2/18/2003 Israel / Haifa
Szima
Heisser Kaffee am Strand und kalte Fuesse im Wasser /
Problemschilderungen
(Harald und Renata) Wie versprochen bringt uns um sieben Uhr Genadij eine Thermoskanne Kaffee und Honig zum Suessen ans Zelt: “Dobre Utro”= Guten Morgen! sagt er auf Russisch und fragt, ob hier jemand Kaffee bestellt habe. Was fuer ein Service. Unsere Croissants haben uns gestern, waehrend des Zeltaufbaus, die zahlreichen Katzen aus der Tuete gestohlen. Dafuer haben sie uns aber auf die Zelttasche gepinkelt, wahrscheinlich wegen Kari. Mit Sand und Meerwasser ist das Problem geloest. Nach dem Fruehstueck ist Genadij von seinem Spaziergang zurueck und ich schliesse mich dem letzten Teil seines Morgenprogramms an und gehe mit ihm schwimmen. Das Wasser ist so kalt, dass sich mir die Fussnaegel aufrollen und Renata ist auch wild entschlossen und schafft es sogar bis zu den Knien in die Fluten. Sie kreischt wie ein Teenager und rudert mit den Armen; wie Genadij schon sagte: eine wahre Heldin, die uns grosszuegig Hilfe anbietet, falls wir im Wasser in eine Notsituation kaemen. Um uns herum schwimmen dutzende aelterer Russen, Maennlein wie Weiblein, und weiter draussen kraulen sich dutzende Rekruten von einem Ende des Strandes zum anderen, gute 20 Minuten lang. Ich erinnere mich an die Eisschwimmer in Russland. Zum Aufwaermen gibt es eine leckere Kaltdusche im zugigen Wind. Wir gehen zu Szima, die uns prompt zum zweiten Fruehstueck noetigt und von den Problemen spricht, die das Land erschuettern. Davon, dass z.B. ein Jude ins Gebiet der Palaestinenser faehrt, um sein Auto dort billiger reparieren zu lassen und vor der Werkstatt erschossen wird. Davon, dass ein Attentaeter in einem Bus so viele Stationen abwartet, bis die arabischen Kinder ausgestiegen sind, um sich und die Fahrgaeste erst dann in die Luft zu sprengen. Davon, dass es kein Vertrauen zwischen Juden und Palaestinensern gibt und Herr Sharon eine starke Verhandlungsposition zu erlangen versucht. Diese Politik haben die Waehler gerade erst wieder gestuetzt und ihn wiedergewaehlt. Und das Soldaten der israelischen Armee Waffen an die Extremisten verkauft haben, die man jetzt gegen die Armee einsetze. Barak habe den Frieden gesucht und die Intifada und die Attentate seien das Ergebnis dieser Handdarreichung. Auf dem Weg zu Benjamin und Mina treffen wir einen aelteren Russen und seine Nachbarin, die Jiddisch spricht, was ich fast verstehen kann. Der Mann will von Kriegsverbrechen Sharons, die ihm von vielen Seiten angelastet werden, nichts wissen: ”Lasst mir unseren Sharon in Ruhe!” Wo gaebe es denn soviel Toleranz? Die Palaestinenser koennten doch ueberall hin, ihre Sprache sprechen und ihre Kultur leben, ihre Moscheen bauen und alle Schilder seien dreisprachig. Am Nachmittag sind wir bei Benjamin und Mina zu Gast. Wir koennen den Computer benutzen und essen gemeinsam. Abends gehen wir zu Szima und weil es stuermisch ist und regnet koennen wir nicht zelten und nehmen ihre Einladung an, auf der Gaestecouch zu schlafen. Ihr Mann ist zurueckhaltend. Kari zuckt schon in Traeumen, die vielleicht von fluechtenden Katzen handeln, als wir ebenfalls zur Ruhe kommen. Geschrieben am 20.2. in Haifa
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