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Reisetagebuch

4/1/2003   Aegypten / Kairo

Kairo!

Ein Glueck im Unglueck

(Harald und Renata) Als ich am Morgen mein Rad besteige, um im Kibbuz einzukaufen, knackt der Rahmen lautstark. Und als ich bergab rolle, am Lenker die schweren Plastikflaschen und Einkaeufe in einer Tuete, ruckt es energisch durch den Rahmen, so dass ich erschrocken anhalte und den Rahmen untersuche. Er ist an der Lenkerstange gebrochen -eine schoene Bescherung!

Ich schiebe zurueck und auch Renata weiss mit einem Blick, was das bedeutet. Das Rad ist aus Aluminium und nicht schweissbar. Woher sollen wir jetzt einen neuen Rahmen bekommen? Abgesehen von den Kosten und dem Zeitverlust. Wir muessen nach Jerusalem oder Tel Aviv zurueck, wo wir (vielleicht) einen solchen Rahmen bekommen koennen.

Wir ueberlegen hin und her, aber es ist ein Risiko, wenn ich alleine zurueckfahre, denn wer weiss, wo und wann ein Ersatz verfuegbar ist. Also muessen wir beide zusammenbleiben.

Wir wollen niemanden um Hilfe bitte, alle Bekannten haben schon soviel fuer uns getan.

Also fragen wir bei der Rezeption nach Busverbindungen. Tatsaechlich hat Ein Gedi auch eine Busstation und auf dem Parkplatz steht ein Bus- aber der faehrt nach Eilat. Der naechste Bus nach Jerusalem faehrt erst morgen Mittag.

Der Hausmeister der Anlage hat die Unterhaltung gehoert. Er sagt, der Tankwart an der Strasse wisse, ob man in Eilat Rahmen bekommen koenne. Und so fragen wir dort nach. Der Mittdreissiger ist Hobbyradsportler, Triathlet und in Kairo geboren. Er heisst Lir-Pa und er sagt, wir koennten mit ihm heute, gleich, bis Eilat fahren, denn er fuehre nach Hause, nach Kairo. Als wir ihm erzaehlen, dass wir dort auch noch hinkaemen, laechelt er leicht unglaeubig. Wir bedanken uns und ziehen uns zur Beratung ins Zelt zurueck. Sollen wir unser Prinzip, alles zu erradeln, durchbrechen? Wir brauchen sicher drei Wochen bis Kairo und dann vier Wochen bis zur sudanesischen Grenze und dann ist es Juni und Sommer und bruellend heiss. Einen Monat schneller zu sein, ist eine Option, die wir ja schon seit Jerusalem hin- und hergekegelt haben. Und in Kairo, hat uns Lir-Pa gesagt, gaebe es alles zu kaufen, auch einen Scott-Rahmen.

Nach einer Stunde Diskussion sind wir darin einig, den Sprung nach vorne zu machen.

Lir-Pa scheint hocherfreut, ist er doch total begeistert von unserer Geschichte. Sein Onkel sei beim aegyptischen Fernsehen und er wuerde uns bestimmt interviewen wollen.

Lir-Pas Gelaendewagen ist alt, aber auf der Ladeflaeche ist Platz fuer den Haenger und die Raeder und das Gepaeck. Lir-Pa hat zu Hause angerufen und uns angekuendigt und sagt uns auf Englisch, wir wuerden neugierig erwartet. Die Fahrt soll 6-7 Stunden dauern.

Als wir schliesslich Kari in den Fussraum verstauen wollen, ist Lir-Pa nicht erfreut. So nehme ich den Vierbeiner und setze mich mit ihm auf die Ladeflaeche, auf die weiche Zelttasche, ziehe den Reissverschluss der Windjacke hoch und druecke die Sonnenbrille fest auf die Nase und los gehts.

Der Rahmen ist beim Aufladen endgueltig auseinandergefallen- wenn das bei der Abfahrt passiert waere! Kari haelt die Nase in den Wind, die Berge fliegen an uns vorueber, schon nach ein paar Kilometern weiter ist das Tote Meer zu Ende, wenn auch eine schlammige Ebene die fruehere Groesse markiert.

Wir passieren Massada, Renata lacht mich durchs Heckfenster an, Lir-Pa ist scheinbar ein munterer Erzaehler und gut gelaunt.

Dann fahren wir durchs Jordantal, alles ist gruen und fruchtbar. 25 km hinter den jordanischen Bergen liegt das sagenhafte Petra.

Wie anders ist das Reisen mit dem Auto, alles fliegt vorueber. Wir trinken Unmengen, die trockene Luft und der Fahrtwind zerzausen meine Haare. Nach 1,5 Stunden sind wir in Eilat, einem kleinen Kuestenstaedtchen, jetzt ruhig und fast touristenlos.

Der Grenzuebergang ist Dank unserer Visa kein Problem, fuer Kari will man den Impfausweis sehen und der Haenger wird nach Waffen oder Drogen durchsucht. Wir essen etwas und dann geht es durch die Sinai-Wueste.

Ausser wenigen Lastwagen und ein paar Beduinenzelten samt Herden ist es menschenleer. Die Wueste ist hier weniger gruen, als in Israel, aber die Berge sind grandios. Schluchten, Wadis, Dornenbaeume, Banga-Banga-Baeume und Kipus-Straeucher.

Die gute Strasse erlaubt Lir-Pa ein strammes Tempo. Mir wird der Fahrtwind zuviel und ich ziehe eine Plastikplane ueber mich und Kari, auch mein Ruecken macht sich bemerkbar.

Wir legen zweimal Rast ein, aber Lir-Pa draengt zum Aufbruch. Auch als wir eine Pferdeherde fotografieren wollen, ist er ungehalten. Er will Heim.

Wir passieren einen Hoehenpass, auf den Gipfeln liegt noch Schnee, beinahe haette ich unter der Plane den Anblick verpasst. Ueber der Wuestenebene flirrt die Luft.

Um 16 Uhr sind wir in Suez. Der gewaltige Kanal ist menschengemacht und war schon oft Streitpunkt. Er wird von Militaer bewacht und tief unter uns reihen sich grosse Schiffe aneinander, die den Kanal durchfahren. Wir ueberqueren die Tiefe ueber eine gewaltige rostige Stahlbruecke, eine neue ist gerade im Bau. Das naechste Schild sagt: 126 km bis Kairo.

Der Verkehr ist jetzt lebhaft und laut, an den staubigen Strassen sehen wir Karren und Esel. Alle 20, 30 km folgt ein Checkpoint der Polizei. An der dritten Sperre gibt es Probleme. Ein Hund auf der Ladeflaeche? Nein- das geht nicht. Im Fonds? Zu gefaehrlich, geht auch nicht. Ja- wie bitte denn sonst? Der sonnenbebrillte Griesgram zuckt die Schultern. Unser Problem.

Lir-Pa winkt mich hinter die Ladeflaeche: "Pay him 20 Dollar!" sagt er. Was? "Yes, pay!" Ich habe das noch nie gemacht. Renata nickt. Also gehe ich mit Lir-Pa zu dem Mann, ein paar leise Worte fallen und ich gebe dem Kerl meine Hand, darin der gefaltete Schein.

Das wirkt Wunder- wir werden durchgewunken, der Hund ist schlagartig vergessen. Kari schaut trotzig ueber die Laderampe.

Dann kommen wir in die Aussenbezirke der Stadt, es wird dunkel. Der Laerm wird infernalisch, ein Gehupe und Geschreie, es ist staubig und die Strasse ist schlecht. In einem Vorort haelt der Wagen vor einem weissen Reihenhaus, wir werden erwartet. Ein aelterer Mann in weissem Hemd und seine Frau und sechs Kinder helfen uns beim Abladen. Lir-Pa sagt, er fuehre jetzt nach Hause, dass sei sein Onkel. "Welcome" sagt der, schuettelt uns die Hand.

Lir-Pa zieht mich am Aermel und sagt:"50 Dollar! Give me!" Ich hoere wohl nicht richtig. Doch - "give me!" Das war nicht vereinbart, ich bin sauer. Lir-Pa spricht von Benzin und Buskosten und Verspaetung wegen des Fotografierens und wir haetten doch Geld. Renata bedeutet: 30! Wir verhandeln und einigen uns auf 40 Dollar, die ich dem Kerl zaehneknirschend bezahle.

In einem kuehlen Kellerraum sinken wir todmuede, ich mit wundem Ruecken und Haaren wie ein Igel, auf unsere Schlafmatten.

Wir sind in Kairo!


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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