9/10/2005 Tanzania / Iringa
Der letzte Kaiser
Spurensuche
(Harald) Ich lege einen Tag Aufenthalt ein, um mich auf die Spuren der deutschen Geschichte in Afrika zu begeben. Auf der Hinfahrt Anfang November 2004 war ich schon einmal hier und so finde ich das ehemalige Fort aus der Kolonialzeit nahe des Marktes im Stadtzentrum schnell wieder. Heute ist es eine Polizeistation und das Fotografieren eigentlich verboten- so hilflos diese Sicherheitsmassnahme auch ist. Vor dem Gebaeude steht das Denkmal fuer die nahe Iringa beim Aufstand der Wahehe 1897 gefallenen Askaris. "Askari" ist Arabisch und bezeichnet die indigenen Hilfstruppen. Auf dem Denkmal, einem niedrigen, gemauerten Obelisken, lese ich, dass die Afrikaner, die sich fuer den Krieg gegen Afrikaner von den Deutschen anheuern liessen, u.a. aus dem Sudan kamen und teilweise sogar selbst dem Stamm der Hehe angehoerten. Ich finde den Friedhof, der sich seit meinem letzten Besuch vor einem Jahr sehr veraendert hat. Das schulhofgrosse Gelaende ist bereinigt worden,sieht jetzt ordentlicher aus, aber einige Graeber sind auch verschwunden. Ich gruesse die Gaertner mit "Salama! Habari aszubue!" auf Kisuaheli (Frieden.Guten Morgen), die hier plaudernd das Gras waessern und streife durch die Reihen der Grabsteine. Die ehemaligen Feinde liegen hier seit dem Ersten Weltkrieg nebeneinander zur letzten Ruhe gebettet: Deutsche, z. B. aus Dresden, Ludwigshafen und Duisburg, neben Englaendern, Schotten, Hollaendern, Norwegern, Griechen und Polen. Auf manchen Grabsteinen steht nur: "Unbekannter Soldat". Ob er Deutscher oder Alliierter war, wusste damals niemand mehr. Zuhause galt er als "vermisst", dass Schicksal vereint sie alle. Seltsam beruehrt mich, dass soviele Soldaten der Englaender deutscher Abstammung waren. Da hiess einer "Weissenberg", anderere "Bucholtz", "Sievers" oder "Pretorius" (der Geburtsname des Fliegerasses des 1. Weltkriegs, des "Roten Barons" Manfred Von Richthofen, war uebrigens "Pretorius"). Wilhelm der Zweite, der letzte Kaiser der Deutschen, war ja selbst ein Verwandter, ein Grossneffe der englischen Koenigin Victoria... Eine Biene geraet mir zwischen Fuss und Sandale und sticht mich, womit mein geplanter Ausflug nach Isimilia flachfaellt. Auch die Fotos der Naturwunder dort- vom Regen ausgewaschene, riesige Steinstelen- sind mir in Johannesburg geraubt worden. Ich will mich nicht laenger aufhalten und werde morgen, wie geplant weiterreisen. Ich gehe, bzw. humple ins Internet und schlafe in der Nacht im Zelt. geschrieben am 27.11.
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