Home Page english version deutsche Version

  Worum es geht...
  Highlights der Reise
  Ueber Harald Radtke
  Zeitungsartikel

  Tagebuch (952 Eintr.)
  Lesermeinungen
  Leseproben
  Reiseroute
  News Archiv

  Pamphlet zur Faulheit

  Laenderinformationen
  Literatur

  Kontaktformular
  Mediainfo/Fotos
  Impressum


Reisetagebuch

12/26/2002   Syrien / Homs

Bueroschlaf

Eine seltsame Versammlung

(Harald und Renata) Renata und Kari sind zwar immer noch malade, aber wir brechen trotzdem auf. Das Hotelzimmer muss in Dollars bezahlt werden. Ich habe mir neue, noch waermere Handschuhe gekauft und Kari bekommt das dritte Halstuch, nachdem sie das Zweite im Spiel mit Renata im Netcafe verarbeitet hat. Diesmal ist es schoen bunt- dass steht ihr auf dem schwarzen Fell sehr gut.

Obwohl wir nur drei Tage hier waren, rufen uns die Leute schon "Karabasch" zu. Durch den dichten Verkehr hangeln wir uns stadtauswaerts. Von einer Strassenseite zur anderen sieht man zwei verschiedene Welten: hier einen uralten, voellig heruntergekommenen Handwerkerladen, Abfall liegt ueberall herum, eine funzelige Lampe gibt Daemmerlicht auf oeliges Werkzeug, ein alter Mann mit schmutziger, loechriger Schuerze, die Markise ueber dem Schuppen besteht nur noch aus einem schiefen Gestell, neben dem Eingang kleben Plakatreste, davor steht ein Dreiradwagen ohne Motorhaube, schaetzungsweise 40 Jahre alt, mit mehr Rost als Karosserie. Gegenueber strahlen grelle Scheinwerfer aus einem Modegeschaeft auf den hell gepflasterten Buergersteig, die Fassade besteht aus hellem Marmor, ein moderner Schriftzug einer Leuchtreklame ueber einer bodentiefen Verglasung, innen Holzpflaster und teuerste, italienische Kleidung- ein Ambiente wie in Duesseldorf auf der Koe.

Die Strasse fuehrt weiter entlang der Kueste. Die Haeuser sind hier, wie in der Tuerkei, aus Stahlbetongeruesten gebaut, die mit Gasbeton- oder Ziegelsteinen ausgefacht werden. Dann zieht man meist bereits ein. Hat man Geld, wird verputzt, spaeter evtl. gestrichen. Auf den umrandeten Flachdaechern haengt die Waesche, in den Gaerten wird Gemuese angebaut. Die Nebenstrassen sind meist nicht befestigt und in dieser Jahreszeit schlammig.

Gehupt wird hier so oft und so laut wie in der Tuerkei und es wird gerast, geschnitten, abgedraengt wie eh und je. Wer bremst, ist feige.

Die Hauptstrassen sind glatt geteert- das erspart Kari das Tragen der ohnehin loechrigen Mokassins. Aber Schlagloecher gibt es trotzdem. Und wieder jede Menge erstaunte Gesichter, viele Rufe, Pfiffe, Einladungen auf einen Tee und auch Kinder die uns nachlaufen. Halten wir an, sammelt sich alsbald eine Menge Volk an und jeder versucht zu helfen. Es gibt eher zu viel ungebetene Hilfe, als zu wenig.

Wir haben uns vorgenommen zu Zelten. Also fahren wir in Banyas von der Hauptstrasse ab und ins Zentrum, um ggf. am Strand zu campieren. Aber es gibt nur einen Boulevard mit einer Steinkueste, keinen Strand. Linker Hand sehen wir rauchende Schlote, rechter Hand einen Hafen. Wir suchen einen Platz neben oder hinter einem der jetzt geschlossenen Lokale, um windgeschuetzt zu sein. Aber gleich werden wir angesprochen, dann gesellt sich ein Mann hinzu, der Englisch spricht und uns sogleich einlaedt, im Buero seines Restaurants nebenan zu uebernachten. Es gibt keine Gaeste, aber mehrere Angestellte, die uns das Gepaeck tragen und Tschai servieren. Einer erzaehlt uns aufgeregt, dass er uns aus dem tuerkischen Fernsehen kenne. Wir erinnern uns daran, dass wir in Iskenderun zum zweitenmal gefilmt wurden und jetzt sind wir bis nach Syrien hinein bereits bekannt.

Das kleine Buero im ersten Stock ist nur durch zwei Vorhaenge vom Gastraum abgetrennt und wird von einem elektrischen Ofen erwaermt. Ein Mitarbeiter faehrt mich als Sozius auf seinem Moped in den naechsten Ort, weil wir fuer Karis entzuendete Augen Tropfen kaufen wollen und in Banyas keine Apotheke mehr zu finden ist, die noch geoeffnet haette. Geld nimmt der Mann dafuer keines an.

Mit unserem weitgereisten Gastgeber kommen wir ueber Deutschland ins Gespraech und das er als junger Bursche eine Deutsche kennengelernt habe und sich ueber deren Freizuegigkeit gewundert habe und dabei fallen zwei, drei unpassende Worte, so dass ich erklaere, dass wir ueber Sex nicht reden wollen, was stillschweigend akzeptiert wird.

Dann stellen sich nach und nach ein paar Freunde ein, bald ist das Buero ueberfuellt mit jungen und aelteren Maennern, allesamt erklaertermassen Moslems. Angeblich wird ueber Geschaefte gesprochen, aber selbst als Sprachunkundige erscheint uns das wenig glaubhaft. Und familiaere Bindungen haben die Maenner auch nicht. Als mehrmals im Kauderwelsch das Wort "Sexfilm" auftaucht und zudem eine CD ueber den Buergerkrieg in Beirut so nebenbei laeuft, fuer die sich niemand interessiert, geht Renata mit Kari spazieren. Aber man traut sich wohl nicht so recht und die Gruppe schmilzt dahin, bis wir wieder alleine mit dem Gastgeber sind. Der wollte wohl mit seiner Einleitung ueber seine angeblich so freizuegige deutsche Ex-Freundin auf den Busch klopfen, ob er in unserer Anwesenheit spezielle Filme zeigen kann, bleibt aber korrekt und freundlich und wie versprochen, koennen wir unsere Schlafmatten auf dem Teppich ausbreiten und schlafen, mit einer Kari vor dem Ofen, ruhig ein.


 

 

 

 

 

 

 


  Team Login

© biketour4goodhope