1/16/2003 Syrien / Damaskus
Das Jesus-Minarett
Wir suchen Verbindung! Renata in der Omajaden-Moschee
(Harald und Renata) Am Morgen erscheint wie verabredet Nadhim und wir sitzen beim Fruehstueck zusammen. Seltsam, in anderer Leute Haus Gastgeber zu sein. Beim Morgengang mit Kari habe ich Osmanenbrot gekauft, das hier "Chebbes" genannt wird. Dazu gibt es Joghurt, das hier "Laebben" genannt (alles lautmalerisch geschrieben!), einen salzigen, mozzarella-artigen Kaese, gruene Oliven, Tomaten und Aprikosenmarmelade. Der Pfeffer im Regal ist eine Mischung mit Zimt- etwas gewoehnungsbeduerftig auf Ruehrei und Tomaten. Dann nehmen wir ein Taxi und finden im schicken Diplomatenviertel ein Netcafe. Aber auch hier: Kein Zugang zur Teamseite, auf der das Tagebuch geschrieben wird. Du Heiliger Bimbam! Was jetzt? Nadihm schlaegt vor, wir sollen nach Homs fahren und da schreiben und die Familie besuchen. Die Mutter laesst gruessen und Rayd und Nuhr und wir sollen nach Hause kommen. Aber so schnell geben wir nicht auf. Wir gehen zum teuersten Netcafe in der City, am Marsche Platz. Und hier klappt es endlich! Heureka! Renata und Nadhim besuchen mit Kari den Grossen Bazar, hier Suk (sprich: "Szuck") genannt und die grosse Omajaden-Moschee, lange Zeit die groesste Moschee der Welt war. Um das Jahr 710 n.C. auf dem Gelaende eines roemischen Jupitertempelbezirks errichtet, der fuer damalige Verhaeltnisse riesige Ausmasse hatte. Er mass ca. 200 x 400 Meter. Das heutige Gebetshaus misst 140 x 40 Meter. An den Aussenmauern kann man die grossen, regelmaessigen, roemischen Steinquader deutlich erkennen und vor der Moschee stehen die Reste eines Jupitertempels. In den Bau wurden drei Tuerme integriert, heute Minarette. Eines heisst "Jesus-Minarett". Fuer die Muslime sind die Christen und Juden nahezu Moslems, weil sie wie sie selbst an einen einzigen Gott glauben. Jesus ist hier aber nicht gleich Gott, oder Gottes Sohn, sondern einer der Propheten, wie auch z.B. Johannes der Taeufer. Mohammed war der letzte Prophet. Auf den Erloeser Jesus warten die Moslems jedoch, da er, nach ihrem Glauben, nicht von den Roemern gekreuzigt wurde, sondern stattdessen ein anderer. Jesus wird dereinst, von Osten aus, zuerst nach Damaskus zurueckkommen und vom Jesusturm aus rufen: "Allah-hu akbar!" Und der oberste Religionsführer, der Imam aller Moslems, wird der "Mochammed-Ael-Maechdi-Ael-Muutasarch" (lautspr. geschrieben) sein. Dieser Mann wird bis zu seinem 30. Lebensjahr nicht wissen, dass er Derjenige ist, sondern es wird ihm gesagt werden. Mit Kari kann man hier Geld verdienen. Der Hund ist ein Tabubruch, aber auch eine Kuriositaet, mit der man fotografiert werden moechte. Wir Deutschen sind fuer Iraker oder Iraner oder Saudis eine genauso grosse Sensation, wie umgekehrt. Waehrend Renata das Moscheeinnere besichtigt, sieht Nadhim draussen, wie ein kleiner Bursche einen aelteren in den Arm sticht, der darauf ins Krankenhaus eingeliefert wird. Wie in vielen Grossstaedten, gibt es auch hier Strassenkinder, die um alles kaempfen. Auch um Plaetze, an denen sie Schuhe putzen, d.h. Geld verdienen koennen. Die Beiden holen mich ab und wir gehen in der Altstadt Essen. Mit Nadihms Mobilphone koennen wir Jihad erreichen, was von den meisten Festnetztelefonen aus so nicht moeglich ist. Jihad kommt ins Restaurant und wird hofiert, mit "Mister Saad" hier und dort. Er nimmt dem mit gelassener Freundlichkeit den Wind aus den Segeln. Nach einer Viertelstunde muss er jedoch wieder weg, ankuendigend, dass er jetzt erstmal wenig Zeit haben wird. Bis 4.30 Uhr hat er heute Morgen gedreht und das wird so weitergehen. Schade fuer uns, wollten wir doch mit ihm nach Malula fahren. Am Abend muss Nadihm zurueck nach Homs und verspricht, am Sonntag Nuhr und moeglichst auch Rayd mitzubringen. Wir werden sehen. Wir fahren zurueck nach Kudsaeia, wo es derzeit wieder mal keinen Strom gibt. Geschrieben am 25.1. in Damaskus
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