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Reisetagebuch

12/17/2002   Tuerkei / Antakya

Abschied

Wir trennen uns von Borlcha und fahren "rechts ab" Richtung Sueden

(Harald und Renata) Am Morgen fruehstuecken wir auf dem Boden von einem runden Blechtablett Schlangengurkenstuecke, Oliven, Tomaten, Trockenkaese und Brot. Wir steuern noch Nougatcreme bei- aber nach einem Hoeflichkeitshappen laesst man es seitens der Gastgeber mit den Suessanteilen bewenden. Suesses zum Fruehstueck ist in der Tuerkei ungewoehnlich.

Wir brechen auf. Unser Gastgeber nimmt das angebotene Geld nicht an, laedt uns stattdessen ein, auf der Rueckfahrt erneut bei ihnen zu naechtigen. Unten im Ort kaufen wir zwei Packungen seiner Zigarettenmarke und Borlcha radelt noch mal hoch und uebergibt unser Geschenk. Winkend sehen wir unseren Gastgeber dann in der Ferne. Er hat uns zum Abschied noch Apfelsinen geschenkt und eine ausfuehrliche Wegskizze gemacht, incl. Vermerk, an welcher Stelle sich unser Weg von Borlchas heute trennen wird.

Ausserhalb des Ortes ist es dann soweit. Nach Kapstadt geht es rechts ab, nach Neuseeland geradeaus. Borlcha ist genauso traurig wie wir. Weil staendige, dauerhafte Kontakte fehlen, werden solche harmonischen Begegnungen wertvoll. Renata weint und Borlcha dreht sich nach einer Umarmung kein Mal mehr um und entschwindet hinter der naechsten Kurve. Machs gut, mein Freund, moegen sich deine Traeume erfuellen.

Wir fahren am Fuss der Burg vorbei, endlich Richtung Sueden und Waerme. Aber das wird noch Wochen dauern.

Wir haben uns seit Anamur keine antiken Staetten mehr angesehen. Einerseits, weil wir schon Eindruecke gewonnen haben, andererseits, weil wir ungeduldig vorwaerts wollen und auch das Wetter unfreundlich ist. Es ist jetzt bedeckt und Regen droht. Nach den ersten zehn Kilometern ziehen wir Kari wieder die schon arg loechrigen Mokassins an.

Am Strassenrand montiert ein alter Mann mit nur einem Bein seinen dreiraedrigen Motorrollstuhl Marke Eigenbau. Seine Haende sind blau vor Kaelte und die Kleidung hat mehr Flicken als Knoepfe. Wir koennen nicht viel helfen. Mir sticht es in solchen Momenten im Bauch und ich muss schlucken. Weiter.

Wir laden Kari jedoch bald auf. Unsere Decke liegt unter den Plastikplanen als Stossdaempfer fuer den Hund, ringsum tuermen wir diese Konstruktion zum Schutz gegen den Fahrtwind etwas auf. In Fahrtrichtung ist der Haenger winddicht verschliessbar, seitlich und hinten leider nicht.

Wir wollen nach Iskenderun, das sind ueber 60 km. Als es dunkel wird, haben wir noch 30 km vor uns. Das Gehupe nervt uns bis zur Verzweiflung und ich hoffe deswegen die Tuerkei bald hinter uns zu lassen. Zweimal werden wir fast gestreift, weil ein Fahrer uns gerne von seiner Strasse schubsen moechte. Die von hinten kommenden Lastwagen zwar kommen zu hoeren, aber nicht absehen zu koennen, ob man ausweichen muesste und somit der Aufmerksamkeit der Fahrer ausgeliefert zu sein, verursacht mir auf Dauer Magendruecken. Und Renata schimpft lautstark.

Der Wind wird immer staerker, schliesslich wehen Boeen Renata von der Strasse. Der Haenger schwankt, aber Kari liegt eingerollt und still.

Dann muessen wir absteigen und gegen den Wind schieben, an Fahren ist nicht mehr zu denken. Staub fliegt uns in die Augen. Wo sich links von uns die Berge teilen, bringt uns der Wind komplett zum Stillstand. In den Pausen zwischen den Sturmboeen druecken wir uns vorwaerts, bis es wieder fahrend weitergeht.

In solchen Momenten sprechen wir uns zu und halten uns die Haende. Und ich bewundere Renata, die solch eine Qual durchsteht.

Voellig groggy erreichen wir endlich Iskenderun, eine moderne Hafenstadt mit Palmenalleen und vielen modernen Geschaeften. Bald ist ein kleines Hotel gefunden und auch hier muessen die Raeder vom Haenger montiert werden, damit er durch die Tuere passt.

Trotz Muedigkeit gehen wir gleich nebenan in eine belebte Gaststaette. Der Chef ist sehr herzlich. Wir erfragen Preise. Das sei kein Problem. Deutsche? Er sagt, als ich wiederholt nach Preisen frage: „Alkadasch“ - Freundschaft, „sie brauchen das gegrillte Huhn nicht zu bezahlen, kein Problem“.

Also lassen wir es uns schmecken. Es wird herrlich aufgetischt und als wir zur Kasse gehen, sollen wir 21 Millionen bezahlen- etwas das Doppelte des Ueblichen. Ich laechle zwar zunaechst noch, worauf der Chef grosszuegig die Zahl durchstreicht und 20 Millionen schreibt. Ich werde langsam ungehalten. Dass er tatsaechlich sein Wort haelt und die Hauptspeise nicht berechnet, haben wir ja gar nicht erwartet. Er tut etwas beleidigt und bietet 15 Millionen an. Ich werde kategorisch, verlange eine Rechnung, die man mir nur widerwillig zeigt. Aus den Vorspeisen von angebotenen 1 Mill. wurden 2 und der kostenlose Service kostet 1 und der Salat, der kostenlose Beigabe ist, kostet 3 usw. Der Mann tut gross und sagt: Kein Problem, nicht bezahlen, zeigt zur Tuere. Aber wir lassen uns nicht beschaemen, eine Frechheit. Ich zahle 10 Mill., die auch ohne Zoegern angenommen werden.

Dann fragen wir neben dem Hotel im Kiosk nach einem Netcafe. Der Inhaber bietet uns seinen Computer an und wir schlagen eine Mill. pro Stunde vor- ein gutes Angebot. Als ich nach zwei Stunden zahlen will, verlangt er sieben Mill.! Wie ich das leid bin. So zahle ich erstmal gar nichts.

Unser Zimmer wird die ganze Nacht von Neonlicht aus der Rezeption beschienen, Betriebslaerm incl.. Wir sind solcherlei Widrigkeiten ja gewohnt. Wenigstens haben wir keinen Wind mehr zu ertragen. Es gibt wieder keine Heizung, dafuer aber eine warme Dusche.

Morgen soll es regnen.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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