12/7/2002 Tuerkei / Taschudschu
Robin Hund
Naechtlicher Besuch, unerbeten
(Harald und Renata) Wir fruehstuecken zu dritt im Flur der kleinen Hotelwohnung. Eine kleine Propangasflasche, ein Hocker, ein Tauchsieder- das ist die Kueche unseres Gastgebers. Er heisst Fatih und gibt sich wieder alle Muehe, von sich zu erzaehlen und Fragen zu stellen. Leider stellt sich erneut heraus, dass es zwar immer "ja, ja" heisst, aber bei Nachfrage wurde gar nichts verstanden. Wie unser Wirt in Fethiye sagte: "Ich spreche Deutsch, aber ich weiss nicht, was ich sage!" Es ist uns schon oft passiert, dass tuerkische Gespraechspartner vorgeblich Deutsch sprechen, aber nichts verstehen. Trotzdem bitte ich den hoeflichen jungen Mann, fuer uns bei Tuerkish Airlines anzurufen, damit ich sicher weiss, dass unser Anhaenger in Adana angekommen ist. So fahren wir mit den Raedern zur Telefonzelle im Ort und ueber die Auskunft der Tuerk Telekom holen wir uns die Nummer der Fluglinie. Aber in Adana meldet sich niemand bei der Airline: Niemand zu Hause bei Tuerkish Airlines. Ungefaehr so habe ich das befuerchtet. Wir verschnueren Karabaschs Transport-Holzkiste heute noch sorgfaeltiger auf meinem Gepaeckstaender, weil sie unterwegs verrutscht. Ich fahre sowieso fast staendig einhaendig, um den Hund mit nach hinten gestrecktem Arm zu streicheln und zu beruhigen, weil ja jeder zweite Autofahrer hupt, wenn er unser kurioses Dreiergespann sieht und der Hund dann erschreckt aufzuckt und hinausspringen will. Abends hat sich dann meine Schulter verkrampft, weil ich zudem die Kiste rueckwaerts zurechtruecke und dann noch kraeftig bremsen muss. Heute befestigen wir Karabaschs Mokassins zusaetzlich mit breitem Pflasterband, weil sie nach vorne rutschen und die Oesen ausgerissen sind. "Kari", wie Renata sie mittlerweile abgekuerzt nennt, sieht mit dem braunen Verband wie eine Fuss-Invalide aus. Aber das Ganze haelt prima und wir kommen schnell voran. Es ist wieder bewoelkt und kuehl. Wir radeln durch die Berge vor der Kueste, durch kleine Taeler, vorbei an Erdgraebern und uralten Stadtruinen aus lykischer Zeit und den allgegenwaertigen Gewaechshaeusern voller Bohnen und Gurken. Wir schaffen es nun besser, den Hund in die Kiste zu setzen und Karabasch spielt jetzt auch mit. Trotzdem sind das Umladen des Gepaecks und das Aufladen des Hundes zeitaufwaendig. Bei kurzen Abfahrten lohnt es nicht und bergauf schaffe ich es nur begrenzt samt Hund. Die Farbe der Felsen ist an der Kueste fast weiss. Das klare Wasser schimmert strahlend-tuerkis und das Meer ist heller als der Himmel. Der Strassenbelag wird feinkoerniger und schont somit Reifen und Pfoten gleichermassen. Karabasch jagt staendig Katzen, ohne sie wirklich anzugreifen und als sie auf einem Grundstueck eines grossen Hofes durch die Huehner stiebt, nennen wir sie "Robin Hund", denn sie jagt dabei nur die Huehner der Reichen, wie es scheint. Auch jegliche Voegel in den Baeumen haben es ihr angetan- dann steht sie schon mal mit den Vorderpfoten an einen Baumstamm gelehnt und guckt in die Krone hinauf. Einfach koestlich! Mittags halten wir an einem der winzigen „Kebab-Salonus“. Hier gibt es auch „Lahmacun“, Reis mit Fleischeintopf, dazu Sauergarnitur, Salat, Brot und Wasser und abschliessend Tschai. Und immer sind Leute zur Stelle, die ein Gespraech beginnen - hier ist es der oertliche Lehrer und sein Sohn. Wir erreichen am Abend eine kleine Bucht, die fast ausschliesslich mit kleinen Ferienhausreihen verbaut ist. Hinter einem angelandeten Boot schlagen wir das Zelt auf. Die Nacht wird unruhig: Der Hund meldet ungebetenen Besuch. Ein Auto mit zwei Maennern steht 20 Meter vor dem Zelt. Man blendet uns mit dem Scheinwerfer. Das wollen wir doch mal sehen! Ich nehme die Taschenlampe und umgehe das Licht, worauf man abblendet. Als ich die Insassen nun meinerseits anleuchte, steigen sie aus, Bierflaschen und Zigaretten in der Hand. Ich frage bestimmt nach, warum man uns blendet. Man ist nicht unfreundlich, aber als ploetzlich Karabasch seelenruhig neben mir sitzt, an mein Bein geschmiegt, steigen die Maenner ins Auto, entschuldigen sich und fahren weg. Und hinter dem naechsten Busch hockt frierend im Pyjama Renata, das schwere Fahrradschloss in der Hand schwingend. Wir sind schon ein echtes Team. In der Nacht regnet es wieder und am Morgen ist alles nass, aber wir packen trotzdem zusammen.
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