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Reisetagebuch

8/19/2005   Zimbabwe / 22 km vor der Grenze

Die kleine Agame

Letzte Radzeltnacht

(Harald) Ich hatte eine gute, ruhige Nacht. Gegen Morgen wich die Hitze im Zelt. Niemand hat mich entdeckt und niemand stoert mich morgens, als ich zusammenpacke. Mein blaues Zelt leuchtet im gelben, mannhohen Gras aber wie eine Signaltafel. Ich brauche, ohne in Eile zu sein, rd. 40 Min bis alles an Ort und Stelle ist. Dann schiebe ich das Rad durchs Gras, dann auf den Feldweg. Liebgewordene Routine, die mir immer in guter Erinnnerung sein wird. Ich hab mich oft gefreut endlich wieder im Zelt schlafen zu koennen. In jedem Fall habe ich es geliebt, im Busch zu schlafen. Neben dem Campieren an einem einsamen Strand sind die Buschplaetze die besten.

Es scheint eine diesige Sonne, Gegenwind weht in Staerke 4-5 Beaufort aus 12 Uhr. Und es geht bergauf, spaeter weht der Wind aus 13-14 Uhr. Immer wieder passiere ich Kopjes, manche riesig, gewaltige Granitblasen, kahl. Manchmal bellt ein Pavian, Hornvoegel geben Laut bei meinem Auftauchen und auf den Stromleitungen sitzen stets die Lilabrustroller, ein Insektenvertilger gross und im Erscheinungsbild wie ein Eichelhaeher, aber hellblau, dunkelblau und mit, wie der Name sagt, leuchtend lilafarbener Brust. Dieser Vogel erinnert mich an den Quasi-Hausvogel bei Peter, Paul und Mary in Masvingo. Wenn ich mal wieder eine daumengrosse Kakerlacke im Haus gefangen hatte, hab ich sie auf den Rasen geworfen und der Vogel, der auf dem Stromkabel in 4 m Hoehe Wacht hielt, stiess stets sofort hinunter und vertilgte das Insekt.

20 km sinds bis Mutoke, wo ich im Spar-Supermarkt einkaufe. Es gibt Huhn und Chips, sprich Pommes.

Hinter dem Ort gehts vornehmlich bergab und ich komme gut voran. Immer wieder dieser Gedanke: es ist bald vorueber. Kein Radfahren in Afrika mehr. Waere ich 27, wuerde ich mich mit dem Gedanken troesten, sowas noch oft zu machen. Aber wer weiss, was die Zukunft noch alles an Abenteuern bereit haelt?

Spaeter eine Pause. In "Agnes"-Supermarkt esse ich Tomaten und Kekse Die Frau schaetzt mich viel zu jung ein und flirtet mit mir, von wegen, sie wolle nach Deutschland, ob ich Kinder wolle etc. Als ich ihr mein wahres Alter sage, erwarte ich eine entsprechende Reaktion, aber die bleibt aus. Sie glaubt mir einfach nicht und wenn doch, dann ist dies Afrika und ein aelterer Mann kann ohne weiteres eine junge Frau heiraten, das faellt nicht auf und ist Gang und Gaebe. Danke jedenfalls fuer die Blumen.

Unterwegs fange ich eine kleine Bodenagame. Das Tierchen gehoert zu einer Spezies, den Echsen, die sich seit hunderten von Millionen Jahren auf der Erde erfolgreich gehalten haben und selbst dieser kleine Klettermaxe hat unveraenderte Vorfahren, die aelter sind, als die Menscheit. Ob wir auch so erfolgreich sein werden und eine Millionen Jahre lang existieren? Glaubt das eigentlich irgendjemand? Oder herrscht Einigkeit darueber, dass wir nicht alt werden als Spezies, sondern uns selbst, gegenseitig ausrotten werden? Unsere Zivilisationen sind erst max 10.000 Jahre alt- so alt ist die aelteste Stadt der Welt, Jericho in Palaestina am Toten Meer.

Heute sind es 100 km und wenn es Sinn machen wuerde, waere ich die letzten 22 km auch noch gefahren, die mich noch von der Grenze trennen. Aber die Grenze ist ein einziges Durchgangslager voller Trucker und Laeden- ich kenne den Ort ja, war hier im Dezember 2004.

Hier aber gibt es ein schoenes Hotel mit grossen Freiflaechen. Die Zimmer sind zu teuer, aber der Manager fuehrt mich ueberall herum und ich suche mir einen ruhigen Zeltplatz unter drei niedrigen Akazien aus. Ich suche sorgfaeltig den Untergrund ab. Dann darf ich in einem der schoenen Zimmer Duschen und setze mich zum Essen auf die Terrasse, wo mir der Manager Gesellschaft leistet. Lesen, Tagebuch schreiben im Nachtwind.

Es ist meine letzte Rad-Zeltnacht.

geschrieben am 21.9. in Nairobi


 


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