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Reisetagebuch

3/11/2003   Israel / Petah Tiqva

Kann man in Deutschland ruhig leben und arbeiten?

Leors Militaerzeit / Miki, der Friseur / Dorit ist zu Besuch

(Harald und Renata) Wir bewegen uns im Haus mittlerweile so unbekuemmert, wie wir das in Homs nie getan haetten. Zentrum des Hauses ist der Kuechentisch, voller Zeitschriften, Gebaeckschachteln und erster Anlaufpunkt beim Betreten des Hauses.

Ich versuche mich mit Leas Tochter Leor an der Fotouebertragung, aber leider vergeblich. Stattdessen zeigt sie mir Teile ihrer Armeeausruestung und Fotos aus ihrer Zeit in Nablus (auch Shekem genannt), einem der Hotspots in der Westbank. Sie war Offizier und Kommandantin eines kleinen Stuetzpunktes in der Naehe der Stadt und hat einmal in die Luft schiessen muessen, als ihr Fahrer, angesichts einer Steine werfenden Gruppe von Jugendlichen, in Panik in eine Starre verfiel und nicht weiterfuhr.

Die Zeit im Militaer hat sie gepraegt. Ihre Untergebenen waren ihre Freunde, sie war gerne in der Armee. Kameraden wurden getoetet, das Militaer ist der groesste Feind der Palaestinenser. Und diese Abneigung uebertraegt sich auch auf zu Anfang Unbelastete. Die immer praesente Gefahr, die daraus resultierende Vorsicht, Angst, die Solidarisierung mit den gleich Betroffenen, fuehrt zu mehr Abstand und Unverstaendnis, zu weniger Geduld und Vertrauen zur Gegenseite.

So wundert es mich wenig, dass Leor mich auf unseren Besuch der Westbank anspricht und sich, sichtlich bewegt, nicht die Bilder anschauen kann, die wir dort gemacht haben. Zu tief sitzt der Widerwille, der sich aus dem Misstrauen naehrt, dass sich aus der eigenen Betroffenheit naehrt.

Und so kann ich ihr kaum erklaeren, dass die Faehigkeit, das Leid der Palaestinenser ebenfalls anzuerkennen, nichts mit einer Seitenwahl zu tun hat. Differenzierung ist hier heute kaum noch moeglich, die Vereinfacher haben das Wort.

Einmal mehr gewinne ich den Eindruck, dass die Loesung auch von aussen kommen muss.

Renata ist mit Lea und der Nachbarin nach Tel Aviv gefahren. Waehrend Lea kopfverwoehnt wird, unterhaelt Renata sich mit dem Friseur Miki. Er hat einen deutschen Pass und ueberlegt, dass Land zu verlassen und der staendigen Angst zu entfliehen. 1991 sah er, wie viele Tel Aviver, die irakischen Scuds ins Meer schlagen. "Wie ist es in Deutschland? Kann man dort ruhig leben und arbeiten?" fragt er.

Im Zentrum gibt es viele kleine Geschaefte und Cafes. Die Nachbarin laedt zum Essen ein. Die Speisen aehneln den arabischen, Hummus z.B. gibt es ueberall.

Abends kommt Dorit zu Besuch, mit der wir ueber Politik diskutieren. Sie will hoeren, wie es in der Westbank war. Und immer wieder stossen wir auf diese unsichtbare Grenze, die zwischen Betroffenen und Zuschauern besteht. Aber Dorit bedankt sich auch fuer die Anregungen, die wir geben konnten und da es keinen Streit gibt, gibt es auch keine Verstimmung.

Geschrieben am 14.3. in Petah Tiqva


 


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