11/22/2002 Tuerkei / Anamur
Gestatten: Karabasch
Ankunft in Alanya / eine gigantische Burg und ein schwarzer Hund
(Harald und Renata und Karabasch) Auf unserer Strecke ist jeder Blick ein Treffer. Die steile Felsenkueste, das in der tiefstehenden Sonne blitzende Meer, vor uns Alanya. Die halbkreisfoermige Bucht der Stadt wird vom Burgfelsen ueberragt und die Burg wurde ueber die ganze Halbinsel gebaut. Es ist die groesste Festung, die wir je gesehen haben. Unten am Hafen sieht man die gut erhaltenen Reste einer Werft aus dem 13. Jahrhundert, die, genauso wie der dicke Rote Turm, von den Seldschuken errichtet wurde. Die erste Festung wurde von Seeraeubern im 2. Jahrhundert v.C. errichtet und vom roemischen Kaiser Pompejus 67 v.C. ausgehoben. Wir besichtigen den Roten Turm, in dessen Mauern die Steine und Saeulen der aelteren roemischen und byzantinischen Burgen verbaut wurden. Von oben haben wir einen schoenen Blick ueber die Stadt, den Hafen, die Berge- ein einmaliges Panorama. Nachmittags fahren wir weiter. Hier mehren sich die Bananenplantagen, bis weit in die Berge hinauf reichen die eher kleinen Felder, wenn man sie z.B. mit denen auf Teneriffa vergleicht. Es gibt die riesigen Bananen und die viel suesseren, kleinen, die wir bevorzugen. Vor einem der grossen, glaesernen Gewaechshaeuser hinter dem Ort Selik stehen drei der hier so reichlich vertretenen Strassenkoeter, die scheinbar niemandem gehoeren und bellen sich an. Nach ein paar hundert Metern ruft Renata von hinten und als ich mich umblicke, sehe ich eine lachende Renata, neben sich einen der Hunde, einen schwarzen, jungen Koeter mit abgeschnittenem Schwanz- "kupiert" heisst das schoenformuliert. Renata strahlt, verkuendet, der Hund laufe dauernd vors Rad, reibe sich an den Packtaschen. Als wir weiterfahren, laesst sich das Tier nicht abhaengen, die Zunge haengt ihm aus dem Hals, aber er bleibt dran. So geht das kilometerweit, bis wir einen Zeltplatz suchen, weil es dunkel wird. Aber vielleicht lasse ich doch besser den Hund erzaehlen! Wau! Tschuldigung! Ich habe vergessen, dass ich menschlich schreiben muss. Also: Gestatten, mein Name ist Karabasch, das ist tuerkisch und soll „Schoene Schwarze“ heissen. Und den "Koeter" will ich jetzt mal ueberhoert haben. Und was ich mangels Schwanz nicht mehr mitteilen kann, sieht man an meinen grossen Ohren. Ich hatte gerade nichts zu tun, war hungrig, wie eigentlich immer, und hatte mich dummerweise mit den zwei Rueden eingelassen, deren direkte Art mir gar nicht zusagte, als diese zwei seltsamen Dinger vorbei kamen. Darauf sassen zwei Menschen und die Frau gefiel mir sofort. Also legte ich nen Zahn zu, Laufen liegt mir naemlich und neugierig bin ich auch. Die beiden Menschen rochen nett, schauten mich oft an und waren freundlich. Als ich gerade aufgeben wollte, weil ich mit leerem Magen schliesslich keinen Marathonlauf machen kann, halten die Beiden an. Ich werde gestreichelt- das ist mir lange nicht passiert. Normalerweise werde ich mit Steinen beworfen und manchmal geschlagen und mit Stoecken verjagt und die Menschen gehen mir aus dem Weg. Aber die Beiden sind ganz anders, sprechen leise und spielen sogar mit mir. Und dann gibt es gar etwas zu Beissen! Das sind ja echte Kumpel. Denen koennte ich mich anschliessen. Jetzt muss ich leider weg, ich habe eine Katze gesehen und einen Hund gehoert und fuer kleine Maedchen muss ich auch mal. Also: Wau-wau- bis bald! Na ja- soweit der Hund. Unser Zeltplatz ist die verfallende Holzplankenterrasse einer verlassenen Gaststaette direkt am Meer. Einige Bodenbretter sind morsch und bereits weggebrochen. Wir stellen unsere Schuhe und Taschen darauf, um nicht hinein zu treten. Wir gehen unter die Metallkonstruktion und sehen, dass sie zusaetzlich mit Holzbalken abgestuetzt wurde. Aber sie wird schon nicht ausgerechnet in dieser Nacht zusammenbrechen! An der Terrassenumzaeunung zurren wir die Windleinen fest und haengen unsere Waesche darauf. Das Meer ist wieder rau und schwarz, an dicken Tanghaufen brechen sich donnernd die anderthalb Meter hohen Wellen. Wir schauen ueber das Meer, rechts bis nach Alanya. Der Hund verbellt prompt jedes Auto, genervt faehrt Einer weiter, der hier wohl schlafen wollte. Vor dem Zelt kauert sich das Tier zusammen und schlaeft. Wir werden in der Nacht wach, weil der Wind die Zeltwaende flattern laesst und es lausig kalt geworden ist. Wir schlafen wieder in langen Hosen und Pullovern. Der Hund zittert und kriecht bittend an den Zelteingang- wir lassen ihn ins Vorzelt und bauen ihm einen kleinen Windschutz aus den Taschen. Und schlafen ruhiger, weil wir uns beschuetzt fuehlen. Aber einen Namen will ich dem Tier nicht geben- wozu? Der Hund kann nicht mitreisen. Weder halten die Pfoten das aus, noch kann er unsere Kilometerleistungen konditionell durchstehen. Und irgendwem muss er doch gehoeren, jemand muss ihn doch gefuettert haben. Am Morgen haben sich die Wellen gelegt und die Sonne scheint wieder, waermt uns auf nach der kalten Nacht.
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