9/13/2005 Tansania / Dar es Salaam
Dosza, Dosza!
Einmal nur
(Harald) Dar hat die groesste indische Gemeinde der Ostkueste. Ich gehe noch einmal indisch Essen. Die Kellnerin ist eine Schwarze, die etwas Englisch spricht. Mir schwant eine neuerlich lustige Episode aus der Sketchkiste, als die junge Dame erstmal nicht zu mir kommt, obwohl ich der einzige Gast bin, sondern an den Nachbartischen summend Besteck ordnet. Nach fuenf Minuten Wartens gehe ich zur Theke und nehme mir eine der Speisekarten. Und ich entscheide mich fuer "Dosza", einen ca. 50 cm durchmessenden, duennen, knusprigen Pfannkuchen, in den mit Massala gewuerzte Eintoepfe eingeschlagen werden- hier Kartoffelbrei mit Gemuese, dazu eine scharfe Suppe mit Gries und als Getraenk Lassi- gesuessten, wahlweise gesalzenen duennfluessigen Joghurt. Ich winke der Kellnerin, gruesse, laechle, ich will ja was von ihr und sie nicht von mir. Alte afrikanische Gaststaettenregel. "Ich moechte Dosza Nr. 26." "Einmal?" fragt mich die Kellnerin. Wie? "Ja, einmal bitte." Ich meine, ich sitze hier alleine am Tisch, oder? Wer bestellt schon zwei 50-cm-Dosza? Hat das schon mal jemand geschafft, zwei dieser Megateile zu verdruecken? "Sie wollen einmal Dosza?" kommt die Nachfrage. "Ja. Einmal." "Einmal Dosza?" Tiiieeef durchatmen Junge! "Yes! Poa!" "Poa" ist Kisuaheli, heisst "cool" und ist die universelle Bestaetigung der Jugend. Ich schiebe noch ein "Sawa" hinterher (Ja), fuer alle Faelle. Die Kellnerin schlaegt die Speisekarte auf und zeigt auf die Reisgerichte und schaut mich fragend an. "Hapana. Nein. Kein Reisgericht. Ich moechte ein Dosza", sage ich entschieden. "Einmal?" fragt sie. Haben die kein Dosza? Oder vielleicht muessen die Reisgerichte weg, wg. Verfallsdatums gegessen werden? "Nr. 26! Dosza!" Ich zeige dabei auf die Nummer in der Karte. "Einmal Dosza?" Vielleicht sollte ich lieber bestellen, was die Kellnerin moechte, sonst werde ich hier Hungers sterben. "Was, bitte, ist falsch an einem Dosza?" frage ich zurueck. Sie antwortet nicht und wartet ostentativ-ungeduldig. Ich schaue mich hilfesuchend um. Die Frau ist vielleicht manisch und muss getrieben immer "einmal Dosza?" fragen, so eine Art Essen-Tourett-Syndrom. Oder sie leidet an akutem Verlust des Kurzzeitgedaechtnisses, wie ein Goldfisch, der ja auch nach drei Minuten nicht mehr wuesste, dass er mich gerade gefragt haette- na ja, oder so. Die indische Besitzerin kommt. Was das Problem sei. Mit einem genervt-veraechtlichen Gesichtsausdruck stoesst die Kellnerin hervor: "Der weiss nicht was er will!" Sie ahnt nicht, dass meine Sprachkenntnisse gerade noch soweit reichen, um das mitzukriegen. Dann fuegt sie noch etwas hinzu und die Chefin fragt mich: "Sie wollen ein Reis-Bir Yani bestellen?" Ja, ich sollte wohl Reis essen, Reis ist bestimmt toll. Ich habe mir das wohl nicht richtig ueberlegt. Sollte schnell Reis verzehren und dann fliehen und gluecklich sein, dass ich irgendetwas bekommen habe. Ich will aber so gerne ein Dosza! "Also, sei tapfer, du schaffst das!" mache ich mir Mut. "Nein, ich moechte ein Dosza. Nr. 26, hier, hapa, dieses Gericht, sehen sie, ein Dosza, bitte, tafadali, ich flehe sie an, nur ein einziges, kidogo, uno, one, en Dosza, ist das zuviel verlangt? Fehlen ihnen Eier zur Zubereitung? Ich koennte sie besorgen, ehrlich, das macht mir nichts. Wollen sie mir Reis dazu bringen? Kein Problem, ich liebe Reis zu Pfannekuchen ueber alles." Die Inderin diktiert der Kellnerin: "Der Mann will Dosza, Nr. 26. Mit Reis." "Sind sie sicher, dass sie Reis dazu wollen?" fragt sie mich irritiert. Ja, ich bin mir sicher, keine Aenderungen jetzt. "Assante! Danke!" stammle ich. Aber was macht die Inderin da? Sie geht weg!! Ist die wahnsinnig? Mich hier allein zu lassen mit der "Einmal-Dosza"-Tourette. Aber- Hoffnung keimt auf, denn die Kellnerin diktiert sich laut beim Schreiben auf ihr Bloeckchen: "Dosza. Nr. 26." "Musuri sana, sehr gut!" sage ich mit letzter Kraft. "Mmmmh" macht sie. Ohgottohgottohgott, nein, bitte nicht, sie wird es wieder tun, noch... "Einmal?" Treffer, versenkt. Ich habe kreischend begonnen mir Haare auszureissen und fliehe durch die geschlossene Glastuere, "Dosza, Dosza!" schreiend. geschrieben am 28.11.
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