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Reisetagebuch

9/29/2002   Tuerkei / Corlu

Ohne Rosenblueten

Vom Winde verweht und Hupen genervt

(Renata und Harald) Nach ausgiebigem Fruehstueck mit Tschai (Tee) und Huehnersuppe mit Brot, nehmen wir wieder den Weg zwischen die Beine. Auf, auf Richtung Mittelmeerkueste!

Bergauf und -ab geht es und Gegenwind mit Boeen bis Windstaerke 7 und 8 blaest uns fast vom Rad. Das macht keinen Spass mehr. Die Luftwirbel der LKWs reissen uns im Vorbeifahren fast um. Mehrmals fahren wir ins Gruen neben der Strasse oder steigen ab. Die Steigungen, lang und steil, koennen wir nur schiebend schaffen. Unser Stundendurchschnitt sinkt auf unter 10 km.

Die Huegellandschaft ist, wie uns angekuendigt, fast kahl. Nur vereinzelt gibt es mal einen Baum. Ausgetrocknete Sonnenblumenfelder bestimmen das Bild.

Wir sehen fast keine Pferdefuhrwerke mehr, nur Traktoren.

Zwar gruessen die tuerkischen Autofahrer beim Hupen, aber das hiesige Konzert ueberbietet, vor allem an Lautstaerke, alles Dagewesene. Wahre Fanfaren ertoenen da. Wir sind zunehmend genervter, gruessen nicht mehr zurueck.

Es wird dunkel. Wir wissen: schaffen wir heute nicht 70 km, erreichen wir morgen nicht das naechste Etappenziel.

Die Strasse ist kaum erkennbar im Gegenlicht der Scheinwerfer, oft blenden die Fahrer nicht das Fernlicht ab. Renatas neue Lampe aus Plovdiv funktioniert nach Lust und Laune.

Ab Lileburgaz reiht sich eine Fabrik an die andere, zumeist Textilverarbeitung, viele Tankstellen, Restaurants.

Wir putschen uns auf. Es gibt Sonnentage und Tage wie diesen, eben kein Zuckerschlecken. Aufgeben gilt nicht. Weiter. Renata quaelen Knieschmerzen. Noch 31 km bis Corlu, noch 17 km, noch 8 km... Endlich, gegen 22.30 Uhr, sind wir da. Wir kaufen noch etwas ein, duschen und schlafen tief bis 9 Uhr durch.

Als ich die Augen aufschlage, laeuft gerade eine der zahlreichen Kakerlaken ueber die Wand gegenueber. Das sind Mitbewohner, an die wir uns einfach gewoehnen muessen. Regt uns nicht sonderlich auf. Auch die kleinen, unerklaerlichen Stiche an den Beinen morgens nicht. Das ist nicht zu aendern, wenn man guenstige Hotels sucht und in der Provinz unterwegs ist.

Trotzdem geht es uns gut. Die Leute sind ausserordentlich freundlich, hilfsbereit, zuvorkommend. Man hat stets Zeit fuer einen Plausch mit Haenden und Fuessen, amuesiert hoert man sich unsere ersten tuerkischen Vokabeln an:

"Gueneiden"- Guten Morgen.

"Teschek Kuerederem"- Danke.

"Guellae-Guellae" - Auf Wiedersehen.

Es ist eine Maennerwelt. Auf den Strassen zu 90 % Maenner, auch in den Cafes. Maenner bedienen uns ueberall. Die Maenner halten sich an den Haenden, gehen umarmt, massieren sich die Schultern zur Begruessung, alt und jung.

Die leckere Auswahl an Gebaeck erwarten wir morgens mit Vorfreude. Und haeufig bekommen wir etwas geschenkt: ein Getraenk, einen Nachlass im Netcafe, ein Restgeld.

Heute fahren wir zur Kueste, dass Mittelmeer erwartet uns. Nach etwas ueber 3600 km werden wir im Salzwasser, in den Wellen schwimmen, das Rauschen der Wellen hoeren. Und dann Istanbul sehen.

Gegen 12.30 Uhr brechen wir auf. Wieder Gegenwind.


 

 

 

 


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