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Reisetagebuch

1/13/2003   Syrien / Damaskus

Damas-Kuss

Zu Gast bei einem Fernsehstar

(Harald und Renata) In der Fruehe streife ich mit Kari durch die Olivenbaeume und hole Wasser. Die Sonne scheint und es ist warm.

Kari ist ploetzlich verschwunden und Renata sucht sie. Auf der dem Hain gegenueber liegenden Strassenseite hoert sie aus einem ummauerten Grundstueck Hundejaulen. Sie lugt durch einen Spalt und sieht Kari, festgehalten durch eine Frau. Sie fragt die Frau nach dem Eingang zum Grundstueck und da erst kommt ihr Kari entgegen. Offensichtlich wollte die Frau den Hund, trotz des Halstuches, behalten.

Der Besitzer des Schrebergartens trifft ein. Er ist, obwohl uninformiert, nicht boese, dass wir auf seiner Terrasse unser Zelt stehen haben, sondern wirft seine Pumpe an, die die Olivenbaeume bewaessert und das grosse Betonbecken hinter unserem Zelt auffuellt. Dann ist er auch schon wieder weg und wir machen uns gerade abfahrtbereit, als ein aelterer Mann kommt, der sich als der Vater des Mannes herausstellt. Er hat viele Lachfalten und stellt sich als Lehrer vor. Er faehrt nochmals nach Hause und kommt mit einem schoenen Fruehstueck wieder und kocht Tee. Unsere Frage, welcher Glaubensrichtung er angehoert, beantwortet er mit dem moderaten Hinweis auf einen gemeinsamen Gott und er zeigt auf sein Herz und macht das Zeichen fuer Verbundenheit: Das ist wichtig! Ja, dass denken wir auch.

Er laedt uns ein, ein paar Tage bei ihm zu Hause zu bleiben. Als wir sagen, dass wir weiterfahren muessen, ringt er uns das Versprechen ab, ihn naechstes Jahr zu besuchen, wenn wir hoffentlich wieder in Syrien sind. Wieder stelle ich mir vor, wie ein deutscher Schrebergartenbesitzer reagiert haette, wenn er uns in seinem Garten vorgefunden haette und ob uns einer unter tausend auch noch fuer Tage eingeladen haette – und ein Deutscher kann sich solche Grosszuegigkeit i.d.R. sicher eher leisten.

Unsere Strecke geht zunaechst wieder bergauf, dann folgt eine kurze Abfahrt mit orkanartigen Boeen, schliesslich fuehrt die Autobahn in die Aussenbezirke von Damaskus. Hier reihen sich industrielle Anlagen, Autoreparaturwerkstaetten und Autosalons aller Marken aneinander. Alles ist vertreten: Jaguar, Mercedes, BMW, VW. Die populaersten Marken sind jedoch Kia, Isuzu und Hyundai. Erstaunlich viele, neue PKW gibt es, auch teure Modelle. Und es fallen viele Uraltmodelle auf, 40, 50 Jahre alte Wagen von Renault, Ford und amerikanische Strassenkreuzer der siebziger Jahre.

Die Anzahl der Fahrbahnen ist hier von marginaler Bedeutung- jeder faehrt und draengelt sich so durch.

Am Ortsschild von Damaskus geben wir uns einen Kuss - wir haben es bis hierhin geschafft. Was fuer ein Weg!

Wir erreichen die Innenstadt erst in der Dunkelheit. Um zu unserer Adresse aus Banyas zu kommen, fragen wir am Strassenrand. Ein aelterer Herr spricht gut Englisch und bietet an, vor uns herzufahren, obwohl wir ja sehr langsam sind. "Welcome!" sagt er.

Hinter der ersten Ecke, an einer stark befahrenen Strasse, haelt er an. Er wohne hier und lade uns zu einer Erfrischung ein. Wir nehmen an. Die Raeder werden im Hausflur abgestellt, der Haenger abmontiert, das Gepaeck bleibt im Flur.

Seine Frau und sein Sohn heissen uns willkommen. Kari muss im Wohnungsflur bleiben, weil die Frau Angst vor ihr hat. Wir trinken Tee. Es sind nette Leute und der Mann sagt wiederholt "Welcome!" und als wir etwas von der Reise berichten: "Allah" - soll bedeuten: Mein lieber Schwan! Mein lieber Herr Gesangsverein!

Wir muessen telefonieren, um uns fuer einen der beiden Gastgeber zu entscheiden, die uns eingeladen haben. Zuerst rufen wir den Schauspieler, Herrn Saad an. Der ist erfreut von uns zu hoeren. Ja, wo sind wir eigentlich? Unser Helfer, Herr Adnan-Sheik (sprich: "Scheech") Fadly, spricht mit Herrn Saad arabisch und kurze Zeit spaeter sitzt der mit uns im Wohnzimmer. Die beiden Maenner sind sich schon einmal begegnet und Herr Fadly haelt grosse Stuecke auf Herrn Saad.

Fast bedauern wir, die Wohnung in der ersten Etage eines Mehrfamilienhauses verlassen zu muessen.

Herr Fadly laedt unsere beiden Fahrraeder auf den Dachgepaeckstaender seines gerade noch fahrtuechtigen Wagens, der Haenger muss allerdings im Hausflur bleiben. Wir steigen bei Herrn Saad ein, Herr Fadly faehrt hintendrein.

Herr Saad holt auf dem Weg zu seiner Wohnung seine Freundin Massoun ab und wir fahren zusammen aus Damaskus heraus, steil aufwaerts in eine der neuen Siedlungen an einem der Berghaenge rings um die Stadt.

Herr Saad spricht fliessend Franzoesisch, Englisch, auch etwas Deutsch und Spanisch. Er erweist sich als belesener und weitgereister Gespraechspartner und plaudert munter los.

Ueber der Stadt zeigt er uns einen atemberaubenden Blick auf das naechtliche Damaskus und hunderte von gruen beleuchteten Moscheen. „Man sagt, es gaebe 10.000 Moscheen in Damaskus, mehr als irgendwo sonst auf der Welt“ behauptet er stolz.

Als wir ankommen, verabschiedet sich Herr Fadly mit der Aufforderung, ihn wieder zu besuchen. Soviel Gastfreundschaft!

Jihad Saad und Massoun haben etwas eingekauft und wir trinken und plaudern ueber das Theater und unsere Berufe. Der Freund, der in Bielefeld wohnt, stoesst noch zu uns und Jihad bietet uns an, morgen ein Fernsehinterview zu machen. Ich will noch ueberlegen, aber Renata sagt spontan zu.

Als die Drei zu spaeter Stunde gehen, gibt uns Jihad (sprich: „Dschihad“) den Schluessel zur Wohnung mit dem Hinweis, dies sei nun unser Heim, wir sollten uns zu Hause fuehlen, morgen saehen wir uns wieder.

Als wir in das breite Bett sinken, sind wir wieder voller Eindruecke und Erwartungen.

Geschrieben am 21.1. in Damaskus


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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