10/4/2005 Aethiopien / Addis Abeba
Addis Abba
Exclusiver Himmel und konklusive Hoelle
(Harald) Ich verbringe Std. im Netcafe, schreibe u.a. Mails an Organisationen wg. der Buben. Ich kaufe amharische Musik. An den seltsam schraegen Klang habe ich mich nicht nur gewoehnt, sondern mir gefaellt der aeth. Pop sogar gut. Einer der erfolgreichsten im Geschaeft ist "Mikhael", der auch schon in Deutschland aufgetreten ist. Volksheld Nr. 1 ist aber ungeschlagen Tedy Afro, ein Endzwanziger, dessen innovative Musik, kritischen Texte und seine spuerbar tiefe Liebe zu seiner Heimat ihn beliebt machen. Neben Reggae und Hip-Hop gibt es in Aethiopien aber auch Fans der Countrymusik und des europaeischen Pops, wie z.B. von Abba. Hanna ist eine Zeugin Jehowas und versorgt mich mit "Wachtuermen", eine Art Bekehrungsversuch. Ich frage sie, ob sie sich mit dem dargestellten Jesusbild identifizieren kann: weiss, dunkelblond, lange Locken. Und mit Adam und Eva, die wie nackte New Yorker ausehen: weiss und blond die Eva, mit akurat gestutztem Bart und grossen Locken Adam. Mit dieser Haut haetten sie sich im Paradies einen schoenen Sonnenbrand geholt. Paradiesisch auch, dass der Loewe neben dem Laemmchen liegt. War der damals Vegetarier? Und wie hat er mit DEN Zaehnen und DEM Magen dann Gras verdaut? Hanna zuckt belustigt die Schultern. Adam heisst uebrigens auf Aramaeisch, der Sprache, die Jesus sehr wahrscheinlich sprach, "Rote Erde". Der sind die Nomaden heute noch leibesnah. Ich frage, wie es denn im Paradies moeglich war, ohne Konflikte zu leben. Das wird damit erklaert, dass es dort genug fuer alle gaebe, von allem, fuer alle. Aber bei uns gibt es ja genug fuer alle und trotzdem Konflikte, die nach dieser Auffassung im wesentlich durch Neid begruendet waeren und unsere Heimat gleichzeitig zum Nachbarland des Paradieses erklaeren. Am Ende verheissen auch die Zeugen Jehowas das nahe Weltenende, die goettliche Abrechung und die Verbannung der Mehrheit der Menschen in die ewige Hoelle beim Juengsten Gericht. Darum ist es ja auch so wichtig, andere zu bekehren- damit sie die Chance haben in den Himmel zu kommen. All die Armen, die von all dem nichts wissen- auch sie kommen leider in die Verdammnis, mit den Moerdern und Kriegsverbrechern zusammen. Was ist da schon ein bisschen Gewalt oder Zwang bei Missionieren, gemessen an dem Szenario, dass bei Nichtbekehrten die Seele in die Hoelle kommt? Macht sich der Glaeubige nicht sogar schuldig, wenn er nicht alles Erdenkliche versucht, um den Unglaeubigen zu bekehren? Den Missionseifer haben heutzutage laengst die Afrikaner selbst uebernommen- seien es nun Christen oder Muslime. Aemterlauf, um mein Visum zu bekommen. Bezahlen muss jeder in US-Dollar. "Ich bin Europaeer, kein Amerikaner. Unsere Waehrung ist der Euro", wende ich ein. Natuerlich umsonst. Ich muss also aethiopische Birr in USD umtauschen. Zu einer der Banken. Ich soll den offiziellen Umtausch meiner Birr, die ich zum Umtausch auf die Theke lege, nachweisen. Ich sage dem Mann offen, dass ich "schwarz" getauscht habe. Was soll ich auch an einem Wochenende in Moyale sonst tun? Der Birr ist eine reine Inlandwaehrung, d.h., man kann ihn nirgends vor Betreten des Landes eintauschen und nirgends danach ruecktauschen. Also kommt man an die Grenze und kann ab da (offiziell) nur noch mit Birr bezahlen. Soll man also an der Grenze drei Tage warten, bis die Bank oeffnet? Ich meine, JEDER tauscht schwarz! Der Umtausch wird im Pass vermerkt. Wozu der alles herhalten muss! Die Sudanesen haben sogar darin vermerkt, dass ich eine Videokamera mitfuehre. Die Schalterbeamten beraten sich kurz, dann tauschen sie mir die erforderlichen 20 USD und ich kann endlich mein Visum beantragen. geschrieben am 20.1. in Krefeld
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