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Reisetagebuch

9/9/2005   Tanzania / Iringa

Durch den Sueden

Busfahrt von Mbeya nach Iringa

(Harald) Es geht mit einem der grossen Ueberlandbus im Affenzahn durch die schoene Landschaft des tansanischen Suedens. Stehpassagiere werden nur wenige akzeptiert und auch nur fuer kurze Strecken. Fuenf Fahrgaeste sitzen in einer Reihe und es gibt vorne beim Fahrer sogar einen kleinen Monitor, auf dem ein Viodeofilm gezeigt wird. Die Strasse ist schmal und kurvenreich, unuebersichtlich und gefaehrlich. Zwei Fahrer teilen sich die Strecke, beide rasen- das Uebliche.

Der heisse Sueden des Landes ist Heimat hunderttausender Baobab-Baeume, den markantesten Baeumen Afrikas. Der Affenbrotbaum ist mein Favorit, weil er ein Kuenstler in mehrerer Hinsicht ist: im Ueberleben, weil er riesige Mengen Wasser in seinem Stamm speichert und weil er feuerresistent ist, denn seine glatte, fast speckig wirkende Rinde ist unglaublich dick und damit hitzefest. Seine Massigkeit bewahrt ihn vor Elefantentritt und, neben seiner schlechten Eignung als Feuerholz, auch vor dem Faellen durch die Menschen. Vor allem aber ist sein skuriles Aussehen ein Naturkunstwerk und seine Formenvielfalt laesst ihn immer wieder Blickfang sein.

Rechts der Strecke, gleich hinter Uyole bei Mbeya, tuermen sich die Kipengere-Berge, deren hoechster Gipfel ueber 2900 m erreicht- atemberaubend die Schluchtdurchfahrten, bergauf, steil, diesige Weiten in der Hitze, fahle Farben von Akazien und dazwischen aufragend die Baobabs, tief unter uns Speilzeugautos, Ziegenherden auf der Strasse, unten unfalldemolierte Bruecken, rissig der Belag, rostige Wracks im Bett der mit riesigen Gneisbloecken durchsetzten Fluesse.

Wehmuetig starre ich auf die vorbeifliegende Landschaft. Aussteigen! sehnt es in mir. Und: Da rauf! Ich moechte in diese Naturschoenheit tauchen, sie um mich wissen, sie erfahren, all die koestlichen Gerueche der Kraeuter, das Summen der Insekten, die huschenden Kleinantilopen, der troestende Schatten der Baeume und Felsen. Alles straeubt sich in mir hier so durchzueilen, so unachtsam. Vergeudete Schoenheit.

Man muss den Blick fuers Schoene lernen. Statt fasziniert auf Baumaschinen in der Stadt zu starren, statt sich am ewigen Selbstzweck des "Neuen" zu ergoetzen, sollte in Schulen vermehrt "Aesthetik" gelehrt werden. Das Schoene liegt in so vielem, im Kleinen, im Alltaeglichen. Wertbetrachtung hat sich in unserer Kultur vom Aethetikschwerpunkt hin zur Nuetzlichkeit entwickelt. Funktion ist das Dogma- dabei ist Schoenheit auch eine Funktion (wenn dies ueberhaupt einer Begruendung bedarf!). Wer in einer deutschen Innenstadt mal bewusst betrachtet, wird feststellen, wie haesslich die mit Autos bepflasterten Strassen sind. Schoene Buergerhausfassaden, kunstvolle Ziergitter, Baumalleen und dann: Blechkolonnen, dicht, Dach an Dach gereiht. Autos verschandeln, genauso wie glatte Strassen und alles andere Glatt-rein-Funtionelle. Dann fluechten wir foermlich "ins Gruene", raus aus den sinnarmen und liebeleeren Wundern und rechten Winkeln.

In Tanzania gibt es heute nur drei grosse Teerstrassen und fuenf kleinere Strecken. Um Zentraltanzania zu durchfahren- immerhin liegt auf der Strecke die Hauptstadt Dodoma- muss man ueber 600 km auf ungeteerten Strassen zuruecklegen. Die Strassen sind waehrend der Regenzeiten oft unbefahrbar, Bruecken unpassierbar. Jeder spitze Stein kann eine Reifenpanne bedeuten, jedes Schlagloch einen Achsbruch, jedes vorbeifahrende Auto einen Stein in die Frontscheibe schleudern. Da fahren die meisten, die von Mbeya nach Arusha wollen, statt durchs Landesinnere, lieber 250 km Umweg und nehmen die Teerstrasse.

Entlang der Teerstrasse reihen sich mehrere Staedte. Wir erreichen Makambako, dann Mafinga, wo ich bei dem jungen Martin gewohnt habe. Ich wuerde ihn gerne wiedersehen, aber ich bin in Eile und fahre weiter.

Dann Iringa, die Stadt auf dem Bergplateau. Ich erkenne alles wieder, lebendig sind die Erinnerungen. Hier bin ich auf dem Hinweg auf dem Rad umgekehrt, ab hier habe ich geschoben...Steil windet sich die Strasse am Berghang aufwaerts, ein atemberaubender Blick tief in das Land. Von hier oben haben die Kanonen der deutschen Soldaten das Haeuptlingsdorf der Wahehe unter Mkwawa waehrend des Aufstandes beschossen.

Ich kehre wieder in der gleichen Unterkunft wie bei der Hinfahrt ein.

geschrieben am 24.11.


 


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