3/25/2003 Ost-Jerusalem
Der Schlaechter von Bagdad
Wir geben die Raeder in Reparatur und gehen mit Kari zum Tierarzt / Ueber das Regime in Bagdad
(Harald und Renata) Vormittags fahren wir mit den Raedern zum Fahrradladen, Kari laeuft durch den dichten Verkehr nebenher. Dann gehen wir zum Tierarzt, denn man hat uns gesagt, dass die aegyptischen Behoerden auch Schwierigkeiten wegen des Hundes machen koennten. Und hier gibt es noch Tieraerzte, die wirklich Erfahrung mit Hunden haben. Die Tieraerztin untersucht Kari- alles in Ordnung, sagt sie. Und stellt uns eine entsprechende Bescheinigung aus, die wir morgen bei einer israelischen Behoerde abstempeln lassen werden. Auf der Waage sehen wir, dass der Hund nicht zugenommen hat. Die Aerztin schaetzt Karis Alter auf ein bis zwei Jahre, sie sei ein Mischling, vornehmlich ein Belgischer Schaeferhund (von dem wir nie gehoert haben) sei drin. Letztlich ists uns egal- Bastarde sind eh gesuender. Wir checken im Netcafe unsere Mails und bereiten die Eintraege vor. Auch verschlinge ich die "Spiegel"-Ausgaben, die sich im Bestand des Paulus-Hauses finden. Der Spiegel wird sich sicher nicht dem Vorwurf einer Kriegsbefuerwortung aussetzen. Aber hier lese ich folgendes in der Ausgabe 5/2003 auf Seite 93: "Agenten, Polizisten und Soldaten hat Saddam gleichermassen dazu benutzt, im ganzen Land ein Klima des Terrors zu erzeugen- das hervorstechendste Merkmal des irakischen Totalitarismus. Im April 2002 verabschiedete die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen eine Resolution, in der es heisst:" Die systematischen, weit verbreiteten und aeussert schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen durch die Regierung des Irak haben ein allumfassendes Klima von Repression und Unterdrueckung geschaffen. Es wird aufrechterhalten durch ein System von Diskriminierung und Terror." Dies ist ein Regime, das Kindern die Augen aussticht, um von Eltern oder Grosseltern Gestaendnisse zu erpressen. Dies ist ein Regime, das alle Fussknochen eines zweijaehrigen Maedchens einzeln zerbricht, um seine Mutter zu zwingen, den Aufenthaltsort ihres Mannes preiszugeben. Dies ist ein Regime, das einen Saeugling auf Armeslaenge von seiner Mutter entfernt haelt und das Kind verhungern laesst, um seine Mutter zu einer Aussage zu bewegen. Dies ist ein Regime, das seine Opfer langsam in riesige Kessel von Saeure herablaesst, entweder, um ihren Willen zu brechen, oder einfach nur als Hinrichtungsart. Dies ist ein Regime, das seinen Opfern Elektroschocks verabreicht, vor allem an den Genitalien, und bei dieser Tortur grosse Kreativitaet zeigt. Dies ist ein Regime, das im Jahre 2000 als Strafe fuer jede Kritik- und da reicht es schon, darauf hinzuweisen, dass Saddams Kleidung nicht zusammenpasst- festsetzte, dass dem Delinquenten die Zunge abgeschnitten wird. Dies ist ein Regime, das eine Frau, eine Tochter oder andere weibliche Verwandte wiederholt vor den Augen eines Mannes vergewaltigt. Dies ist ein Regime, das seine Opfer mit rotgluehenden Eisenstaeben pfaehlt. Dies ist ein Regime, das eine junge Mutter auf der Strasse vor ihrem Haus und in Anwesenheit ihrer Kinder enthauptet, weil ihr Mann in Verdacht steht, ein Gegner ebendieses Regimes zu sein. Dies ist ein Regime, das biologische und chemische Kampfstoffe an seinen iranischen Kriegsgefangenen erprobte, um herauszufinden, auf welche Weise die Gifte ihre groesste Wirkung erzielen." Soweit der "Spiegel", bzw. die UNO. Um diesen widerlichen Schlaechter ists nicht schade- aber wollten wir gegen jeden Diktator Krieg fuehren, kaemen wir aus dem Toeten nicht mehr heraus. Wir Zwei duerfen uns aeusserst gluecklich schaetzen, in Freiheit und Gerechtigkeit zu leben und den Schutz eines demokratischen Staates zu geniessen. Renata holt ihr Rad ab, aber meines hat ein gebrochenes Hinterrad, was ich gar nicht bemerkt hatte. Das haette boese ausgehen koennen, wenn mir bei Tempo 40 bergab mit Anhaenger das Rad braeche!. Wir wollen in den naechsten Tagen aufbrechen. Nur: wohin? Geschrieben am 29.3. in Jerusalem
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