4/4/2003 Israel / En Boqeq
Ausflug nach Massada
Ich fahre mit Mickey nach Massada
(Harald und Renata) Im Morgengrauen treffe ich eine unternehmungslustige Mickey vor ihrem Hotel. Meine Gepaecktaschen werden in ihrem Kofferraum verstaut und der Haenger bleibt auf dem Hotelparkplatz. Dann gehts los. Von der Strasse aus koennen wir das Zelt sehen, in dem Renata und Kari noch eine Muetze voll Schlaf nehmen. Ueber den Bergen steigt im Morgendunst die Sonne empor und bald wird es heisser. Bei den Steigungen beobachte ich, dass Mickey viel langsamer tritt als ich- ein Fehler, den ich anfaenglich auch gemacht habe. Die Muskel- und Gelenkbelastung bei jedem Tritt ist so viel groesser. Besser, weil schonender, ist eine hohe Trittfrequenz, also das Fahren in niedrigeren Gaengen. Auch schalte ich viel haeufiger als Mickey, um die körperliche und Materialbelastung staendig den Gegebenheiten anzupassen. Nach einer Stunde erreichen wir die Abzweigung nach Massada. Hier dreht Mickey um und ich radle bergauf auf den riesigen Eingangskomplex der Ausgrabungsstaette zu. Massada hat in Israel eine fast mystische Bedeutung. Auf diesem Berg hatte sich Herodes vor etwa 2000 Jahren einen Palast bauen lassen, eine Burgfestung, die auch mir, eingedenk der damaligen militaerischen Moeglichkeiten, uneinnehmbar erscheint, wenn ich diesen Berg vor mir sehe. Am Fusse liegt eine Jugendherberge und ich suche ein Versteck fuer das Rad. Ein blonder, langhaariger junger Mann steht vor mir, mit einem starken Akzent, der mir seltsam vertraut vorkommt. Er erlaubt mir das Unterstellen des Rades im Esssaal, weil die Anlage nicht mehr genutzt wird. Er schenkt mir ein Lunchpaket, das ich gleich draussen auf einer Bank verschnabuliere. Wir unterhalten uns lebhaft- Pieter heisst er ist Suedafrikaner aus der Region Freistaat und bezeichnet sich als „Bure“. Daher der mir so bekannte Akzent mit dem rollenden “R”! Pieter bringt die Dinge auf den Punkt, hat einen klaren Blick fuer die politischen Verhaeltnisse hier. Und er ist einer der vielen Gespraechspartner, die ich hier in Israel hatte, die eine friedliche und rasche Loesung des Palaestinenserproblems anmahnen, aber gleichzeitig nicht an deren Machbarkeit glauben. Nach Entrichtung eines Eintrittgeldes sehe ich mir einen kurzen Film ueber Massada an und erfahre, dass es einen amerikanischen Kinofilm darueber gibt. Dann mache ich mich an die Besteigung des Berges. Es ist fast Mittag und sehr heiss und ich bin der einzige Wahnsinnige, der nach oben steigt, denn es faehrt eine Seilbahn in ein paar Minuten bis auf den Gipfel. Aber ich ziehe den Fussweg vor. 700 Stufen und viele Schraegen spaeter bin ich, 350 Meter ueber der Strasse, oben auf dem Berg. In den Bergflanken verlaufen Wasserrinnen, mit denen die ehemaligen Bewohner Regenwasser auffingen und in riesige, in den Fels geschlagene Zisternen leiteten. Viel ist von der Festung nicht mehr uebrig, die Roemer haben im Jahre 73 n.C. bei der Eroberung ganze Arbeit geleistet- vom Tal aus ist fast nichts von einer Ruine zu erkennen. Aber die Ausgrabungen waren sorgfaeltig und die Beschriftungen und Modelle sind vorbildlich. Nur wenige Touristen sind hier, obwohl diese Jahreszeit ideal ist. Als die Juden sich 66 n.C. erneut gegen Rom auflehnten, schlug das Imperium zurueck und eroberte Jerusalem im Jahre 70, waehrend sich die Trutzburg Massada noch bis zum Jahre 73 halten konnte. Fast 1000 Juden, ueberwiegend Frauen und Kinder, hatten sich hier verschanzt und als die Roemer, nach langer Belagerung, die Burg zu erobern drohten, toeteten sich saemtliche Insassen selbst. (mehr zur Geschichte im zweiten Eintrag) Allein die Ausblicke vom Plateau aus sind die Muehe des Aufstieges wert. Von oben sieht man die Ruinen der ehemaligen Heerlager der Roemer. Gut zu erkennen ist der Verbindungsrundweg entlang einer, den Berg komplett umrundenden, Mauer mit Wehrtuermen. Dahinter liegen die Ebene vor dem Toten Meer, die steilen Berghaenge im Westen und Sueden und die tiefen Wadis. Den fliegenden Voegeln schaue ich auf den Ruecken. Die Anlage schliesst um 15 Uhr und ich bin der letzte Besucher und werde aus dem Gelaende mit einem Buggy aufgefischt. Renata, sagt man mir, warte unten auf mich, mache sich Sorgen. Ich eile bergab. Was bergauf ueber eine Stunde dauerte, ist jetzt eine Sache von 20 Minuten. Mickey und Renata sitzen da mit Pieter und Shawn, seinem Freund beieinander. Sie waehnten, ich sei abgestuerzt oder verdurstet. Nun, wir laden mein Rad ein und fahren im klimatisierten Van zurueck. Im Hotelzimmer von Itschak und Mickey koennen wir duschen und in der exklusiven Lobby spielt ein Klavierspieler "Ballade pour Adlaine", waehrend wir einen milchschaumigen Kaffee geniessen. Leider ist Renatas Hinterrad platt und durch das Schieben samt Gepaeck endgueltig gebrochen. Umschwaermt von gierigen Moskitos und unter den interessierten Augen Mickeys, wechsle ich Mantel und Schlauch aus und lege zusätzlich das Schutzband ein. Dann nehmen wir Abschied von dem netten Paar und zelten erneut auf der Baustelle. Leider werden wir um 2 Uhr unsanft geweckt. Technomusik wummert aus einem Auto, mehrere Jugendliche wollen die Nacht zum Tage machen. Ich versuche sie zu einem Umzug zu bewegen, letztlich vergeblich. Sie haben das gleiche Recht hier zu sein, wie wir. Nach einer halben Stunde gehen wir Drei gemeinsam zu der Gruppe. Der Wortfuehrer scheint angetrunken, ist aggressiv, fasst mich an, ich schuettle ihn ab. Bitten nutzen nichts. Renata sagt dem Burschen, er sei angetrunken und wir wuerden die Polizei holen, falls sie nicht ein paar Meter weiter fuehren und uns in Ruhe liessen. Das wirkt, sie ziehen ab und wir haben eine kurze, aber fuer deren Rest, ruhige Nacht. Geschrieben am 8.4. in Tamar/Ir Ovot
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