12/27/2002 Syrien / Homs
Ali und Zusu aus Tartus
Wir besichtigen eine Burg und es widerfaehrt uns unerwartete Gastfreundschaft
(Harald und Renata) Abgesehen davon, dass unser Huendchen naechtens auch mal unruhig wird und wir dann mit ihm nach draussen muessen, wie just auch heute, schlafen wir den Schlaf der Gerechten. Unser Gastgeber ist wohl Langschlaefer - jedenfalls erscheint er bis 10 Uhr nicht auf der Bildflaeche und wir fahren, ohne uns bedanken und verabschieden zu koennen. Dafuer sind die Angestellten mehr als beflissen, tragen unser Gepaeck, servieren Tee und winken "Good Bye". Wir wollen heute die Burgruine "Qalat Marqab", eine Ritterfeste aus dem 12. Jahrhundert besichtigen. Es geht in der Stadt bergauf bis zur Autobahn. Dort faengt uns ein junger Motorradfahrer ab und bietet Hilfe an. Wir suchen den kuerzesten Weg zur Zitadelle auf der Krone eines laengst erloschenen Vulkans. Der Bursche sagt zwar staendig "no problem", aber seine Tipps taugen samt uns sonders nicht: Weder koennen wir an genannter Stelle die Autobahn kreuzen, noch koennen wir den vorgeschlagenen Weg nehmen, weil er schlichtweg zu steil ist. Dafuer hat er uns aber an saemtlichen Nachbarn vorbeigefuehrt und wir sind Mittelpunkt einer Versammlung von ca. 50 Leuten. Schliesslich suchen wir uns einen anderen Ratgeber und am Fusse des Berges bitten wir einen Hausbesitzer, unsere Raeder an seinem Haus abstellen zu duerfen, was er ohne zu zoegern gestattet. Dann marschieren wir bergauf los. In einer winzigen Betongarage kaufen wir Suessigkeiten ein. Ein alter Mann in traditioneller Kleidung mit rot-weissem Kopftuch und langem, grauem Mantelkleid bietet uns Tee an und macht korrekte Preise. In den Haeusern an der Strasse stehen Kuehe und Esel in der ersten Etage und Huehner scharren in den allgegenwaertigen Abfallhaufen umher. Nach einer Stunde Marsch stehen wir vor der schwarzen Burg. Als eine von ueber 50 Kreuzritterburgen jener Zeit, erlitt sie erst spaet das Schicksal aller Burgen: Weil sie selbst dem im Kriege so erfolgreichen Sultan Saladin nahezu uneinnehmbar schien, wurde sie erst 1285 von Sultan Qualaun mit Hilfe grosser Katapulte und Minenstollen, die die schwarzen Basaltsteinmauern zum Einsturz brachten, erobert. Die Burg wurde von den Johannitern gehalten, zuletzt leisteten nur noch 25 Ritter Widerstand. Qalaun erneuerte nach der Eroberung die Mauern und verstaerkte die Festung an der Stelle, die er als deren Schwachstelle erkannt hatte. In den Mauern sieht man heute die mit arabischen Schriftzeichen verzierten hellen Marmorsteine. In der Sakristei finden wir im Halbdunkel unvollendet gebliebene Fresken der Apostel. (Als Informationsquelle nutzen wir auch hier einen Reisefuehrer von "Polyglott"(www.polyglott.de). Als wir die Burg verlassen wollen, beginnt es zu regnen. Und es ist windig und kalt. Der Kartenverkaeufer bietet uns einen Schemel und Tee an und wir waermen uns an einem Feuerchen in einer Blechschale, bis der Regen aufhoert. Ein Minibusfahrer bietet uns zwar an, uns bergab mitzunehmen, aber als er den Hund sieht, faehrt er einfach durch. Erst der zweite, kostenpflichtige Bus nimmt uns mit. Es ist spaet, weshalb wir nicht mehr weit kommen. 20 km vor Tartus wird es dunkel und wir fragen beim Einkauf in einem kleinen Laden an der Strasse, ob man uns einen Platz fuer unser Zelt zeigen koenne. Der Besitzer spricht zwar kaum Englisch, aber uns draussen in der Kaelte uebernachten zu lassen, kommt fuer ihn nicht in Frage. Er laedt uns in sein Haus neben dem Geschaeft ein, auch vom Hund laesst er sich nicht schrecken. Er heisst Ali, seine Frau Zusu und sein kleiner Sohn Sellmann. Das Haus ist neu und karg moebliert. Im Wohnzimmer stehen Couchen und kleine Tischchen und ein kleiner Weihnachtsbaum mit bunten Laempchen, die blinken. Wir sind wieder unter Christen. Bald stellen sich ein telefonisch herbeigerufener Freund, der gut Englisch spricht und weitere Maenner ein. Es wird Essen serviert, Tee und Mate, ein gruener Tee aus Argentinien, der hier eine Spezialitaet geworden ist. Ali braet Huehnchen im Erdgeschoss und dabei faellt fuer Kari allerlei ab. Wir fuehlen uns richtig wohl bei soviel Gastfreundschaft. Es wird auch ueber Politik gesprochen, ueber Mr. Bush und Bin Laden, ueber Israel und die Palaestinenser. Aber letztlich sagen wir: Wir sind nur Deutsche, nicht Deutschland. Renata mag diese Gespraeche eh nicht und beteiligt sich auch nicht daran. Aber von mir wird ein Standpunkt erwartet, den ich zwar stets ehrlich, aber auch vermittelnd und neutral einzunehmen versuche. Nur von unserer Website duerfen wir in Syrien nie sprechen, weil dort ein Hinweis auf Israel zu finden ist und man weiss nie... Und es wird herzlich und viel gelacht, ueber Alis dicken Bauch und die Aehnlichkeit des baertigen Freundes mit Osama. Im Kinderzimmer schlafen wir spaeter in einem Gaestebett unter reichlich Zubett wohlig ein.
|