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Reisetagebuch

12/14/2002   Tuerkei / Antakya

Eine Karre fuer Karabasch

Ein schoener Tag mit Borlcha / Die groesste Moschee der Tuerkei

(Harald und Renata) Die ganze Nacht bollert die Elektroheizung mit unbefriedigendem Ergebnis gegen die feuchte Kaelte unseres Etablissements an. Aber wir haben alle gut geschlafen- so, als haetten wir schon oft zu Dritt genaechtigt.

Bei Sonnenaufgang streife ich mit Karabasch durch die menschenleeren Gassen der Altstadt. Verfallene Buergerhaeuser der 20er Jahre, windschiefe Lehmziegelbauten, Stahlbetonkartons, Metallrollaeden vor den Laeden, ein Wirrwarr von Elektro- und Telefonkabeln spannt sich von Laternen zu Haeusern zu Masten.

Gegen sieben Uhr erwacht der Bazar. Die Baecker rollen ihre Metallregale mit duftenden Broten vor ihre Laeden, es wird allerorts mit Reisig- oder Bastbesen gekehrt, Wasser aus Plastikflaschen auf die Gehsteige gesprengt, um den Staub zu binden, knatternde Mopeds sausen durch die engen, verwinkelten Strassen. Dann stellen hunderte Kraemer ihre Auslagen auf die Strasse, es finden sich die fliegenden Haendler ein, die Zigaretten, Schmuck und Suesswaren anbieten, die Schuhputzer und Losverkaeufer.

Herrlich ist die Auswahl an Gebaeck, als ich das Fruehstueck einkaufe: knusprige Sesamringe, puffige Milchgebaecke mit Pistazienstuecken oder Kaese gefuellt, Nusskringel, allerlei Sandplaetzchen und von Honig tropfende Suesspasteten, ebenfalls mit gehackten, gruenen Pistazien garniert.

Wir kochen Wasser fuer Nescafe, ich mache Ruehreier und wir schlemmen bis der Bauch schmerzt, auf den Betten sitzend und redend.

Am Mittag wandern wir zum Flughafen. Wir moegen Borlcha: in sich gekehrt, freundlich und natuerlich. Mit federndem Gang, den Kopf hoch erhoben und schneeweisse Zaehne im dunkelbraunen Gesicht. Borlcha ist Triathlet, was auch erklaert, wieso er in die Berge weiterfahren will, hoch in die Kaelte, in den Schnee, um sich in der Einsamkeit dort oben Karatepe anzuschauen, die hethitischen Ruinen und Monumentalplastiken. Aber er sagt, er habe Zeit und verschiebt fuer unser Zusammensein seine Abreise erstmal.

Unser Vorweihnachtspaket ist noch an Ort und Stelle. Als technischer Ingenieur hat Borlcha den Bogen bei der Montage schnell heraus. Ich stehe da mehr so rum und raetsel ueber die Anleitung. Nach einer halben Stunde Stecken und Schrauben ist der Anhaenger auf dem Rasen vor dem Restaurant fertig: eine Wanne aus grau-lackiertem Metall, eine Achse mit zwei Raedern und einem Stoffaufbau in Blau und Gelb. So fallen wir wenigstens noch mehr auf... Aber so haben wir uns das vorgestellt und sind zufrieden. Die bestellten Bremsbelaege sind auch beigepackt. Das Personal der Gaststaette haelt die ganze Zeit Maulaffen feil- ans Gaffen haben wir uns aber schon gewoehnt.

Karabasch flitzt derweil, wie von der Tarantel gestochen, ueber die Wiese, verfolgt imaginaere Karnickel. Renata filmt die wilde Jagd.

Abwechselnd ziehen wir das Gefaehrt, das schaetzungsweise 18 kg wiegt, von Hand zum Hotel. Mit Karabasch, die laut Anzeige einer Gemuesewaage in Erdemli 20 kg wiegt, habe ich also Einiges an Gewicht mehr zu ziehen...

Am Hoteleingang entsteht ebenfalls gleich ein Auflauf, u.a., weil der Haenger nicht durch den Eingang passt. Borlcha hat flux mittels der Schnellspanner die Raeder abgeschraubt und dann tragen wir den Kasten in den zweiten Stock, ins Hotelzimmer. Die Raeder stehen im Aufenthaltsraum neben dem Fernseher.

Dann gehts auf Schusters Rappen durch den Bazar, wo wir blaue, lange Plastikregencapes kaufen, da die Goretex-Kleidung nicht gehalten hat, was sie versprach. Uns fehlt noch eine Loesung fuer Unterschenkel und Fuesse.

Im letzten Tageslicht stehen wir am Seyhan, dem Fluss durch Adana und sehen die groesste Moschee der Tuerkei, mit sechs 100 Meter hohen Minaretten. Ein einmalig schoenes Abendlicht taucht den Fluss, die Uferboeschung und die Moschee in verschiedene Toene von Tuerkis und Grau- richtig romantisch.

Im Inneren wird gerade gebetet. Der Imam, dessen Gesang wir per Video aufnehmen, sitzt vor den nur zehn betenden Besuchern, waehrend der Muezzin von der grossen "Terrasse" inmitten der grossen Rotunde vorsingt.

Das Gotteshaus bietet Platz fuer 12.000 Glaeubige und wurde von einem Geschaeftsmann gestiftet, ein Neubau, dessen Betonkern man ihm nicht ansieht.

Die Groesse des Raumes und die verletzliche Stille und Stimmung macht auch uns andaechtig. Was fuer eine Kraft entwickelt das menschliche Glauben.

Abends gehen wir ins Netcafe und zeigen Borlcha unsere Homepage. Waehrend sich Renata und Borlcha auf dem Weg zum Hotel verfransen, gehe ich ins Kino und schaue mir einen amerikanischen Film im Originalton an.

Als ich zum Hotel zurueck laufe, geschieht mir dann das Gleiche wie den Beiden: ich finde im riesigen Bazar den Weg nicht und werde von Pontius zu Pilatus geschickt, weil es ein "Hotel Seldschuk" gar nicht gaebe, da muesse ich mich irren. Selbst der Taxifahrer, den ich schliesslich bitte, mich zur Ausfallstrasse nach Mersin zu fahren, behauptet das, bis wir vor dem "Oteli" (=Hotel) namens „Seldschuk“ stehen.

Und wieder erzaehlen wir Drei und tauschen Witze aus, bis uns die Augen zufallen, waehrend Karabasch im neuen Haenger schlaeft.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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