase der Welt. Sie sind die schwersten Landtiere der Welt und trotzdem es nicht 20 Maennern gelingen wuerde, einen Elefanten zu bremsen, wenn der nicht will, ordnen sich diese Giganten dem Menschen freiwillig unter. Meistens jedenfals. Und lassen sie auf sich reiten. Auch mich. Wenn auch nicht alleine.

Ein Pfleger mit einem langen Metallhaken sitzt direkt hinter dem Kopf der jungen Grazie, die ich mit einem zweiten Touristen von einem gut zwei Meter hohen Holzpodest aus besteige. Vorsicht bei der Ausfahrt! heisst es. Wenn dein Fuss zwischen Schulter und Holzpodest geraet, bist du u.U. deinen Fuss los.

Das Tier ist noch etwas unwillig, da hilft auch nicht das Schreien des Pflegers, der immer wieder seinen Haken unter die bistrotischgrossen Ohren rammt. Das Maedchen dreht sich, geht rueckwaerts, frisst noch mal gemaechlich vom Heu, unser Maennertrio auf sich ignorierend. Faengt ja gut an, denke ich. Dann schwanken wir los. Lautlos und gemuetlich stapft die Kolossin los, ab und zu legt sie den Ruessel rueckwaerts, aufwaerts auf ihren Kopf (versuch da mal mit der Nase), wo der Pfleger plichtschuldigst Belohnungen zur Hebung der Moral reicht.

Meine Beine sind dermassen gespreizt, dass ich schmerzhaft an mein Taekwondo-Training erinnert werde und beim steilen Bergabstieg waeren wir ohne den sich vor uns am Hinterkopf des Tieres abstuetzenden Pfleger glatt vornueber gefallen.

Man muss das ja mal gemacht haben, denke ich nach ca. 10 Minuten ploeztlich. Wer gelenkig ist, mag Spass haben. Ich bin, ganz unter uns Gebetsbruedern gesagt, froh, als es nach 30 Minuten heimwaerts geht, nicht ohne das unser eigenwilliges Reittierchen nochmals klarmacht, wer hier das Sagen hat und die Richtung bestimmt. Rd. zwei Tonnen gegen einen 60-Kg-Reiter, da setzt niemand auf den Pfleger. Tierchens schwankt einfach rechts herum, bleibt ohrenflatternd stehen.

Im Camp zurueck ist mein eigentlicher Spass das Inspizieren des Tieres. Nie habe ich Gelegenheit gehabt, neben, fast unter einem Elefanten zu stehen. Die Riesin beaeugt mich aufmerksam beim Fressen ganzer Koerbe von Gras, waehrend ich ihre Ohren abtaste, nach vorne klappe, die afrikanischen Elefanten nutzen ihre Ohren zur Kuehlung durch Faechern, da sie nicht schwitzen koennen.

Dann die Beinbeugen, Hautschwarten hart wie Autoreifen, der Ruessel greift nach mir-Vorsicht!- wenn die mich umschlingt, nur so aus Spass, bricht sie mir das Kreuz und merkt es nicht mal. Ich hocke unter ihrem Bauch und die ganze Massigkeit und Erhabenheit dieses, nicht immer friedlichen, Giganten wird noch mehr spuerbar.

Ich moechte mich am liebsten bei der Dame bedanken fuer ihr Verstaendnis fuer meine Neugierde und Unverfrorenheit eine fremde Schoenheit so schamlos anzutatschen.

Am Abend grosses Lagerfeuer, Barbeque mit Gesang und Tanzeinlagen. Dann versucht mich Steve Mitchell aus Illinois, USA zu bekehren. Er und seine Glaubensfreunde aus den USA schwelgen in Gewissheiten und wollen Afrika diese verkuenden, das Dunkel des Kontinents in Licht tauchen. Sie schwaermen von den vielen Menschen des Kontinents, die reif fuer "die Botschaft" sind, die Erloesung suchen. Ob ihnen nicht Bedenken kommen, wenn man sieht, wieviel Kultur bei dem andauernden Missionieren unrettbar verloren geht? Antwort: Nein. Sind diese Kulturen denn immer erhaltenswert..?

Die Indoktrination ist bei diesen Leuten derart stark, dass sie irgendwann aggressiv werden, wenn man nicht bereit fuer ihre einzige, unfehlbare Wahrheit ist. Ich gebe sofort nach, als die Stimmung umschlaegt, ich will ja niemanden ueberzeugen, sondern fuehle mich wie bei den Zeugen Jehovas an der Haustuere lediglich professionell argumentativ an die Wand gedrueckt.

Gute Nacht! Im Zelt.

geschrieben am 12.9. in Daressalaam


 


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