12/18/2002 Tuerkei / Antakya
Belen in den Bergen
Wir sind zum ersten Mal zu durchfroren, um weiter zu fahren
(Harald und Renata) Unser morgendliches Aufbrechen auf der belebten Geschaeftsstrasse dient wieder der Volksbelustigung. Trotz gestriger Meinungsverschiedenheit werden wir vom Wirt des Speiselokals nebenan freundlich gegruesst. Das hat uns schon oft gewundert: In Deutschland haetten derartige Gespraeche einen Konflikt bedeutet, hier ist man sogleich wieder so freundlich wie zuvor. Renata schenkt der Putzfrau unsere ueberzaehligen Pampelmusen, die wir auf der heute bevorstehenden Bergtour nicht transportieren wollen. Zwischen Iskenderun und Antakya liegt eine Bergkette, die schneeweisse Kuppen hat. Gleich hinter der Stadt geht es los. Absteigen und schieben. Und bis auf kurze Strecken laufen wir dann 20 Kilometer. Zunaechst scheint die Sonne, aber dann zieht der Himmel die Vorhaenge zu und je hoeher wir kommen, desto kaelter wird es. Kari kann gemuetlich neben uns spazieren. Mittlerweile ueberquert sie nicht mehr so haeufig die Strasse. Wir erreichen Belen, eine Stadt am Berg, schrecklich schmutzig und laut wegen des starken Verkehrs. Trostlose Gegend. Wer will hier nur wohnen? Betonmauern zur Hangbefestigung, steilste Aufstiege zu jedem Haus. Nur weg hier. „Das muss der Kamm sein!“ rufe ich Renata hoffnungsfroh zu. Aber nein- es geht immer noch weiter aufwaerts. Als wir nach fuenf Stunden Schieben endlich auf dem Pass sind, wird es dunkel. Hier liegt Schnee. Zuletzt bin ich so erledigt, dass ich nur noch 50-Meter-weise vorankomme. Jetzt machen sich die 40 kg. Mehrgewicht bemerkbar. Zur Abfahrt laden wir Kari in den Trailer und packen uns selbst so winddicht wie moeglich ein. Dann geht es 14 km bergab. Die Haende halte ich abwechselnd hinter den Ruecken, in den Windschatten, weil sie trotz Wollhandschuhen steif werden. Die Wollmuetzen ziehen wir erstmals ueber den ganzen Kopf, nur die Augen sind frei. Unten angekommen ist klar, dass wir die restlichen 30 km bis Antakya nicht schaffen koennen und davor liegt kein groesserer Ort mit Hotels. Wir halten an einer Busstation. Hier warten Fahrgaeste in einem kleinen Raum auf die weiterfuehrenden Fernbusse. Wir bitten darum, uns am Oelofen aufwaermen zu duerfen. Aber mir wird einfach nicht warm. Trotz halbstuendigem Aufwaermen muss ich schliesslich die Decke aus dem Haenger holen. Beim Bergaufschieben bin ich durchgeschwitzt und dann bei der Abfahrt ausgekuehlt. Der Kreislauf kommt nach der Anstrengung nicht mehr auf Touren. Wir fragen nach nahen Unterkuenften. "Jok!" Heisst soviel wie: Gibts nicht. Jetzt haben wir den Salat! Aber der Stationswaechter bietet uns an, ab 23 Uhr im Gebaeude nebenan am Ofen schlafen zu koennen und wir nehmen das an. Wir essen, wobei sich wechselnde Fahrgaeste mit uns unterhalten. Als wir gegen 22.30 Uhr das Innenzelt vor der kleinen, durch einen Vorhang abgeteilten Gebetsnische aufbauen koennen, sind wir hundemuede. Kari schlaeft im Haenger vor der Tuere und wir verbringen bis 5.20 Uhr eine relativ warme Nacht und schlafen gut. Dann kommen die Maenner zum gemeinsamen Morgengebet und wir muessen schnell zusammenpacken. Ich habe mich ueber Nacht wieder erholt.
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