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Reisetagebuch

1/5/2002   Syrien / Homs

Chamaeleons und Loewen im Winter

Wir kaufen Geschenke

(Harald und Renata) Das schlechte Wetter haelt uns fest.

Das Fruehstueck wird wie immer von der Mutter, Nuhra und der Schwiegertochter aus dem Erdgeschoss serviert. Um 9 Uhr fahren Nadihm und sein Vater zur Arbeit.

In der Stadt kaufen wir Suessigkeiten fuer die Familie und Geschenke. Die 13-jaehrige Nuhra bekommt eine kleine Handtasche, die Schwaegerin aus dem Erdgeschoss ein Parfum, Nadihms Mutter ein Kopftuch.

Als es am Nachmittag aufklart, gehen wir mit Nuhr spazieren. Sie darf nicht alleine ausgehen, obwohl Syrien als sehr sicher gilt.

Im ganzen Stadtteil gibt es nur einen etwa 10 Meter breiten Rasenstreifen, auf dem wir entlanggehen, waehrend Kari uebermuetig ihre Hakenlaeufe absolviert und sich wohlig waelzt. Sie ist auf Gras oder Sand in ihrem Element.

Am Ufer eines kleinen Betonkanals finde ich zwei grosse, gruene Chamaeleons, die sich, mobilisiert von den ersten Sonnenstrahlen, gerade auf den Weg von ihren Bodenverstecken zu den kleinen Maulbeerbaeumen machen. Ich wusste gar nicht, dass hier Chamaeleons leben. Aengstlich machen sie sich seitlich platt, um groesser zu wirken und drohen mit aufgerissenem, zahnlosem Maul. Gegen ihre Feinde haben sie aber keinerlei Abwehr, ihnen bleibt nur die Tarnung.

Auf dem Rueckweg werden wir von einer Horde Burschen verfolgt und trotz aller Sorge wirft einer schliesslich einen Stein nach uns, der mich knapp verfehlt. Ich spurte und schnappe mir das etwa 10-jaehrige Buerschchen. Ich herrsche ihn an und schuettle ihn am Kragen. Aber was nuetzt es? Es scheint mir eine primitive Reaktion auf alles Fremde zu sein: Was ich nicht kenne, verstehe ich nicht und was ich nicht verstehe, bekommt probeweise mal einen Stein ab, vielleicht auch nur, um eine Reaktion zu provozieren.

Wir gehen an einem grossen Sportstadion vorbei. Der Eingang wird von einem naiv-gemalten Bild geziert. Es zeigt Basil Assad, den aelteren Sohn des verstorbenen Staatspraesidenten Assad (der „Loewe“). Auf einem weissen Pferd reitet er gen Himmel- das erinnert stark an die Himmelsfahrt Mohammeds. Basil sollte die Nachfolge seines Vaters antreten, verunglueckte jedoch mit seinem Wagen toedlich. Nun regiert nach dem Tod des Vaters der juengere Sohn namens Beschahr, der in England studiert hat. Es ist zu hoffen, dass es ihm gelingt, die Balance zwischen Stabilitaet und Reformen zu halten.

Die Abbilder des Vaters und seiner beiden Soehne sind so zahlreich, wie in der Tuerkei die von Atatuerk.

Abends sind wir bei Nadihms Schwester eingeladen. Es gibt die immer wieder gern genommenen Grillhaehnchen mit "Patata", also schlichtweg "Pommes" mit Mayonnaise, sowie viel zu salzige Gurken und Radieschenstuecke. Die Einladung zur Uebernachtung wird erneuert, aber wir fuehlen uns ja bei Familie Ghanoom sehr wohl.

Zuhause sitzen wir zu spaeter Stunde in gemuetlicher Runde und erzaehlen uns Witze, wobei von den Gastgebern ueber die Staatsfuehrung manch treffender Spott ausgeschuettet wird.

Ein Beispiel: Allah schickt seinen Erzengel Gabriel in Menschengestalt auf die Erde nach Syrien, um nach dem Rechten zu sehen. Aber der kommt nicht zurueck und so schickt Gott den Erzengel Israel hinterher. Der findet Gabriel nach langem Suchen im Gefaengnis des beruechtigten Geheimdienstes, wo er gerade verpruegelt wird, befreit ihn und bringt ihn zurueck in den Himmel. Gott fragt nun Gabriel, was passiert sei und Gabriel erzaehlt, wie er gefasst worden sei und man aus ihm herauspruegeln wollte, wer er sei und woher er komme. Worauf Allah aengstlich fragt: „Auweia! Hast du ihnen verraten, wer dich geschickt hat?“

Geschrieben am 16.1. in Damaskus


 

 

 

 


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