1/9/2003 Syrien / Homs
Made in Turkye
Eine syrische Renata
(Harald und Renata) Den letzten Tag, so haben uns Nadihm und Rayd klargemacht, sollen wir mit der Familie verbringen. Morgens stellt uns Nadihm seine Freundin vor. Sie ist die Tochter des Chefs des Nachrichtendienstes, sagt er uns und spaeter wird das von anderer Stelle bestaetigt. Wir treffen die junge Dame auf dem Gelaende der Universitaet. Nadihm hatte sie zum Ueben verdonnert und sich deshalb nicht mit ihr getroffen, damit sie die Pruefung machen kann. Aber das Maedchen hat ihren eigenen Kopf und die Pruefung nicht gemacht. Nadihm ist schwer angeschlagen und wir entbinden ihn von seiner Gastgeberpflicht, uns staendig zu begleiten, damit er seiner maennlichen Pflicht zur Ermahnung nachgehen kann. Auf dem Campus stehen zwei lykische Steinsarkophage, die uns an die Tuerkei erinnern und in Homs gefunden wurden. Wir rufen die Busstation an und erhalten die erloesende Nachricht: Die Floppy ist da! Hurra! Sogleich machen wir uns auf den Weg und holen sie ab. Als Lohn sind 300 SP (Syrische Pfund) faellig. Endlich koennen wir losfahren. Im Internetcafe erledigen wir unsere elektronische Post und wollen Fotos uebermitteln. Aber das gelingt leider auch hier nicht. Als ich die CD aus Antakya einlege, auf der die Fotos gebrannt worden sein sollen, stelle ich mit Entsetzen fest, dass sie leer ist. Abgesehen vom Geld, sind die Aufnahmen in der Camera bereits geloescht und somit verloren. Eine schoene Bescherung. Renata war inzwischen beim Friseur und hat sich zudem syrisch schminken lassen, mit hellem Make-up und schwarz geränderten Augen. Abends machen wir einen Spaziergang mit Nuhr und Nadihm. Im Sportstadion gehen wir Billard und Tischtennis spielen. Alle sind traurig, selbst Kari laesst die Ohren haengen, ob unserer Stimmung. Am Abend sitzen wir noch einmal mit der ganzen Familie beim Abendbrot zusammen. Die Mutter hat viel gekocht, lauter Spezialitaeten. Ein letztes Mal wird versucht, uns von einer Abreise abzuhalten. In unserem Gaestezimmer reden wir mit Nadihm und Nuhr und den beiden Schwaegerinnen noch mal ueber Emanzipation. Unsere Worte werden von den Frauen gern gehoert, von Nadihm weniger. Fuer ihn ist Hausarbeit und Kindererziehung keine Arbeit und wozu sollen Frauen arbeiten gehen? Er wuerde natuerlich sogar arbeiten gehen, wenn seine Frau eine Million Dollar am Tag verdient. Und Frauen wollen, dass die Maenner ihnen sagen, was sie tun sollen, meint er. Als ich ihn zaghaft darauf hinweise, dass seine Freundin das wohl im Falle der Pruefung anders sah, ist er gar nicht irritiert. Es ist halt noch ein langer Weg, bis Syriens Frauen gleichberechtigt sind, obwohl hier Frauen sogar Generalsraenge stellen. Erst zu spaeter Stunde heben wir die Runde auf. Geschrieben am 18.1. in Damaskus
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