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Reisetagebuch

12/29/2002   Syrien / Homs

Der Krak des Chevaliers

Eine der schoensten Burgen der Welt

(Harald und Renata) Am Morgen hustet Kari wieder. Wenn das so weiter geht, muessen wir zu einem Tierarzt in Homs. Wir sind am Vortag in die naechste Stadt gefahren, um Fleisch zu kaufen. Aber Kari frisst nicht richtig. Sollen wir Antibiotika spritzen? Angesichts der Impfungen ist das vielleicht falsch. Aber eine Lungenentzuendung waere fatal. Der Veterinaer sprach von einer Latenzzeit von zwei Wochen und die sind noch nicht um.

Lailas Schwager hat uns eingeladen, mit dem Kombi zur Burg zu fahren. Die Sonne scheint zaghaft durch die tiefhaengenden Wolken, als wir den Burgberg erreichen. Dabei durchfahren wir einen kleinen Ort, indem sichtbar einmal mehr Steine aus der Burg verbaut wurden.

Unser Reisefuehrer zitiert T.E. Lawrence ("von Arabien") mit der Ansicht, es sei dies die schoenste Burg der Welt. Und da steht sie denn vor uns, Syriens besterhaltene Feste. Ich muss stehen bleiben, verweilen. Gigantische Mauern aus hellem Marmor, riesige, runde Tuerme, geschweifte Ueberkragungen, die einst die Wehrgaenge aus Holz trugen, ragen da in den sich aufklarenden Himmel.

Ueber einen schraegen Zugang gelangt man auf breiten, flachen Stufen in den aeusseren Verteidigungsring. Ueber uns gotische Boegen, links Ausblicke durch Mauerschlitze und Fenster auf die dunstige Ebene.

Es ist zugig und kalt und duester im Inneren, aber immer wieder faellt Sonnenlicht in die Raeume und Gaenge und zeichnet auf dem ausgetretenen Steinpflaster die Form der Oeffnungen verzerrt wieder. Aufwaerts fuehren die Gaenge, in immer neue, schmale Wehrgaenge, durch gotische Boegen, vorbei an Saelen mit kirchenaehnlichen Spitzdecken.

Die Burg ist so gut erhalten, dass in meiner Phantasie die Raeume belebt werden. Ich kann die Hufe der Pferde hoeren, die auf den rutschigen, lang gezogenen Stufen klappern, das Rasseln der Kettenzuege fuer Falltore und -bruecken, die Rufe der Wachleute, ich rieche das Leder der Saettel, die Pferde, den schweren Dunst aus der Kuechenhalle, hoere die Gesaenge aus der Kapelle, das Scheppern der Schwerter, das Rumpeln von eisenberingten Holzraedern. Ich stelle mir vor, hier in dieser weiten Landschaft morgens auf einen der Tuerme zu steigen, im Wissen um Staerke und Sicherheit dieser Anlage und der hier konzentrierten Macht. Und auf die Ebenen ringsum zu blicken, die bei klarem Wetter Sicht bis Homs erlauben. Welche Zuflucht boten diese Burgen in jenen Zeiten von staendiger Furcht!

Der innere Verteidigungsring besteht aus ca. 40 Meter hohen, schraegen, glatten Mauern, dazwischen ein Wassergraben. Hoch oben kleine Fensteroeffnungen und Zinnen. Ein gigantischer Saal fuer 150 Pferde, ein Keller fuer Vorraete, die mannsgrossen Amphoren sind noch zu sehen, in denen Oel fuer den Verzehr und, erhitzt, auch fuer die Verteidigung gelagert wurde.

Alle Raeume sind mit vergitterten Deckenloechern zur Belueftung versehen, in den Waenden sieht man die quadratischen Loecher fuer die Balken, die die Zwischendecken trugen oder die Verspannungen der Markisen hielten.

In der riesigen Kueche der vier Meter hohe Ofen, fuer dessen ununterbrochenen Betrieb rings um die Burg staendig abgeholzt wurde, was dem Ueberblick im Kriegsfalle zu Gute kam. In allen Kreuzritterburgen gab es Kapellen, war doch die ganze, blutige Geschichte der Kreuzzuege religioes motiviert. Sie dauerte etwa 200 Jahre und war 1302 mit dem Fall des Eilands Arwad vor der heutigen israelischen Kueste endgueltig vorbei.

Als wir wieder "zu Hause" sind, ist unsere Waesche gewaschen und aufgehaengt worden. Es kommt Besuch aus dem Libanon: Onkel und Tanten, Brueder, Schwager und Nichten, Freunde- wir verlieren voellig den Ueberblick. Ich werde gefragt, ob wir nicht deutsche Maenner kennen, die die zahlreichen, huebschen Toechterchen ehelichen moechten. Na klar! Ich muss nur kurz telefonieren, wird gleich erledigt!

Und alle ziehen nun um zu Laila und dort wird beengt, wie wir es aus unserer Kindheit her selber kennen, fuerchterlich viel Speise aufgefahren und wir essen, bis es weh tut.

Nicht genug damit, folgen wir dem Besuchswunsch eines Nachbarn. Dort gibt es selbstgebackene, dicke Kekse und Suessigkeiten und wir holen schnell Weihnachten nach. So nebenbei laeuft via Decoder deutsches Fernsehen, aber das koennen wir nicht betrachten, weil wir uns unterhalten.

Dann werde ich zur Maennerrunde im Laden von Salem eingeladen: Frauen haben keinen Zutritt. Hier wird Politik verhackstueckt. Was ich von Israel halte und der Irakkrise und ob ich Das wisse und Dieses. Zu Nachvollziehbarem gesellt sich auch manche verstiegene Verschwoerungstheorie, der ich nicht folgen kann. Nach einer halben Stunde setze ich der hochnotpeinlichen Befragung ein Ende und ziehe mich zu Renata ins Innenzelt im Wohnzimmer zurueck, waehrend Kari sich von aussen an uns kuschelt.

Und in der Nacht koennen wir mit den vollen Baeuchen dann kaum schlafen, trotz Arraks, dem Anisschnaps, der mit Wasser verduennt wird, aehnlich wie Pernod.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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