8/13/2005 Zimbabwe / Harare
Walk with Lions (the belly of the biest)
Ein ungewoehnlicher Spaziergang
(Harald) Der blutjunge Ed, verantwortlich fuer die sechs Loewen, die von dem Game Reserve als geeignet fuer einen Spaziergang befunden werden, weckt mich vor Tagesanbruch: "Harry, es ist Zeit fuer die Loewen." Mit mir und Ed sind ca. ein Dutzend Touristen unterwegs, sowie vier weitere Pfleger. Ed weist uns ein: nie Hocken, Setzen, Knien. Nie den Ruecken zuwenden. Den Tieren streng in die Augen schauen. Stets darauf achten, ob sie "Den Blick" drauf haben. Jeder bekommt einen ca. 1 Meter langen Sock. "Wenn sie euch anfangen anzustarren, fixieren, dann werdet ihr wissen, was ich mit "Dem Blick" meine. Dann richtet ihr eure Stoecke mit der Spitze auf ihr Gesicht und sagt laut und entschieden: "No!". Und weiter: Nie ins Gesicht fassen... Ich denke: meint der das ernst? Die beiden Loewen, mit denen wir jetzt in den Busch gehen werden, sind 13 und 14 Monate alt. Man soll sich den Tieren nur von hinten naehern. Nichts fallen lassen, nichts ablegen. Ich sehe, dass die zwei aelteren Frauen, die mitgehen wollen, nervoes sind. Dann ist es soweit. Ein Gehege mit 4 Meter hohen Zaeunen. Ed ruft und zwei Loewen, eine Katze und ein Kater, erscheinen und sie sind gross, gut 100 kg schwer. Offensichtlich hoch erfreut und als einer der Betreuer das Tor oeffnet, stuerzen sie sofort heraus und direkt auf die zwei aelteren Damen los, die fast hintenueber fallen vor Schreck. Bevor auch nur jemand reagieren kann, biegen sie ab und rennen in den Busch. Und wir hintendrein. Aber die Tiere sind ausgeruht, gesaettigt, in bester Verfassung und glaenzend gelaunt. Sie springen mehrfach auf die runden Granitbloecke, um Ausschau zu halten, aber auch, wie ich das schon in Masvingo gesehen habe, um sich zu zeigen: Sehr her, wie gross ich bin! Nach 10 Minuten laufen die Raubtiere friedlich zwischen uns umher, erste Kontakte, mich streift das Weibchen am Bein. Nach 15 Minuten dirigiert Ed die Loewen auf ein paar Felsen und macht maunzende Geraeusche wie die jungen Loewen und mit lautlosem, gewaltigen Satz springen die Tiere muehelos 2 Meter hoch. Ich naehere mich von hinten, lasse den Stock zurueck, hocke mich hinter den Koerper groesser als ein Bernhadiner und kraule dem Biest das Kinn. Die Katze ahlt sich wohlig, dreht sich, die Maehne fast hart wie Sisalfasern, ich rubble und kratze. Ed hat die Loewin auf den Ruecken gedreht und streichelt ihren Bauch und ruft den Touristen zu: "Kommt, versucht es auch mal." Niemand wagt es. Da ist dieses Maul mit einer waschlappengrossen Zunge zwischen vier gebogenen Reisszaehnen, da sind vier Pfoten gross wie Haende mit je fuenf gebogenen Krallen, scharf wie Messer- nein Danke! scheint jeder zu sagen. Wir sind eine Stunde im Akazienbuschland mit dem Geschwisterpaar und das gehoert sicher zu den unglaublichsten Momenten meiner Reise. Immer wieder denke ich: "Kneif mich! Das kann doch nicht wahr sein!" Obwohl Touristen dafuer bekannt sind, dass sie Gefahren in Afrika oft voellig ausblenden, als sei das alles im Fernsehen und nicht die jeweilige Wirklichkeit, floesst ihnen der Anblick der Loewen hier sichtbar Respekt ein. Als ich meinen Pullover wg. der aufgehenden Sonne ausziehe und unbedacht ins Gras lege, ist die Loewin so schnell auf meinem Pullover (nichts ablegen!), dass ich sie nicht mal kommen sehe. Einer der Pfleger sticht mit seinem Stock zu, ein lauter Ruf und das Tier macht kehrt. Freiwillig, ohne Murren, schluepfen die Tiere ins Gehege zurueck. Ich gehe mit hinein, fuer ein Foto, dann ists vorbei. Ich packe, Ed faehrt mich nach Gweru in die Stadt. Neben mir auf der Ladeflaeche des PickUp sitzt eine deutsche Volontaerin, die viel Geld dafuer ausgibt, in der Antilope Reserve arbeiten zu duerfen. Es ist allerorten in Afrika ueblich, Lehrer und Hilfskraefte nicht nur kostenlos fuer sich arbeiten zu lassen, sondern zusaetzlich bis 1000 Euro monatlich zu verlangen. Es ist schon verrueckt, wenn man weiss, wieviel gleichzeitig die Mitarbeiter von GTZ, DED oder UN-Org. verdienen, die ebenfalls in Afrika taetig sind. Die junge Frau ist nicht auf den Mund gefallen: "Ich hab noch nirgends solche unverbesserlichen Rassisten gesehen, wie in S.A. und Zimbabwe. Das die Schwarzen da die Nase voll haben, wundert mich ueberhaupt nicht." In einem mittelgrossen Bus fahre ich nach Hahare zurueck und quartiere mich wieder bei Andy ein. Der weilt gerade in Kapstadt und laesst dort seinen verletzten Arm untersuchen. Beim Spiel seiner Nationalmannschaft gegen Neuseeland ist er nicht dabei- eine weitere Niederlage. Pieter, der Farmer aus der Nachbarschaft, ist da, immer noch deprimiert, frustriert, immer noch damit beschaeftigt, seine Farm zu verkaufen. Die Besitzerin des Hauses ist von Mosambik gekommen. Sie heisst mich willkommen und ich hoere eine weitere Geschichte von Farmenteignung, Gewalt und Drohungen. Heute hat die Frau mit ihrem Mann eine Farm in Mosambik aufgebaut, aber das Geschaeft laeuft nicht, man ist pleite. Spaeter kommt auch Lisa, die gute Seele: "Welcome Harry! Bleib so lang du willst." Ich schlafe in Andys Zimmer, draussen bellen die drei Hunde und ein fast durchsichtiger Hausgecko jagd auf der sonnendurchwaermten Hauswand Muecken. Wieder mal ein bisschen wie heimkommen. Meine letzten Gedanken vordem mir die Augen zufallen gehoeren den Loewen von Gweru. geschrieben am 13.9. in Daressalaam
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