4/4/2003 Israel / En Boqeq
Die Geschichte Massadas
Ein Rückblick durch zwei Jahrtausende
(Harald) Die Geschichte Massadas fasziniert durch ihr gewaltsames und spektakulaeres Ende vor fast 2000 Jahren und die genauere Kenntnis ueber dieses Ende verdanken wir einem Geschichtsschreiber namens Josephus Flavius, eigentlich, da Jude, Josef Ben-Matityahi. Urspruenglich einer der Anfuehrer des grossen Aufstandes der Juden gegen die roemische Fremdherrschaft im Jahre 66 nach Christus, ergab er sich diesen alsbald und berichtete danach von der Unterdrueckung des Aufstandes. Flavius war nicht selbst bei Massada, als die Roemer die Festung belagerten und manche Historiker bezweifeln die Dramatik seiner Schilderungen. Massada liegt auf einem Felsplateau, 440 Meter ueber dem Toten Meer. Der Berg ist ringsum von Wadis umgeben, somit voellig isoliert, die Haenge sind schroff und steil. Die Ebene oben ist 650 mal 300 Meter gross und weil das Klima vor 2000 Jahren deutlich milder war als heute und man durch ausgekluegelte Stausysteme genug Wasser gewann, konnte auf dieser Hochebene, inmitten der Festung, auch Agraranbau betrieben werden, was wiederum z.T. erklaert, wieso die Roemer die Feste nicht aushungern konnten. Waehrend der Hasmonaeer-Zeit, etwa um 100 vor Christus, wurde in Massada erstmals gebaut. Aber erst Herodes, der Koenig der Juden, baut Massada bis zum Jahre 30 v.C. zu einem Schutzpalast aus. Herodes regierte von Roms Gnaden, nachdem 63 v.C. Israel und Jerusalem durch die Römer erobert worden waren. Als Herodes starb, nutzten die Roemer die Bergfestung als Garnison. Im Jahre 66 n.C. begann der vorletzte Aufstand gegen die Roemer und Massada wurde von den Sikariern, einer extremen Gruppe der Zeloten, einer paramilitaerischen Widerstandsbewegung, erobert. Vier Jahre lang flohen Zeloten und die ebenfalls unbeugsamen Essener aus dem nahen Qumran, auf den Berg. Sie bauten eine Synagoge, Ritualbaeder und errichteten oeffentliche Bauten und bezogen in den Palastraeumen Quartier- letztlich seien es 967 Menschen gewesen. Erst drei Jahre nach der Eroberung Jerusalems kam das roemische Heer unter Flavius Silva nach Massada, um die Bergfestung zu erobern. Er befehligte die 10. Legion mit zusaetzlichen Hilfskraeften (ca. 10.000 bis 15.000 Mann) und brachte tausende juedischer Gefangener als Sklaven mit. Silva liess 8 Heerlager rings um den Berg und eine Mauer mit Signal- und Aussichtstuermen errichten. Ein direkter Angriff auf die Kasemattenmauer der Feste, z.B. ueber den schmalen Fussweg im Osten, war unmoeglich und auszehren liessen sich die Belagerten auch nicht, denn in Voraussicht der Ereignisse waren die riesigen Lebensmittellager gefuellt worden, der Getreide- und Gemüseanbau wurde fortgesetzt und man hielt Tiere, u.a. Tauben, die zahlreichen Zisternen waren mit 40.000 Kubikmetern Wasser gefuellt und in Massada lagerten Waffen fuer tausende Krieger. Ein Untergraben der Feste haette zwar eine Bresche in der Kasematte geschaffen, aber nichts an der Steilheit der Haenge geaendert. Deshalb liess Silva auf der Westseite im Laufe von Monaten eine Erdrampe aufschuetten und einen hoelzernen Turm bauen, der dann im April 73 n.C. die Rampe emporgezogen wurde. In der untersten von drei Ebenen des Turmes befand sich ein widderkoepfiger Rammbock an Seilen, mit dem das hoelzerne Tor aufgestossen werden sollte. Um dies zu verhindern rissen die Belagerten saemtliche Balken aus den Decken der Palastanlagen und schuetteten einen Wall aus Holz und Steinen vor dem Tor auf, gegen den der Rammbock nutzlos war. Silva liess den Holzstoss entflammen, verschob den Durchbruch dann aber auf den naechsten Morgen. Die belagerten Juden wussten, dass ihr Ende gekommen war. Angesichts von Sklaverei und Schaendung und der Schmach der Verlierer, bewegte sie ihr Anfuehrer Elasar Ben-Jair zu einem Massenselbstmord, der, nach der gängigsten Version, wie folgt ablief: Die Männer erschlugen und erstachen zunächst die eigene Frau und die Kinder. Durch Los wurden zehn Maenner bestimmt, die die anderen Männer töteten, dann bestimmte ein Los einen, der die anderen neun toetete und dann sich selbst. Als die Roemer am anderen Tag, dem 2. Mai, durchbrachen, bot sich ihnen ein Bild des Grauens. Nur zwei Frauen und fuenf Kinder ueberlebten das Gemetzel. Dieser “heroische Freitod”, diese schauerliche Geschichte, blieb Stoff fuer viele Erzaehlversionen und Filme und noch heute ist sie Symbol fuer juedischen Freiheitswillen. Auf Massada werden Rekruten einiger Einheiten des israelischen Militaers mit den Worten vereidigt: “ Massada wird nie wieder fallen…” Nach der Eroberung nutzten die Roemer den Berg kurze Zeit als Garnison, dann blieb er sich jahrhundertelang selbst ueberlassen. Im 5. bis 6. Jahrhundert bauten byzantinische Moenche eine kleine Kirche hier, aber danach verfielen die Ruinen weiter bis zur Wiederentdeckung und Identifizierung im Jahre 1838. In den Ruinen fanden sich bei späteren Ausgrabungen 25 Skelette aus der Belagerungszeit und Tonscherben, die man als Lose meint identifiziert zu haben. 11 davon, an einer Stelle versammelt gefunden, weisen u.a. den Namen des Anfuehrers Ben-Jair auf und sollen die Lose sein, mit denen die Buerde des Massentoetens vergeben wurde. In den Ruinen finden sich, dank der Tatsache, dass Massada nie mehr wirklich bewohnt wurde, gut erhaltene originale Wandmalereien und feinste Mosaike. Gut erhalten sind auch die Baeder des Koenigs und der oeffentliche Badepool. Fuer die Besichtigung, fuer das Geniessen der herrlichen Aussichten und der Ruhe hier oben, braucht man einen ganzen Tag. Geschrieben am 9.4. in Tamra/Ir Ovot
|