3/31/2003 Israel / Ein Gedi
In der Oase- oder: Die Wueste lebt
Wir fahren am Ufer des Toten Meers entlang und erreichen eine romantische Oase
(Harald und Renata) Den Zeltabbau koennen wir morgens mit nacktem Oberkoerper durchfuehren- na ja, zumindest ich. Man hat dem Wadi mit Hilfe von Baggern einen neuen Verlauf geformt und neben dem Geroellwall haben wir geschlafen. Die Regenzeit ist seit Wochen vorbei und deshalb ist das Wadi trocken. Bei Gewittern jedoch koennen die schnell abfliessenden Wassermassen aus den steilen Berghaengen zu einer Schlammwalze anwachsen, die alles mit sich reisst. Im Berghang ueber uns sehen wir eine Hoehle, von dort haben wir den Leoparden gehoert. Hier im Naturpark, im unbewohnten Grenzgebiet hat er noch ein Refugium gefunden. Wir fahren weiter Richtung Sueden, nach Eilat. Das Tote Meer ist klein geworden, weil schon dem Hauptzufluss im Norden, dem Jordan, das meiste Wasser entnommen wird und Entsalzungsanlagen zur Trinkwassergewinnung und fuer die Landwirtschaft Israels Unmengen aus dem See entnehmen. Bei 45 Grad Temperatur faellt dessen Wasserstand pro Tag durch Verdunstung um 25 mm! An der Strasse sehen wir an einer Markierung, wie hoch das Wasser vor 90 Jahren stand, schaetzungsweise 80 Meter hoeher als heute. Herrlich sind die vielen Blumen und bluehenden Graeser und Straeucher. Jetzt ist es hier die schoenste Jahreszeit. Wir sehen aber nur wenige Schmetterlinge und Bienen. Dafuer zirpschen uns unbekannte Vogelstimmen ein Guten-Morgen-Lied. Wir strahlen uns an, weil uns die Schoenheit der Natur berauscht und beschwingt. Wir atmen tief durch, um den Druck aus der Brust zu nehmen. Hinter uns liegt all die Politik, liegen der Kummer und das Leid dieses Landes. Hier draussen gibt es kein Fernsehen mehr, keine Nachrichten vom Irakkrieg, der weiter tobt, aber wir haben ihn nicht vor Augen und Ohren. Der Krieg hier geht weiter. Wann werden sich beide Seiten anerkennen und arrangieren, einen gerechten Frieden stiften? Die Strasse geht teilweise in die Berghaenge hinauf, dann folgen steile Abfahrten, bei denen ich samt Haenger und Kari auch mal ueber 60 km/h fahre (ausnahmsweise). Die Huendin ist muede und traege in der Hitze. Wasser ist das Wichtigste, Essen kommt an zweiter Stelle. An einem Checkpoint, der die Grenze zu den palaestinensischen Gebieten markiert, werden wir von froehlichen, jungen Soldaten zu Eiskaffee und zum Mittagessen eingeladen. Hier geht es locker zu, irgendwie am Ende der Welt. Die ersten freundlichen Soldaten in Israel- aber wohl etwas zu locker. Denn eine Beschwerde hat vier Jeeps mit Offizieren herbeigerufen und waehrend wir auf das versprochene Essen warten, wird kontrolliert. Schliesslich bringt man uns das Essen mit einer netten, schriftlichen Widmung nach draussen. Wir fuellen Wasser auf und fahren weiter. Ein Gelaendewagen mit zwei Maennern haelt an, sie sind aus Ein Gedi, dem Kibbuz dort und wollen uns aufladen. Nein danke, ohne Rahmenbruch quaelen wir uns lieber ab. Aber eine Flasche Wasser nehmen wir an. Dann haelt ein Quartett chinesischer Journalisten aus Jerusalem, die auf dem Weg nach Massada sind. Sie wollen unbedingt alle ein Foto mit uns haben. Einer meint, es sei doch komisch, dass es in China so viele Radfahrer gaebe, aber keiner davon solch eine Reise mache. Die Berge sind wie ein Buch der Erdgeschichte- direkt neben uns schauen wir auf die verschiedenen Erdschichten aus Kalkstein, Sand, Lehm und Gneis, es faltet sich wie dicker Teig und die weicheren Schichten broeseln weg, hinterlassen Hoehlen und Ueberhaenge. Zwei Stunden vor Nachteinbruch werfen die Berge schon Schatten auf die Strasse. Wir erreichen Ein Gedi, eine Oase mit grossem Parkplatz und vielen Palmen, ein Ausflugsort, der im Sommer hunderttausende Gaeste hat. Die Durchgangsstrasse ist liebevoll von Mauern, Palmen und Laternen gesaeumt, aber das Wadi, dem die Oase ihr Leben verdankt, hat den Strassenbauern einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nur ein ca. 50 Meter breiter Canyon ist geblieben, wo vor ein paar Wochen noch eine Betonbruecke, Zaeune, Laternen und Asphalt standen. Alles wurde mitgerissen, aus den Betonstuecken unten ragen die Bewaehrungseisen heraus. Das muss ein schreckliches Schauspiel gewesen sein, diese tosenden Wassermassen zu sehen. Jetzt ist alles trocken. Als wir die letzte Steigung hinaufradeln, knackt mein Rahmen und der Lenker, so feste muss ich ziehen, um den Haenger samt Kari hinaufzufahren. In Ein Gedi koennen wir kostenlos zelten, hier gibt es sanitaere Anlagen und im Kibbuz oben einen Supermarkt. Und wir koennen endlich im Meer schwimmen! Hunde sind hier zwar verboten (vorwurfsvoller Blick nach hinten), aber Kari ist nicht der einzige Klaeffer auf dem Gelaende. Hier stehen drei Zelte, ein Lagerfeuer brennt- ein nettes Plaetzchen! In der Nacht haelt uns Kari wach. Sie ist immer noch laeufig und die Rueden lassen nicht locker (vorwurfsvoller Blick). Geschrieben am 2.4. in Ein Gedi
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