11/19/2002 Tuerkei / Antalya
Ante Antalya
5.000 km! / Olympos- ein verwunscher Ort und Kemer- ein sauberes Oertchen
(Harald und Renata) Die Sonne strahlt, als wir in Kumluca aufbrechen. Durch die Hochhausschluchten radeln wir stadtauswaerts. Wir suchen eine Nebenstrecke die uns nach Olympos bringt. Gleich hinter der Stadt geht es steil aufwaerts. Beim Blick zurueck schauen wir auf einen See aus Plastikplanen- hunderte Gewaechshaeuser sind damit abgedeckt. Hier werden Gurken, Tomaten, Kuerbisse und Bohnen angebaut. Wir verfahren uns und ich gehe einfach in einen Garten hinter ein Wohnhaus, um Orientierungshilfe zu erbitten. Erstaunte Gesichter, aber zwei Frauen in kleingebluemten, weiten Hosen und mit Kopftuechern, lachen, gehen mit mir zur Strasse. Renata wird gleich auf beide Wangen gekuesst- wie oft habe ich das jetzt schon beobachtet: die Frauen sind untereinander herzlich wie eine Gemeinschaft. Man zeigt uns, wo es weitergeht und eine herrliche Bergstrasse im Halbschatten erwartet uns. Gruene Kiefern, es riecht hier am Morgen richtig nach Walderde und aetherischen Dueften. Eine dicke Raupe (Mitte November!) kriecht ueber die Strasse, ich versuche vergeblich eine schoene Eidechse zu fangen, die foermlich davonfliegt. Wir erreichen in den Bergen Mavikent. Zeit fuer eine Pause und eine Erfrischung. In einem winzigen Kebab-Haeuschen braet uns der Wirt eine Portion Koefte. Der Schreiner von nebenan kommt herein und spricht uns auf Englisch an, auch Deutsch hat er drauf. Er heisst Ramazan und hat eine Englaenderin aus Wales geheiratet, die nun mit ihm hier in der Hochebene lebt. Wir lassen uns auch diese Gelegenheit nicht entgehen mehr ueber die Tuerkei zu erfahren. Der Abschied ist herzlich, wir haben unsere Visitenkarte hinterlassen. Es geht weiter bergauf. Die Gegend ist bezaubernd, Dunst haengt zwischen den Bergen, Wolkenschatten fliegen ueber die Berghaenge. Und auf dem Pass oben halten wir inne, weil es so ruhig ist und geniessen die Stille, die sich so selten finden laesst. Es geht in den Canyon des antiken Olympos. Wie Patara strategisch gut gelegen, ein klarer, kalter Bach durchfliesst das enge Tal, es ist kuehl. Fuer die Besichtigung ist hier, wie ueberall, Eintritt faellig. Aber es gibt immer zwei Preise: 10 Millionen fuer Touristen und 5 fuer "Studenten" - das ist der Preis fuer Tuerken. Wir verhandeln und am Ende gehen wir, wie fast immer, als Studenten durch. Olympos besitzt kaum sehenswerte Ruinen, aber alles ist so ueberwachsen, dass insgesamt ein romantischer Flecken entstanden ist, an dem kaum etwas geborgen wurde. Hier treten wir, wie so oft schon, fein bearbeitete Ziersteine "mit Fuessen", stapfen ueber Saeulen etc. Das Tal muendet in einen Sandstrand, Reste einer Burgruine, die zuletzt von den Arabern im 7. Jahrhundert zerstoert wurde, kleben an den Felsen. Als es dunkel wird, suchen wir eine Unterkunft und landen in einer Art Camp aus Baumhaeusern. Hier ist Backpackers-Homeland, Alternativtouristen aus aller Herren Laender sind hier. (www.kadirstreehouses.com) Wir kommen mit einem Australier und seiner argentinischen Freundin ins Gespraech, dann gesellen sich zwei Amerikaner dazu, die auch mit Raedern unterwegs sind und in Asien und Australien waren. Wir wohnen in einer Art Pfahlbau, ueber uns das naechste Baumhaus. Die kleine Anlage hat einen Preis als schoenste Backpackeranlage Europas gewonnen- mit Recht. Wir schlafen auf einer Heizmatte, denn es ist kalt hier, aber seltsamerweise absolut mueckenfrei - ein Segen fuer mich. Morgens geht unsere kleine Truppe zum Strand, wir reden den ganzen Tag Englisch. Es geht um Mr.Bush, Mr. Hussein, um "die Tuerken", Europa usw. Wir sind uns einig darin, dass die Tuerkei noch zwanzig oder mehr Jahre braucht, um fit fuer die EU zu werden. Am Nachmittag sticht mich eine Biene aus unerfindlichen Gruenden in den rechten Unterarm, der alsbald anschwillt. Es ist ein kurzer Tag, denn die Sonne geht hinter den Bergen frueh unter. Zum Camp geht es durch die Ruinen zurueck und wir phantasieren, was wohl wie gewesen ist und zu bedeuten hatte: wie mag man hier gelebt haben? Im Camp finden wir eine halbtote Katze, sie liegt apathisch unter einem Heizkessel. Wir geben ihr Milch und spaeter Fleisch und- wie anders soll es auch kommen?- am Abend landet sie zwischen uns im Bett. Ihr Geschaeft verrichtet sie, nach Anmeldung durch Miauen vor der Badezimmertuere, fein saeuberlich ueber dem Bodenausguss. Woher weiss sie das? Sie schnurrt uns in den Schlaf und am Morgen torkelt sie nach draussen. Wie sich spaeter herausstellt, hinterlaesst sie uns jedoch in meinem Schlafsack einen Floh. In der Nacht wandere ich mit der Truppe in die Berge hoch, wir wollen die sog. "Chimaera" sehen. Ein Naturwunder erwartet uns dort oben. Erdgas stroemt hier aus den Felsen und hat sich irgendwann entzuendet. Die ca. 100 Flammen brennen seit tausenden von Jahren, ein antiker Tempel diente der Verehrung des "Ungeheuers" unter der Erde. Man kann die Flammen auspusten, aber sie entzuenden sich aufs Neue. Wir waermen uns an den bis kniehohen Feuern, spinnen wieder Phantasiefaeden und erst gegen zwei Uhr sind wir zurueck im Camp. Morgens nehmen wir frustriert immer noch schmutzige, statt sauberer Waesche entgegen. Wir verlangen zwar Geld zurueck, aber manchmal sind wir es schon leid, bei jeder Kleinigkeit, wenn wir nicht aufpassen, uebers Ohr gehauen zu werden. Alles und Jedes muss erfragt, verhandelt werden: Wird mit der Maschine gewaschen, bei 40 Grad, mit Waschpulver, wie lange, die Waesche aufgehaengt, wenn ja- wo? etc. Nicht unterschlagen wollen wir auch, dass es hier wie mancherorts auch eine Haltung nahe der Herablassung gegenueber Touristen gibt. Dafuer sind sicher beide Seiten verantwortlich, aber uns stoert es, sobald es uns betrifft. Wir haben mehrfach gehoert, dass Touristen mit "Du" oder "Mama" und "Papa" angesprochen werden. Die Betroffenen haben sich jedoch nie dagegen gewehrt. Wir verabschieden uns von der Truppe, nicht ohne eine Wurst fuer das Kaetzchen zu hinterlassen und zu erbitten, dass man fuer sie sorge. Kurz hinter Olympos faellt die 5.000-km-Marke. Wir stossen, mangels Sekt, mit klarem Wasser aus Plastikflaschen an. Es geht bergauf, so steil, dass nur Schieben hilft. Die Sonne scheint, wir sind ausgeruht, aber mein Unterarm ist dick geschwollen und entzuendet. Bergab halte ich ihn zur Schonung hoch- so kommen wir aber nicht weit. In Kemer kehren wir in einer Pension ein, sauber und mit warmem Wasser. Ich bin, wohl auch durch den Stich, voellig groggy und schlafe sofort ein. Abends checken wir Mails. Viele, die wir getroffen haben, mailen uns und wir antworten. Morgens schauen wir uns Kemer an. Ein junger Touristenort- so gut geplant, sauber und exklusiv haben wir noch keinen in der Tuerkei gesehen. Der schmale Strand ist grobkoernig, das Wasser klar und ruhig in der Bucht, ein kleiner Hafen, eine lange, gruene Promenade. Wir suchen die alte Kuestenstrasse, um direkt am Meer entlang zu fahren- wieder ein "Geheimtipp". Leider gibt es die Strasse nur noch bruchstueckhaft und so stecken wir bald fest und muessen komplett zurueck. Ueber die Bundesstrasse erreichen wir mittags Antalya. Gleich am Ortseingang der 500.000-Einwohner-Stadt essen wir uns zur Feier des Tages bei McDonalds satt, mit allem Komfort und zurueck. Im Zentrum kaufen wir fuer Renata eine warme Polarjacke und fuer mich einen Parka, denn wir sind auf Temperaturen um Null Grad nicht eingerichtet und die erwarten uns bald. Wir suchen unsere Pension in der Altstadt auf, die wir schon am 22.Oktober bezogen hatten und gehen abends, nachdem wir weitere drei Stunden Mails beantwortet haben, ins Kino. Heute wollen wir uns um notwendige Dinge bzgl. der Fahrraeder kuemmern und einen dritten, waermeren Schlafsack.
|