1/12/2003 Syrien / Al Qutayfah
Die erste Panne
Eine Nacht im Schrebergarten
(Harald und Renata) Am Morgen durchflutet Sonnenlicht den Glasoktaeder. Ein heftiger Wind aus Richtung Damaskus verspricht einen neuerlich anstrengenden Tag. Wir gehen hinueber zum Restaurant. Das Personal schaut neugierig aus den Fenstern, um den Hund zu sehen, aber wir haben Kari im Haenger platziert, um Probleme zu vermeiden. Wie oft haben wir freundlichen Strassenverkaeufern oder Netcafebesitzern schon Kunden vergrault, die auf dem Absatz kehrt machten, sobald sie den Hund sahen. Das ist, als wuerden wir in Deutschland mit einem Schwein einkaufen gehen. Uns werden kleine, ovale Kaesepizzen serviert und Kaffee. Als wir bezahlen wollen, lehnt man ab. Der Besitzer des Lokals trifft mit seinem Bruder ein und bald sitzen und stehen ein halbes Dutzend Maenner um unseren Tisch und wir werden befragt ueber Zeit, Dauer, Grund und Umstaende unserer Reise. Dann will man wissen, was wir von Syrien halten und wie wir zum Konflikt mit Israel stehen. Der ca. 60 Jahre alte Chef lobt Hitler als grossen und guten Mann, waehrend der Geschaeftsfuehrer, ueber den die Unterhaltung wegen seiner Englischkenntnisse vornehmlich ablaeuft, ihm erklaert, dass man dass in Deutschland anders sieht. So traurig es ist, aber selbst der Holocaust ist hier kein Grund Hitler abzulehnen. Um die Feindschaft, ja den manchmal sichtbaren Hass vieler Syrer gegenueber Israel zu verstehen, braucht es Zeit und Einfuehlung und mehr Informationen. Die Entruestung ueber die Haltung Israels und Amerikas gegenueber dem Palaestinenserproblem ist echt, tief und alt. Als wir aufbrechen, stehen alle Maenner und die Kellner auf dem Balkon des Restaurants und gruessen zum Abschied: „Salem aleikum!“ - Frieden mit dir. „Aleikum salem!“ – Frieden auch mit euch. Als wir auf die Autobahn einbiegen, ist es, als begruesse uns ein alter Freund: der Wind fegt uns foermlich von den Raedern und wir schieben erstmal wieder etwa 10 Kilometer. Dann ist der linke Reifen des Anhaengers platt - unsere erste Panne seit 6500 Kilometern. Eine gute Gelegenheit die Mittagspause einzulegen. Die verbringen wir neben der Autobahn, auf einem Stein in der Wueste sitzend. Acht grosse, zottelige Hunde sitzen zwischen den flachen Straeuchern und wir beobachten uns gegenseitig. Nur eine Huendin kommt bellend naeher und ist durch nichts zu beruhigen. Kari ignoriert deren Hysterie voellig. Ohne Wasser kann ich das Loch im Schlauch nicht finden, zumal bei diesem starken Wind. Ich pumpe den Reifen daher wieder auf und wir fahren weiter. Hinter uns haelt ein Kleinlaster voller Styroporkisten mit Suedfruechten. Der Fahrer spricht Englisch und schenkt uns viel zu viele Pampelmusen, Apfelsinen und Mandarinen. Nur deshalb hat er angehalten! Wir verlassen die Autobahn und geniessen die Ruhe auf einer parallel verlaufenden Landstrasse, da hier nur alle 10 Minuten ein Auto entlang faehrt. Gegen Abend laesst der Wind endlich nach und wir koennen schneller fahren. Wir sind jetzt ueber 1000 Meter hoch und passieren den Abzweig nach Malula, dass wir uns ja mit Herrn Saad ansehen wollen. Dann geht es bergab. Kari sitzt muede im Haenger, wir schaffen fahrend um die 25 km/h, dann geht es steil bergab. Bis zu 50 km/h fahre ich mit dem Haenger ohne Probleme. Als wir auf der tiefer gelegenen Ebene ankommen, ist es deutlich waermer. Aber die Sonne ist untergegangen und bis Damaskus sind es noch 50 km. So suchen wir einen Zeltplatz und biegen in eine Nebenstrasse, dann auf einen Feldweg in einen Olivenhain ab. Zwei Maenner zeigen uns ein kleines Gartenhaeuschen, auf dessen Terrasse wir uebernachten koennen. Es gibt frisches Wasser, aber auch etliche klaeffende Hunde. Kari reagiert erst gelassen, als es aber zu eng wird, fegt sie zwischen die Baeume und schafft Ordnung. Wir hoeren den aergsten Stoerenfried jaulen. In der Nacht werden wir ein ums andere Mal vom Bellen geweckt, aber es ist angenehm warm. Geschrieben am 21.1.in Damaskus
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