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Reisetagebuch

1/2/2003   Syrien / Homs

Nadihm

Wir werden eingeladen und das Wetter spielt nicht mit.

(Harald und Renata) In unserem Zimmer steht ein elektrischer Heizofen mit Geblaese, vor dem wir unsere Waesche zum Trocknen aufhaengen koennen. Trotzdem ist es nachts so kuehl, dass wir uns mit drei Zubetten zudecken muessen und lange Hosen und Pullover tragen.

Es ist grau und bedeckt und lt. Vorhersage soll sich das auch erst in ein paar Tagen aendern. Palmyra, einer der bedeutendsten Ausgrabungsstaetten der Welt, wollen wir uns nicht im Regen anschauen, also verschieben wir unsere Abreise erneut.

In Homs selbst ist nicht viel zu sehen. Eine Industriestadt mit 200.000 Einwohnern, das einstige Kastell ist nur noch an Mauerresten erkennbaren, ueberthront von einer Funkanlage. Die Strassen sind schlammig, die einfoermigen Betonbauten unansehnlich, meist ragen aus dem Dach schon die Stuetzen samt rostigen Eisenstaeben fuer das naechste Stockwerk heraus. Und ueberall liegt Abfall herum, obwohl es eine Muellentsorgung gibt, die uns mitten in der Nacht lautstark aus dem Schlaf holt.

Auf den Strassen herrscht das Recht des Staerkeren. Vorfahrt wird nur bedingt bei roten Ampeln oder Anwesenheit von Polizei gewaehrt. Als Fussgaenger muss man einfach schnell und entschlossen sein. Es wird ununterbrochen gehupt, aus jedem erdenklichen Grund. Es gibt ein paar Pferdefuhrwerke und viele Strassenhaendler.

Wir sind alsbald wieder im Netcafe und beantworten weiter die vielen Mails, die uns zu Weihnachten und Neujahr erreicht haben.

Am Abend haben wir mit unseren Versuchen, in der Tuerkei unsere Disk wieder zu finden, endlich Erfolg. Nach sechs weiteren Telefonaten steht fest: Sie ist noch im Netcafe und man will sie morgen dem Begleitpersonal eines Busses, der nonstop bis Homs faehrt, mitgeben.

Der junge Syrer aus dem Netcafe hat uns im Hotel abgepasst- warum wir ihn nicht angerufen haben, fragt er. Er heisst Nadihm und heute Abend sollen wir wieder seine Gaeste sein. Wir nehmen an und am Abend sitzen wir alle zusammen im Kreis, zwischen unseren Beinen laeuft die einjaehrige Tochter Scheyma von Nadihms Bruder umher. Obwohl die Frauen alle bis auf Haende, Fuesse und Gesichter mit Kleidung bedeckt sind, gibt die Mutter in unserem Beisein dem Kind die Brust.

Nadihms Grossmutter ist 75 Jahre alt, hat 20 Kindern das Leben geschenkt, eine Greisin in traditioneller Tracht, mit olivfarbenem Hosenkleid und einer schwarzen, turbanaehnlichen Kopfbedeckung, die mir als einzige die gereichte Hand verweigert, weswegen jedoch niemand boese ist.

Nadihms Mutter ist 48 Jahre alt, war mit 13 Jahren verheiratet und bekam mit 16 ihr erstes von sechs Kindern. Ihr Mann ist sechzig und Professor fuer Islamik an der hiesigen Universitaet. Ein Bruder ist Rechtsanwalt und Schauspieler, ein anderer absolviert seinen Militaerdienst. Da nur Platz fuer etwa fuenf bis sechs Personen um das Blechtablett auf dem Boden ist, essen wir Gaeste und die Maenner zuerst, die Frauen nach uns. Das Heim ist

bescheiden, verglichen mit dem Lebensstandard eines deutschen Professorenhaushaltes. Auch hier kommen wechselnde Verwandte zu Besuch und wir werden weiter eingeladen.

Kari liegt auf ihrem Schmuddeltuch neben uns auf den Polstern.

Auch heute sollen wir unbedingt hier schlafen- aber wir sagen fuer morgen zu und lassen uns von Nadihms Bruder ins Hotel fahren.


 


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