12/20/2002 Tuerkei / Antakya
Unersaetzliche Hilfe
Karabasch wird geimpft
(Harald und Renata) Im Hotel ist man alles andere als erfreut ueber den Hund. Ueberhaupt fehlt hier die Beflissenheit, die wir sonst aus diesem Land kennen. Gestern wollten wir Waesche waschen lassen und es hiess: "Morgen". Heute heisst es, es regne zu stark. Als ich sage, wir trockneten die Sachen selbst und auf dem Dach zudem genug ueberdachten Leinenplatz finde, frage ich erneut nach. Wieder heisst es, es regne und der Trockner sei defekt. Mmh? Na ja, es besteht zwar kein Zusammenhang, aber letztlich heisst das eben einfach "Nein" und wieder: "Jaren" (=morgen). Also stopfen wir die ganze Waesche in unsere Zelttasche und ziehen los. Man hat uns widerwillig Adressen von Veterinaeren aus dem Telefonbuch abschreiben lassen, die nach Zentrumsnaehe klingen. Karabasch soll vor dem Grenzuebertritt geimpft werden. Nun schickt man uns wieder endlos durch die Strassen, zweimal landen wir da, wo wir schon einmal waren. Aber als wir zwei Maedchen nach dem Weg fragen, wird es konkret. Die Beiden fragen sich nun hartnaeckig durch und nach einer halben Stunde sind wir endlich bei einem Veterinaer in der Praxis, die mehr nach Wettbuero aussieht. Jedenfalls ist sie winzig und hat nichts Aerztliches an sich. Und der Tierarzt hat Angst vor Karabasch! Als wir das sehen, wissen wir, dass wir hier an der falschen Adresse sind. Der Mann schickt uns zu einem Amt. Wieder irren wir herum. Ohne die Maedchen waeren wir hier niemals durchgekommen. Im Amt sind wir richtig, aber zu frueh. Wir muessen erst zu einem Veterinaer... Wir suchen einen anderen Arzt auf. Das Buero ist von einem jungen Maedchen besetzt, der Arzt ausser Haus. Ein paar Meter weiter dasselbe Spiel. Der Arzt sei in 10 Minuten zurueck. Ja, ja, 10 Minuten, dass kennen wir schon. Wir gehen mit den Maedchen Doener essen und trinken Tschai. Als wir nach einer halben Stunde wieder beim Arzt im Buero sitzen, ist er immer noch nicht da. Nach einer weiteren halben Stunde kommt er. Er macht einen kompetenten Eindruck und gibt Karabasch zwei Spritzen gegen insgesamt sieben Krankheiten und wir fragen den Mann, auf welches Alter er unseren Hund schaetzt. „Zwei Jahre.“ Das koennen wir nicht recht glauben. Nun ja, eigentlich ist das auch nicht wirklich wichtig. Dann lassen wir uns noch eine Spritze gegen Wuermer und Floehe mitgeben, die wir Kari morgen selbst setzen werden. Dazu gibt es einen Impfpass, mit dem wir nun zurueck zum Amt mit dem Bus fahren wollen. Aber wg. des Hundes nimmt man uns nicht mit. Also nehmen wir ein Taxi, Kari springt, ohne zu zoegern, mit in den Fond. Im Amt geht alles ganz zuegig und kostenlos ab. Man empfiehlt uns, die Papiere an den Grenzen erst einmal gar nicht vorzuzeigen. Unter dem Motto: Je mehr Papier, desto Problem. Unsere beiden Fuehrerinnen bieten sich an, die Waesche bei sich zu Hause zu waschen, weil man in der Reinigung mehr Geld verlangt, als es in Deutschland kosten wuerde. Eingeladen sind wir sowieso. Aber Selma und ihre Freundin wohnen in Samandag, an der Kueste, hinter den Bergen. Das sprengt unseren Zeitrahmen zu arg. Also sagen wir "Iji Guenler"-Auf Wiedersehen und "Teschekuerler“- Vielen Dank" fuer so wertvolle Hilfe. Wir tauschen syrisches Geld und treffen im Hotel Rene wieder. Er nennt uns einen denkbaren Grund fuer die hiesige Unfreundlichkeit: Wir sind im Hatay, einem Gebiet, das einstmals syrisches Staatsgebiet war und Ende der 1930er Jahre von den Tuerken annektiert wurde. Die Anschliessung an tuerkisches Staatsgebiet wird von Syrien bis heute nicht anerkannt. Hier wird viel Arabisch gesprochen, wir sehen syrische Kennzeichen und traditionelle Tracht mit rot-weissen Kopftuechern, Geschaeftsschilder in arabischer Schrift usw. Rene erklaert, dass man im arabischen Kulturraum reservierter sei, bisweilen unfreundlich. Als ich frage, was wir moeglicherweise falsch machen, sagt er: "Nichts! Aber Sie sind Fremde." Wir werden uns darauf einstellen muessen. Wir bitten Rene wg. der Waesche, die wir den ganzen Tag umher getragen haben, nochmals nachzufragen. Und der Stinkstiefel an der Rezeption erklaert Rene allen Ernstes, ich haette ja nicht gewollt, dass man wasche. Ich trete vor den Mann, schaue ihm in die Augen, die er nach unten wegdreht und frage, was das solle. Keine Antwort. Renata sagt, sie habe eine Idee, wie sie guenstig die Waesche waschen lassen kann und entschwindet ohne weitere Erklaerung. Ich verbringe mit Kari sieben Stunden vor dem Computer. Eine Uebertragung der Digitalfotos ueber das Internet funktioniert jedoch erneut nicht. Als Renata um 23.30 Uhr immer noch nicht zurueck ist, werde ich unruhig und bin erleichtert, als sie dann schliesslich doch noch im Netcafe erscheint. Mit neuer Frisur, die man ihr auf abenteuerliche Weise "verabreicht" hat. Ich mache mir Sorgen und sie war beim Friseur! Frauen... Jedenfalls sollen wir morgen unsere Waesche trocken und sauber zurueck erhalten. Schade, dass wir fuer Antakya zu wenig Zeit haben. Es gaebe soviel zu sehen. Aber morgen soll das Wetter besser werden und ab uebermorgen wieder schlechter. Und es soll noch kaelter werden; wir muessen ergo aufbrechen.
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