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Reisetagebuch

12/6/2002   Tuerkei / Taschudschu

Tekmen II - Der Ueberfall

Endlich kommen wir weiter / Unter einer Plastikplane im Gewitter

(Harald und Renata) Nach meinem Strandspaziergang mit Karabasch fruehstuecken wir im frischen Wind auf der Terrasse, 50 Meter hinter uns rauschen die Wellen. Es ist kuehl und bewoelkt - ein Wetter zum Zuhausebleiben. Aber wir wollen endlich vorwaerts kommen.

Da ich noch Tagebuch schreiben moechte und erneut versuchen will per Internet Fotos zu uebermitteln, stelle ich mich an die Strasse und halte den Daumen raus, um in die Stadt zu kommen.

Sogleich haelt ein sauberes, neues Auto, am Steuer eine modern gekleidete Frau in den Dreissigern. Sie stellt sich als Lehrerin vor, die in einer Einrichtung fuer Behinderte arbeitet und bietet mir an, mir diese zu zeigen und dort einen Tschai zu trinken. Ich nehme die Einladung an und wir landen vor Anamur in den Vorbergen. Dort stehen zwei Steinbaracken auf einem fussballfeldgrossen Gelaende, umzaeunt und begruent.

Von Bewohnern ist erstmal nichts zu sehen. Im Buero begruesst mich die Direktorin, Frau Kiymet Guelsen, die Schwestern meiner Chauffeurin. Die Einrichtung traegt den Namen der 1994 an Hirnhautentzuendung gestorbenen Schwester der Beiden, "Guelcan-Guelsen-Schule" und ist die einzige dieser Art in der ganzen Tuerkei. In Berlin gibt es einen Foerderverein.

Hier werden etwa 60 Insassen betreut, teils schwerbehindert. Auf den mir vorgelegten Fotos erkenne ich einen herzlichen und intimen Umgang des Personals mit den Betreuten.

Die nette Dame faehrt mich bis zum Netcafe und dort werde ich gleich von einer Gruppe Albaner belagert, die sich fuer unser BT4GH-Projekt interessieren und uns in ihre Heimat einladen. Aber Albanien liegt etwas abseits.

Ich muss lange auf einen freien Computerplatz warten, weil heute Bairan ist, die viertaegige Feierzeit am Ende des Ramazan-Monats. Man besucht sich gegenseitig, ueberall wird eine Flasche mit einer Art Koelnisch Wasser bereitgehalten, um sich die Haende zu waschen und es gibt allerorten Suessigkeiten. Ein Strassenfest, wie bei uns ueblich, kennt man hier nicht.

Wir erfahren per Mail, dass die Dinge bzgl. des Anhaengers voranschreiten- ab Freitag soll derselbe in Adana abholbereit sein.

Renata kommt mit Karabasch ins Cafe und erst am fruehen Nachmittag sind wir mit den Raedern endlich wieder auf der Strasse.

Urspruenglich wollten wir die Strecke bis zum Ort des Tourabbruchs mit dem Bus fahren. Aber jetzt ist uns das, vor allem mit der grossen Holzkiste, die aufwaendig verschnuert werden muss, zu viel Tamtam.

So radeln wir die Strecke halt noch ein zweites Mal, um unseren Grundsatz, jeden Kilometer auf dem Rad zurueck zu legen, nicht zu verletzen.

Karabasch laeuft mit, wir fahren daher langsam. Sie beisst gelegentlich im Uebermut in die Low-Rider-Taschen (die zwei kleineren, am Vorderrad haengenden) und wenn wir halten, drueckt sie sich an unsere Beine.

Der Hund hat soviel Energie uebrig, dass er neben der Strasse in den Aeckern vor- und zurueck laeuft und Riesenspruenge ueber die Boeschungen macht.

Wir erreichen in der Dunkelheit unseren letzten Uebernachtungsort vor dem Abbruch: Tekmen II. Neben der Strasse sitzt im Dunkeln ein Mann rauchend auf seinem Motorrad. Ich wundere mich ueber soviel Ruhe und denke: ein romantischer Tuerke!

Ein paar hundert Meter weiter werde ich durch Karabasch, die gerade wieder mal vor ein Auto laeuft, abgelenkt, als Renata vor mir aufschreit. Aufgeregt erzaehlt sie mir, dass der Motorradfahrer ueberholt und im Vorbeifahren an ihrem Oberarm gerissen hat. Das macht zwar irgendwie keinen rechten Sinn, aber vielleicht hat ihm an Renata etwas gefallen und das war seine primitive Reaktion darauf.

Wir erreichen die Ferienhaeuser am Strand- alles ist noch so, wie vor einer Woche. Der Schlauch liegt noch an derselben Stelle und bald steht, trotz Dunkelheit, unser Zuhause unter der Treppe.

Renata vermeldet mit einem Mal das Fehlen meines T-Shirts mit unserem Logoaufdruck, dass zum Trocknen ueber der Zelttasche hinter ihrem Sattel aufgespannt war. Erst suchen wir die letzten Meter des Weges ab, bis uns daemmert, was passiert ist: Der Motorradfahrer hat das T-Shirt abgerissen und sich wahrscheinlich an Renata abgedrueckt, um an ihr vorbei zu kommen. Dabei waere sie fast gestuerzt. Um das T-Shirt ist es nicht allzu schade, aber das war Raub. Der Kerl hat uns an sich vorbeigehen lassen (wir schoben gerade bergauf) und die Lage gepeilt. Jetzt haben wir kein Nummernschild, kein Gesicht zu beschreiben. Was macht dann eine Anzeige fuer einen Sinn? Es haette auch schlimmer kommen koennen.

In der Nacht bedeckt sich der Himmel und am Morgen ziehen blitzend Gewitterwolken auf. Wir schaffen es gerade noch, alles zusammen zu packen, dann giesst es wie aus Kuebeln.

Wir verziehen uns unter einen Balkon, Karabasch kriecht zu uns. Die neu gekaufte Blaeschenfolie unter unseren vier Buchstaben, wollen wir den Schauer aussitzen. Aber der Wind dreht, blaest die Regentropfen unter die Balkone. Wir bedecken uns mit der zweiten Plane, aber die Abwasserrohre leiten wahre Stroeme auf den Boden, dass Wasser laeuft unter uns. Hundewetter.

Wir hechten um die Hausecke, in den Windschatten, wo es jetzt trockener ist. Nach einer Stunde laesst der Regen nach und wir fahren los. Ein schoener Nikolaustag!

Es geht vorbei an der Stelle im Wald, an der wir die Tour abgebrochen hatten, dann weiter nach Tekmen I und nach 28 km erreichen wir den Ort Akenser, wo wir in einem drittklassigen Hotel absteigen- es gibt nicht mal warmes Wasser und kein Handtuch.

Wir essen in der Lobby, sind aber muede und machen es im Netcafe nebenan kurz. Ein Tuerke spricht uns auf Deutsch an und laedt uns zum Fernsehgucken ein, da er waehrend seines Studiums im selben Hotel wohnt.

Wir nehmen sein Angebot an, derweil Karabasch in unserem Zimmer alleine zurueckbleibt und den Schlaf der Gerechten schlaeft. Schoen, dass wir sie auch mal alleine lassen koennen.

Statt fernzusehen, unterhalten wir uns allerdings nur und bald fallen uns foermlich die Augen zu und wir verabschieden uns. Wir wollen morgens zusammen fruehstuecken.

In der Nacht will Renata den Hund im lausekalten Zimmer mit einer Decke zudecken und der Hund knurrt und schnappt nach ihr. Ich muss da wohl bald mal eingreifen, um die Rangfolge zu klaeren.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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