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Reisetagebuch

3/30/2003   Palaestinensische Gebiete / Qumran

Da bin ich aber platt!

Wir fahren ins Jordantal zum Toten Meer

(Harald und Renata) Wie oft schon fiel uns der Abschied schwer? Es ist ein Ziehen und ein Halten in uns. Diese ungewoehnlich schoene Stadt zu verlassen, faellt schwer, die Ruhe und Freundlichkeit des Paulus-Hauses wird uns fehlen. Aber andererseits freuen wir uns auch, wieder auf die Strasse zu kommen.

Die Sonne scheint, als wir uns entlang der Altstadtmauer Richtung Oelberg aufmachen. Auf meinem Haenger weht jetzt die deutsche Fahne und bald schon hoeren wir von arabischen Lippen das Wort "Allemanie" - Mancher kennt unsere Nationalfarben und somit waere der Zweck der Uebung erreicht.

Die Strasse fuehrt aufwaerts und am Oelberg vorbei. Mitten in einer Abfahrt pafft und zischt es und mein Hinterrad ist platt. Unsere erste Panne mit den Fahrraedern seit Tourbeginn vor acht Monaten und mehr als 7000 km. Und das am Tag nachdem eine neue Felge und ein neuer Schlauch montiert wurden. Na, herzlichen Glueckwunsch!

Ich wechsle auf dem Standstreifen Schlauch und Mantel aus und lege dazwischen auch gleich ein Kunststoffschutzband, um noch mehr Sicherheit zu haben. Das Auflegen aehnelt allerdings mehr einem Auffriemeln.

Wir haben ausserdem schwere Gepaeckteile aus meinen hinteren Taschen in den Anhaenger verlagert, um meine neue Hinterradfelge zukuenftig zu schonen.

Das Ganze dauert eine halbe Stunde, dann werfen wir einen letzten Blick auf Jerusalem und durchfahren einen Tunnel.

Die Stadt liegt auf etwa 800 Meter Hoehe und das Tote Meer, unser Tagesziel, auf minus 410 Meter, also eine Hoehendifferenz von ueber 1,2 km. Neben der Strasse stehen Behausungen der Beduinen. Es sind keine Zelte, wie ehemals, sondern Konstruktionen aus Holzlatten und Plastik- und Zeltplanen. Unschoen und unromantisch. Meist sind nur noch die aelteren Beduinen mit Kopftuechern und langen Hemden, den Gallabias, bekleidet, sonst sehen wir Kleidung wie in Jerusalem. Sie hueten Schafe, Ziegen, reiten Esel und halten Hunde. Wir treffen sie auch mitten in der Wueste und wir fragen uns, woher sie dort zu Fuss kommen und wohin sie gehen moegen.

Es geht bergab durch die judaeische Wueste, downhill bis die Bremsbacken qualmen. Neben der Strasse sehen wir alte Geschuetzstellungen, nach 30 km liegt teilweise noch von Huegeln verdeckt, das Tote Meer vor uns. Zwischen den braunen, kahlen Huegeln sehen wir die spiegelnde, glatte, graue Wasserflaeche.

Es ist hier viel waermer, die Luft ist trockener. Hoehenangaben neben der Strasse machen klar: Jetzt sind wir schon 150 m unter NN (Normal Null), dann sind wir 300 Meter unter der Meeresoberflaeche.

An einer Raststaette machen wir halt. Von hier aus koennen wir im Norden Jericho sehen. Ein Hollaender bedient uns mit zwei Monsterbaguettes, gross wie Teppichrollen.

Solchermassen gestaerkt geht es weiter bergab. Kari nimmt Abschied von einem Kamel, dass sie lange angestarrt und das dazu nur geschnaubt hat.

Die Strasse fuehrt rechts um den See herum, dessen Gehalt an Salzen ca. 33 % betraegt und in dieser Mineralbruehe lebt nichts mehr- daher der Name. Die Salze werden aus den mineralreichen Berghaengen durch Regen ausgewaschen und durch die Wadis zum Toten Meer geschwemmt. Da dies tiefer als der Meersspiegel liegt, gibt es keinen Abfluss und der Salzgehalt bleibt hoch.

Hier unten sind wir am tiefsten Landpunkt der Erde, auf minus 410 Metern. Rechts ragen steile, braune, alte Berge empor, die Haenge voller Geroellschutt.

Ein PKW haelt an, ein deutscher Gruss schalt uns entgegen, dass Kennzeichen ist rot und aus Islamabad. Eine vierkoepfige Familie, der Mann ist Mitarbeiter der deutschen Vertretung bei der Palaestinensischen Selbstverwaltung in Ramallah. Keine Botschaft, da noch kein Staat existiert, aber immerhin ein Anerkenntnis.

Die Familie laedt uns ein, aber wir wollen nicht mehr zurueck nach Ramallah.

Dann folgen kleine Strandbaeder, vier an der Zahl, empfohlen wurde das letzte. Aber die Preise sind unerschwinglich, weswegen wir weiterfahren und einen Zeltplatz links der Strasse suchen.

Es riecht hier modrig und nach Schwefel. Halten wir an, setzen sich sogleich Muecken auf uns. Wir muessen langsam vorsichtig sein, weil es hier schon Malariafaelle gab.

Ein holpriger Nebenweg fuehrt zum See hin. Zwischen den Bueschen schlagen wir das Zelt auf. Am anderen Ufer liegt Jordanien, die Grenze verlaeuft mitten im Wasser. Alte, verlassene und verfallende Militaerbaracken und ueber uns knatternde Hubschrauber lassen den Ausnahmezustand des Landes auch hier nicht vergessen.

Der Boden ist seltsam weich, wie pappiger Schnee. Auf dem Weg sehen wir grosse Pfotenspuren ohne Krallen. Das war kein Hund oder Schakal, sondern ein Leopard, frisch, tief, vielleicht einen Tag alt. Leoparden gibt es hier seltsamerweise schon seit langem wieder. Sie sind aus Afrika eingewandert und schon in Haifa hatte man uns davon erzaehlt.

Renata hat Angst und tatsaechlich haben Leoparden frueher in Afrika schon oft und viele Menschen getoetet. Wie bei Loewen und Tigern gibt es auch bei ihnen das Phaenomen des Menschenfressers. Die Ursache war meist, dass Menschen in das Jagdgebiet der Tiere eindringen, deren Beute jagen, bzw. verjagen. Oft waren es weibliche Muttertiere, die dann erstmals einen Hirtenjungen toeteten und merken, wie leicht zu jagen und wehrlos Menschen sind und dann von dieser Art Beute nicht mehr ablassen, bis sie erschossen werden.

Aber in Israel hat es noch keinen solchen Fall gegeben und deshalb bin ich nicht beunruhigt.

Wir haben gerade unser Zelt aufgebaut, als vier Soldaten mit Kippas in einem Jeep halten und uns vertreiben. "Sorry, sorry". Nachts wird die Grenze mit Nachtsichtgeraeten abgeflogen und das kann dann ein bleihaltiges Campen werden.

Also brechen wir wieder ab und fahren weiter auf der Strasse Nr. 90 Richtung Sueden. Die Sonne ist schon untergegangen, die Hitze weicht kuehlem Wind. Im letzten Tageslicht finden wir rechts der Strasse ein Wadi und bauen auf. Rechts von uns liegen die Hoehlen von Qumran, in denen 1947 ein Hirtenjunge Schriftrollen fand. Mittlerweile wurden hier ueber 800 Rollen entdeckt, die aus dem 1. Jahrhundert v.C. bis ins 1. Jh.n.C. reichen. Sie umfassen fast das komplette Alte Testament und wurden von den Essenern, einer juedischen Sekte, geschrieben und vor deren Vernichtung durch die Roemer 68 n.C. in den Hoehlen versteckt und vergessen. Seltsamerweise ist Jesus in den Texten nicht erwaehnt.

Als es dunkel ist, hoeren wir aus dem Berghang ueber uns ein Leopardenmaennchen roehren. Es ist Brunftzeit und die Kater rufen in die Nacht. Renata mag nicht vor dem Zelt zu Abend essen. Kari ignoriert das heisere Bruellen, erst als die Schakale anheben, bellt sie mit. Weil der Wind von den Bergen kommt, kann uns die Grosskatze nicht wittern, aber jetzt hat sie uns sicher gehoert.

Im steinigen Boden halten die Haken nicht und wir benutzen schwere Steine um sie zu verkeilen, denn der Abendwind ist heftig. Unsere neuen Stirnlampen leisten dabei gute Dienste.

Die Nacht ist warm, endlich ist es Sommer. Nur Kari knurrt staendig und bellt, so dass wir immer wieder wach werden (vorwurfsvoller Blick ins Vorzelt).

Geschrieben am 2.4. in Ein Gedi


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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