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Reisetagebuch

12/23/2002   Syrien / Latakia

Ein Team waechst

Unser Bild von Syrien wird korrigiert / Wir erreichen Latakia

(Harald und Renata) In der Nacht erwachen wir durch das Bollern des Oelofens. Das karge Zimmer stinkt nach Heizoel. Das Regulierrad fuer die Oelzufuhr hat sich irgendwie selbsttaetig weiter geoeffnet und jetzt stroemt das Oel, statt zu tropfen. In der Auffangschale unter dem Gussofen steht die heisse Bruehe fingerhoch. Hier koennen wir nicht weiterschlafen. Waehrend ich mit Kari Gassi gehe, raeumt Renata unsere Sieben Sachen in das nebenan liegende, lausekalte Zimmer. Aber hier lastet wenigstens dieser schwere Geruch nicht auf uns. Mein Spaziergang in der kalten, sternenklaren Nacht fuehrt ueber den Bergkamm. Hinter diesem liegt an der Kueste der Badeort Ras al-Basit, beliebt bei der syrischen Mittelschicht.

Morgens bekommen wir selbstgemachte Aprikosenmarmelade und duennes Fladenbrot, geschaelten Kaese und Oliven. Die beiden Toechter Vari und Ankine sprechen gut Englisch und wir nehmen uns Zeit fuer einen Plausch in den Privatraeumen. Wir fuehlen uns wohl im Princess-Hotel, die Armenier sind uns gar nicht fremd.

Beim Aufbruch folgt eine lange, steile Abfahrt durch Kessab, bei der wir die Handbremsen mit aller Kraft ziehen muessen. Kari sitzt bei den Neigungen moeglichst immer im Haenger, um ihre Pfoten zu schonen und damit wir schneller vorankommen.

Bis zum Tagesziel Latakia sind es ueber 60 km. Das Wetter ist gut, wir freuen uns ueber die warmen Sonnenstrahlen. Es geht wieder bergauf. Das faellt uns heute, nach den Anstrengungen des letzten Tages, schwer. Beim Schieben muss der Oberkoerper nach vorne geneigt werden, um Druck auf den Lenker zu bekommen und das schmerzt nach Stunden im Ruecken. Ausserdem zieht es in den hinteren Oberschenkeln und Waden. Bergauf sind Oberschenkel und Pomuskulatur, sowie die Knie beansprucht. Die Baender schmerzen gelegentlich staerker. Dann beschleicht uns die Sorge, es koennte uns das gleiche passieren, wie unserem Freund Sebastian: Von einem auf den anderen Tag macht es im Knie: Pling! und dann wars das. Mit laedierten Baendern kann man die Weiterreise vergessen.

Die Strassenschilder koennen wir nur lesen, wenn der arabischen Schrift eine lateinische hinzugefuegt wurde. Auch Hinweise auf Hotels oder Werbung fuer Einkaufsmoeglichkeiten sind unleserlich.

Die Busverbindungen werden auch hier von mittelgrossen, alten Mercedes-Bussen gehalten, die, im Unterschied zur Tuerkei, auch noch eine Ladeflaeche auf dem Dach haben und mit allerlei bunten Blinklichtern und Gardinchen ausgestattet sind. Gehupt wird leider auch hier.

Wir halten an einem der kleinen Strassenkioske, kaufen Wasser Marke "Dreikirchen" und trinken aus Thermoskannen Kaffee- heiss, stark, satzfrei und mit Kardamom gewuerzt. Der junge Besitzer heisst Dschammen und schenkt mir zum Abschied eine Art Rosenkranz, den die Maenner schier endlos durch die Finger gleiten lassen.

Der Kiefernwald geht in Mischwald ueber, dann mehren sich Tannenbestaende.

Wir passieren ein Ortsschild nach Ras Shamra, auf den Karten Ugarit genannt. Moeglicherweise liegt hier die Wiege der Schriften der Alten Welt. Hier und in Byblos entstanden im 2. Jahrtausend v.C. Keilschriften, die als die Urvaeter der lateinischen, griechischen, kyrillischen, arabischen, hebraeischen, aramaeischen und der aethiopischen Schriften gelten. Die hiesigen Ausgrabungen besuchen wir nicht, denn wir wollen weiter.

Nach einer langen Abfahrt erreichen wir die Ebene von Latakia. Kari springt jetzt nach kurzen Kommandos oder Hinweisen von selbst in den Haenger und heraus. Das geht mittlerweile schnell und easy.

Die Strasse hat ueber 10 km lang leichtes Gefaelle und der sanfte Wind tut sein Uebriges, so dass wir schnell die Innenstadt erreichen.

Lange, breite Palmenalleen, weisse Haeuser, moderne Geschaefte, ein grosser Hafen, dichter, laermender Verkehr. Am Strassenrand stehen die Kleinhaendler und verkaufen Kaffee und geroestete Kastanien.

Wir fragen uns durch. Hier wird Englisch und Franzoesisch gesprochen. Die Frauen sind samt und sonders unverschleiert- mehr noch: wir sehen nicht eine einzige Gesichtsverschleierte! Offenes, langes, blondiertes Haar wird getragen, figurbetonte Kleidung, die Gesichter sind mit hellem Make-up und, fuer unsere Geschmaecker, zu viel Lippenstift, Rouge und Lidschatten geschminkt. Die jungen Maenner sehen so westlich aus, als kaemen sie aus Kreuzberg, nur gelegentlich sieht man traditionelle Kleidung, kaum Kopftuecher, keine Turbane.

Das erste Hotel ist spottbillig, aber dreckig. Auch die beiden naechsten unterschreiten das Ertraegliche. Erst im „Al Rijad“ gefaellt es uns. Der Hotelier spricht nahezu akzentfrei Deutsch. Hier muss in Dollars bezahlt werden. Um sechs Uhr wird die Heizung angemacht und die Dusche ist heiss und gibt sogar eine annehmbare Wassermenge ab.

Beim Blick aus dem Fenster auf die ueberlebensgrosse Bronzestatue des verstorbenen Ex-Praesidenten Assad realisieren wir: wir sind tatsaechlich in Syrien.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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