12/12/2002 Tuerkei / Adana
Immerhin Mersin
Wir machen es mal kurz - nur 35 km
(Harald und Renata) Ein Morgenspaziergang mit Karabasch in einer Stadt wie Erdemli ist trostlos gegen eine Strandwanderung. Ohne Sand und Wiesen mag man gar nicht herumtollen. Aber wir nehmen uns Zeit, um in der Sonne auf der Terrasse zu fruehstuecken, wenn auch direkt an der Durchgangsstrasse. Der Hund liegt wieder mal im Dreck unten an der Mauer. Wenn Renata ihn mit einem feuchten Handtuch abgerieben hat und das Fell herrlich schwarz glaenzt, wirft sich der Schmutzbuckel (Niederrheinisch) gleich auf der Fahrbahn in irgendeinen Ueberrest und waelzt sich genuesslich darin. Jeder Hundebesitzer versteht das und weiss, wohinein ein Hund seine Nase ueberall steckt. Die gleiche Nase findet aber auch unsere Spuren in der Menschenmenge und nach ausgedehnten Ausfluegen zum Hotel zurueck. Wir wollen noch Tagebuch schreiben, aber wieder koennen wir nicht einloggen. Es ist zum Junge-Hunde-Kriegen. Renata kauft neues Pflasterband, wobei sie feststellt, dass man sie beim ersten Kauf wieder mal preislich uebers Ohr gehauen hat. Das Wetter ist gut: leichter Rueckenwind, die Sonne lacht und die Strasse ist glatt und breit. Wenn Kari muede ist, stellt sie die Vorderpfoten auf meinen Fahrradrahmen und lugt zur Kiste: Einladen bitte! Allerdings schlaeft ihr staendig ein Hinterlauf ein. Dann eiert sie nach dem Ausladen bei den ersten Schritten derart umher, dass die Leute mitleidig schauen: Wie kann man seinem Tier so etwas antun? Wir sind frueh in Mersin, einer hektischen Grossstadt voller Hochhaustuerme. An einer Kreuzung setzen wir uns in die Sonne auf eine Stufe und vertilgen hungrig drei Doener. Und die immer gern genommene Schokolade von „Uelker“ oder „Milka“, dazu Mandarinen, eiskalt serviert. Ein aelterer Tuerke spricht uns auf Englisch an, was der Hund an den bandagierten Pfoten habe. Als ich sage, dass machten wir wegen der "Abnutzungsproblematik", missversteht er das offensichtlich, denn er deutet an, dafuer seien wir verantwortlich - "guilty" = schuldig - und dafuer wuerden wir unsere gerechte Strafe bekommen. Bevor ich das Missverstaendnis verdutzt erklaeren kann, geht er unheilvoll gen Himmel zeigend weiter. Auch in Mersin findet man die Hotels nur in der City, die guenstigsten Unterkuenfte in der Altstadt. Auch hier ohne Heizung, aber mit heissem Wasser. Als Renata sich abtrocknen will, schreit sie erschrocken vor Ekel auf: Im vermeintlich frischen Handtuch sind eindeutig Exkremente. Manchmal moechte ich unsere "Gastgeber" am liebsten... Die Tuere laesst sich nicht abschliessen, das Wasser laeuft ab Mitternacht nicht mehr etc. p.p. Das Haare in der Bettwaesche liegen, diese also nicht ausgetauscht wurde, ist nahezu Standard. Manchmal holt das Personal dann Laken aus anderen Zimmern, die dann genauso aussehen. Bei den Wolldecken sieht man den Schmutzt wenigstens nicht. Wir benutzen daher meist unsere Schlafsaecke. Wir gehen in den Basar und kaufen Wollmuetzen, die man ueber den ganzen Kopf ziehen kann. So getragen, sieht man wie ein Bankraeuber aus. Dazu gibt es Wollhandschuhe- jetzt kann der Winter kommen! Im Netcafe haben wir endlich wieder eine Connection. Waehrend ich schreibe, schlendert Renata mit Kari durch den Basar und sieht mehrere 10-12-jaehrige Jungs, die "Schnueffeln", d.h., an den Oeffnungen von Tueten mit Fluessigklebern riechen, um sich zu berauschen. Die Nasen blutig, die Augen rot und glasig, ein Jammerbild. Die Loesemittel zerstoeren binnen weniger Jahre unwiederbringlich das Gehirn. Ein Armutszeugnis fuer jede Gesellschaft. Ich selber habe das erstmals in Kapstadt gesehen. Am Morgen ziehe ich etwas von der Rechnung ab. Wenn das Gegenueber nach laengerer Diskussion nicht nachgibt, sage ich etwas von "Polis"- dann ist meist Ruhe. Es war der Tag des Anschlages auf Bali mit 202 Toten und vielen Verletzten, aber das erfahren wir erst viel spaeter. Ist diese Geissel wirklich nicht aufzuhalten?
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