3/7/2003 Israel / Petah Tiqva
Blutiger Alltag
Wir ziehen zu den Whitemans um
(Harald und Renata) Herr Gilad, unser Bekannter in Krefeld, telefoniert taeglich mit seiner Schwester und fuer mich ist es seltsam, seine Stimme nach so langer Zeit wieder zu hoeren. Ohne ihn waeren wir gar nicht in Israel, denn urspruenglich wollten wir das Land umfahren, weil wir wussten, dass man, einmal hier eingereist, z.B. nicht in den Libanon, nach Syrien und vor allem in den Sudan einreisen darf. Wir muessen uns daher in Kairo neue Reisepaesse ausstellen lassen, die dann nicht den Einreisestempel Israels beinhalten. Israel ist weder ueber den Libanon, noch ueber Syrien zu erreichen, sondern nur durch Jordanien und Aegypten. Herr Gilad hat fuer uns eine neue Unterkunft bei einem seiner Freunde organisiert. Dorit eskortiert uns im Auto voran ca. 3 km nach Petah Tiqva. Diese Stadt wurde 1874 von Juden aus Jerusalem als erste moderne, landwirtschaftliche Siedlung in Palaestina gegruendet. Der Name bedeutet "Tor zur Hoffnung". In einem kleinen Viertel voller Einfamilienhaeuser steht das schmucke Heim von Ahron und Lea Whiteman. Am Eingang steht ein Kumquatbaum mit pflaumengrossen Fruechten, die wie kleine Orangen aussehen und die Lea mitsamt Schale isst. Uns stuermt eine braune, kurzhaarige Pinscherhuendin namens Halva (wie die Suessigkeit) in einem Strickpullover entgegen. Kari managt die Begegnung mit dem aengstlichen und nervoesen Zwerg wie gewohnt ruhig und friedlich. Wir koennten sie manchmal "fressen", weil sie so einen tollen Charakter hat. Wir bekommen ein Gaestezimmer mit Doppelbett und TV zugewiesen, Kari kann rings ums Haus im Garten toben und sehnsuechtig in den Taubenverschlag lugen, der neben einer Art gemauerter "Grillkueche" steht. Hinter dem Haus liegt ein Park, in dem zwei ausgediente Panzer als Abenteuerspielgeraete von den Kindern genutzt werden. Sie sind Mahnmahl fuer die vier Kriege, die Israel seit Gruendung 1948 fuehrte. Auf dem Kuechentisch liegt eine Zeitung, die mit Bildern schildert, dass die israelische Armee gestern 11 Palaestinenser erschossen hat. Im Fernsehen sehen wir spaeter Bilder aus dem Gazastreifen, blutig, erschreckend. Was macht ein solcher Alltag aus den Soldaten, aus den Kindern der Palaestinenser und aus den Menschen in Israel, die in Ruhe und Frieden arbeiten und leben wollen? Leas Mann ist noch in New York. Er ist Dentaltechniker, hat in Israel und in den Staaten eine Fabrik fuer zahntechnische Geraete und haelt mehr als 20 Patente. Abends kommt die juengere von zwei Toechtern nach Hause, die auf einem der beiden Klaviere im Wohnraum spielt. Die Nachrichten sprechen wieder vom Irakkrieg. Geschrieben am 12.3. in Petah Tiqva
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