3/6/2003 Israel / Givat Shmuel
Bon voyage!
Zum Fruehstueck schreckliche Bilder / wir gehen zur Botschaft und besuchen einen Jazzclub
(Harald und Renata) Die Zeitungen zeigen am Morgen schreckliche Bilder eines voellig zerfetzten Busses. Die Wucht der Detonation hat das Dach grossflaechig aufgerissen. Im Fernsehen Bilder der Toten. Wie viel Wut muss hinter einem solchen Verbrechen stehen, sehenden Auges selbst Kinder zu toeten? Dorits Tochter Yaala will von alledem nichts mehr sehen. Sie ist in der Kommandozentrale der Armee im Herzen Tel Avivs taetig. Dorits Sohn Ofer ist Helikopterpilot. Die Nachrichten sagen einen Angriff auf den Irak fuer Mitte Maerz voraus. Auch dieser Krieg wird wieder viele Opfer fordern, neuen Hass kreieren. Tel Aviv wird, sollte Hussein Scud-Raketen gegen Israel einsetzen, bevorzugtes Ziel sein, weil hier eine ueberwiegend juedische Bevoelkerung wohnt. Dorit faehrt uns zur deutschen Botschaft, weil mein Reisepass im Juli ablaeuft und daher verlaengert werden muss. Wir muessen Kari unten vor dem Hochhaus anbinden, weil sie nicht mit hinein darf. Die Botschaft belegt etwa 100 qm einer Etage. Hier sehen wir ausschliesslich Israelis mit deutschen Paessen, die reisen moechten. Am Eingang werden wir, wie bereits unten, nochmals durchsucht. Vom Fenster bietet sich ein herrlicher Ausblick ueber die Stadt. Wir warten eine Stunde, letztlich aber umsonst, denn ich brauche einen neuen Pass, weil eine Verlaengerung nicht moeglich ist. Und auf diesen Pass wartet man wochenlang. Deshalb wollen wir bis Kairo fahren und dort einen neuen Pass beantragen. Aber man sagt uns, dass wir ein Visum der aegyptischen Botschaft benoetigen, weil wir nicht per Flugzeug einreisen. Das klang in Ankara zwar anders, aber da hilft nichts- wir muessen zur Botschaft. Unterwegs passieren wir die Gedenkstaette, an der Izak Rabin, der fruehere Premierminister, 1995 von einem jungen, juedischen Fanatiker erschossen wurde. Die aegyptische Botschaft ist bereits seit 11 Uhr geschlossen. Und morgen, am Freitag und uebermorgen geschlossen. Na, herzlichen Glueckwunsch! Aber die beiden Beamten am Eingang versichern uns, dass wir die Visa an der Grenze bekommen koennen. Wir gehen durch die Stadt zur Cinemathek. Die Jugend traegt hier oft gefaerbte Haare, verrueckte Frisuren, zu enge oder zu weite Kleidung, zu lange, verschlissene Hosenbeine, modische Brillen, dicke, hohe Schuhe. In der Cinemathek fragen wir im Foyer den Sicherheitsbeamten, der voellig begeistert von unserer Tour ist und von Kari, ob er eine Idee hat, wer uns helfen koenne, in das Territorium zu fahren. Sein Kollege hat eine Telefonnummer und wir rufen dort gleich an. Wir sprechen mit James Delano, einem amerikanischen Journalisten und Dokumentarfilmer, der Verbindungen zu einer der kleineren, israelischen Friedensgruppen namens "Ta-Jusch" hat. Er will uns zurueckrufen. Aber er sagt, es sei nicht gefaehrlich in die Westbank zu fahren, er tue das taeglich seit einem halben Jahr. Und die palaestinensischen Gebiete seien auch nicht geschlossen. Wir werden sehen. Der Sicherheitsbeamte bewundert unseren Mut und wuenscht uns zum Abschied "Bon voyage!" Dorit faehrt mit uns zu ihrer Schwiegermutter Tamar Ballin. Sie ist im gleichen Alter wie Fenia Herz und Frau Goldberg und hat auch die Gruenderjahre erlebt. Sie stellt uns viele Fragen, will vor allem wissen, warum wir unsere Reise machen. Wir fahren zurueck. Dorits Mann Ami kommt spaet nach Hause, muede und in Gedanken. Man hat ihm die Leitung einer bedeutenden Kinderklinik in Tel Aviv angeboten und er muss entscheiden, ob er das Angebot annimmt. Wir sortieren alles von unserem Gepaeck aus, was wir nicht mehr benoetigen. Das bleibt hier und wird irgendwann nach Deutschland per Flugzeug mitgenommen. Eine CD mit Bildern und die Diafilme werden ebenfalls hier in Kuerze abgeholt und nach Krefeld gebracht. James Delano ruft tatsaechlich zurueck und hat eine Telefonnummer fuer uns. Wir wollen sehen, ob wir irgendetwas organisieren koennen, um in Begleitung in die Westbank zu fahren. Spaet noch fahren wir mit Dorit in die City und besuchen das Jazzcafe, in dem ihre Tochter heute singt. Dort treffen wir auch die aeltere Tochter Ayelet, ebenfalls Musikerin. Erst um 2.30 Uhr fallen wir todmuede ins Bett. Morgen muessen wir umziehen, weil dass Gaestezimmer von anreisenden Familienmitgliedern gebraucht wird. Geschrieben am 11.3. in Petah Tiqva
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