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Reisetagebuch

3/5/2003   Israel / Givat Shmuel

In Tel Aviv / 2.Teil

Der Nachmittag / Der Anschlag

(Harald und Renata) Wir besuchen die Mutter unseres Bekannten in Krefeld, Frau Eugenie Goldberg. Sie wohnt in einem Vorort von Tel Aviv, in einer schmalen Strasse voller kleiner Haeuser mit Vorgaerten. Das Haus wurde von Europa hierhin transportiert, weil die Juden bei der Vertreibung kein Geld mitnehmen konnten.

Frau Goldberg kam 1947 nach Palaestina. Sie hat den Holocaust, den die Juden Schoa nennen, in Deutschland erlebt. Sie war Gefangene im KZ (Konzentrationslager) Stuthof. Himmler (Kommandant der SS) besuchte das Lager und sie hoert noch heute seine Frage an den Lagerkommandanten: "Wie ist die Sterblichkeit?" Letztlich ging es in den sog. Arbeitslagern meist um Toetung durch Arbeit. Wir erinnern uns an unseren Besuch eines aehnlichen Lagers in Mauthausen. Eugenie bekam Typhus, war alsbald in der sog. "Todesbaracke" fuer die hoffnungslosen Faelle untergebracht.

Als die Front naeher rueckt, man schon das Geschuetzfeuer der Russen hoeren kann, werden die Gefangenen verlegt. Die Evakuierungsschiffe werden in so flachem Wasser von den englischen Flugzeugen bombardiert, dass sie zwar sinken, aber die Gefangenen sich retten koennen.

Ihr Mann war fuenf Jahre in Gefangenschaft und sucht und findet sie in den Nachkriegswirren.

Sie sieht kurz danach eine Beerdigung und erinnert, dass ihr erster Gedanke damals war: „Soviel Aufwand fuer einen Toten?“ Denn im Lager lagen morgens die Toten zwischen den Baracken und wurden erst weggeschafft, wenn "genug" zusammengekommen waren.

In ihrem Haus sind im Obergeschoss die Fenster verklebt, um bei dem drohenden Krieg das Gas abzuhalten. Es waere der achte Krieg in ihrem Leben sagt sie...

Sie ist kreativ, malt und bastelt mit Salzteig und trifft sich regelmaessig mit Freunden. So auch heute und wir muessen es kurz machen.

Am Abend spielt Dorits Tochter auf dem Klavier, auch Renata spielt ein paar Toene.

Dann kommt ein Anruf aus Deutschland: In Haifa hat sich um 14 Uhr ein Selbstmordattentaeter in einem Bus in die Luft gesprengt und 15 Menschen sterben, ueber 40 sind verletzt. Was fuer ein Wahnsinn! Wir sind schockiert, fuehlen uns mitbetroffen, traurig, angesichts dieses Dramas. Nach fast 10 Wochen wieder ein solcher Anschlag.

Im Fernsehen laufen Interviews mit israelischen Politikern. Wir hoeren Worte, Parolen wie „Krieg, mehr Kontrollen, durchhalten, nicht nachgeben“. Ein sichtlich bewegter Nachrichtensprecher fragt einen der Politiker, die sich von diesen Anschlaegen nicht irritieren lassen wollen, aufgeregt, ob man so tatsaechlich weitermachen muesse.

Die Situation ist hier derart komplex und aufgeheizt, dass eine kurzfristige Loesung einfach unmoeglich ist. Und mit jedem Toten sind mehr Menschen persoenlich betroffen, dreht sich die Spirale der Gewalt weiter.

Als Dorit uns abends Jaffo zeigt, den aeltesten Teil im Stadtgebiet, mit der Burg aus osmanischer Zeit, Parkanlagen am Strand, sind die Strassen wie ausgestorben, die Restaurants leer oder geschlossen. Die Menschen sind zu Hause und versuchen den Schock zu verarbeiten.

Bei dem Anschlag sterben viele Kinder und Jugendliche, auch ein Druse und eine Araberin sind darunter.

Wir versuchen unsere Freunde in Haifa zu erreichen, um zu hoeren, ob alles in Ordnung ist. Aber die Leitungen sind ueberlastet.

Geschrieben am 11.3. in Petah Tiqva


 

 

 

 

 


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