4/21/2003 Israel / Eilat
Petra / 2. Teil
Zweiter Teil
(Harald und Renata) Die vor uns liegenden Ruinen liegen in etwa 1000 Metern Hoehe in den Bergen, nahe der israelischen Grenze, in einem tiefen Tal versteckt. Petra bedeutet im Griechischen Fels und war die Hauptstadt der Nabataeer, einem Wuestenvolk, das sich zunaechst um 300 v.C. erst raeuberisch, spaeter als Handelsvolk betaetigte. Der Handel mit Myrrhe und Weihrauch, sowie die Lage als Zwischenstation auf dem Weg nach Indien und China, machten Petra bald reich. Die Nabataeer schufen einen Staat ohne eigentliche Grenzen, Steuern, soziale Unruhen, Krieg und mit nur wenigen Sklaven. Man machte buisness, assimilierte sich lieber, statt zu unterwerfen und beschwichtigte Eroberer durch grosszuegige Abgaben. So auch die Roemer 63 und 25 v.C., die erst 106 n.C. die Provinz Arabia ausriefen. Das Handelsmonopol verfiel nach und nach durch den Aufstieg Palmyras (unsere Leser erinnern sich?) und das Eindringen von Nomadenstaemmen. Im 7. Jhdt. zerfiel das Reich endgueltig im Zuge der islamischen Eroberungen. Die Ruinenstaette wurde 1812 wiederentdeckt und erst 1924 begann man mit Ausgrabungen. Jetzt sind ueber 800 Denkmaeler verzeichnet. Wir lehnen die zahlreichen Angebote fuer Pferde- und Kamelritte, Kutschenfahrten und Fuehrungen ab. Die Preise sind unglaublich. So soll ein Kamelritt lt. offizieller Preisliste fuer zwei Personen 60 Euro kosten. Der einzige Zugang zum Tal fuehrt auf einen breiten Weg, vorbei an Felsengraebern, die den lykischen in der Tuerkei aehnlich sehen und an Grabtuerme, wie in Palmyra. Hier sind die aus den Felsen geschlagenen Vorbauten jedoch wesentlich groesser und praechtiger, wohl auch, weil der weiche Sandstein leichter zu bearbeiten war. Es gibt Obelisken, Versammlungsraeume, Verehrungsstaetten- alles tief in den Fels geschlagen. Die vorgesetzten Mauern und Tueren sind nicht erhalten. Der Weg windet sich weiter abwaerts und fuehrt in eine enge Schlucht, Siq genannt, die den Hauptzugang zur eigentlichen Stadt bildete. Schon vor 2000 Jahren hatten die Nabataeer eine Damm gebaut, der den Eingang des Siq vor den Fluten der Regenzeit schuetzte und einen Tunnel, der das Wasser ableitete. 1968 ertranken hier in einer Sturzflut 28 Menschen und man errichtete ein neues Wehr nach antikem Vorbild und nutzt den alten Tunnel erneut. Die Schlucht sieht aus, wie ein Canyon, ist aber das Ergebnis einer Verwerfung und nachfolgender Erosion. Stellenweise ueber 70 Meter tief und nur 2 Meter breit, ehemals mit Pflastersteinen ausgelegt, die z.T. freigelgt wurden, bietet die Enge ein einmaliges Bild von verschiedenfarbenen Gesteinsschichten, die wellenfoermig die Senkrechten und Uberhaenge durchziehen. Solch eine Farbenpracht haben wir noch nie in Felsen gesehen: weiss, beige, zitronengelb(!) und blau(!), ocker, Rottoene, gruen und schwarz. Die Nabataeer schufen ein ausgekluegeltes System der Wasserfuehrung, das ablaufendes Regenwasser und das der einzigen Quelle der Stadt leitete. Hier im Siq wurde eine Rinne in den Fels geschlagen, teilweise verlaufen zwei Wasserkanaele beidseitig entlang des Weges, auch Tonroehren wurden verwendet. Wir sehen Wasserbecken und in den Fels geschlagene Nischen fuer Statuen und Ritualhandlungen und Treppenstufen, die auf kleine, hoeher gelegene Ebenen fuehren. Vor unserem geistigen Auge wird das Treiben wieder lebendig. Dichtgedraengt, laermend schieben sich die bemaentelten Menschen hier durch, Kamele schaukeln ihre Lasten dazwischen und Karren rumpeln auf dem ausgefahrenen Pflaster. An den Betstaetten werden kleine Opfer dargebracht und der Duft von Weihrauch zieht durch den Siq. Nach ueber einem Kilometer Schlucht traut man seinen Augen nicht: Die Enge ist hier nur wenige Meter breit und dunkel und im Sonnenschein leuchtet da eine riesige Fassade aus hellem Stein im Sonnelicht- Khazne Faraun, das sog. Schatzhaus des Pharao. 40 Meter hoch, sehr gut erhalten. Wahrscheinlich ein koenigliches Grabmahl. Die Waende der drei Raeume sind so bunt, dass man nicht glauben mag, dass sie mal zusaetzlich verputzt, bemeisselt und bemalt waren. Der Weg erreicht die eigentliche Stadt, ein Tal, dem man sein ehemals quirliges eben nicht mehr ansieht, denn fleissige Haende haben vollendet, was natuerlicher Verfall nicht vermochte. Heute steht kein einziges Gebaeude, keine Fassade mehr. Aber ueberall sieht man die Wohnhoehlen und am Berghang rechts oben die herrlichen und verschiedenen Fassaden der Felsengraeber, Koenigswand genannt, fuer deren Besichtigung wir ebensowenig Zeit haben, wie fuer die Erkundung der Seitentaeler mit ihren hochgelegenen Opferstaetten. Ein paar Japaner lassen sich steif auf kleinen Eselchen herumreiten, ein paar Amerikaner fachsimpeln mit Beduinen, ansonsten ist es menschenleer, waeren da nicht die Beduinen. Vor der Intifada, vor den Unruhen in Maan und dem Irak-Krieg kamen etwa 1500 Touristen pro Tag hierher, ein Besichtigungsrummel, der uns erspart bleibt. Aber die dunkelbraun-haeutigen Beduinen, die bis 1985 noch in den Hoehlen lebten, koennen einem leid tun, angesichts dieser Lage. In Jordanien betraegt die offizielle Arbeitslosigkeit uebrigens etwa 30 %. Der Weg fuehrt uns am Marktplatz vorbei, wo ein paar Saeulen wieder aufgestellt wurden. Tafeln erklaeren und zeigen frueheren Zweck und einstige Form der Gebaeude. Hier lagen Baeder, Tempel, Geschaefte und Markthallen. Uns werden hier wiederholt richtig-schoen-falsche Tonscherben und Muenzen angeboten. Wir besteigen ueber 819 Stufen einen Berg, auf dessen Gipfel wir, kurios in dieser Abgelegeheit, Tee mit einem Haendler trinken. Wir treffen hier eine Familie aus Koeln, die sich in Afrika gut auskennt und uns dringend zur Malariavorsorge raet. Die grossartige Aussicht geht hier oben bis zur israelischen Grenze. Hier oben steht der groesste Felsentempel der Stadt, ed-Deir 50x45 Meter gross. Auf dem Rueckweg versucht uns ein Beduine seine Kamele zum Reiten anzubieten. Verzweifelt handelt er sich selbst von 35 Dinare(ca. 55 Euro) auf schliesslich 8 Dinare herunter. Aber wir sind gut zu Fuss und nach anderthalb Stunden sind wir wieder am Ausgang, nehmen unser Gepaeck und haben nun die Wahl, wieder ein Taxi, oder erst morgen frueh einen Bus zu nehmen. Als der Preis hart verhandelt ist, ist uns die schnellere Wiederkehr zu Kari den Mehrpreis wert. Im Ort kaufen wir etwas Kuchen und Bananen und dann geht es durch die Nacht, in halsbrecherischer Fahrt, u.a. durch eine kilometerlange, gesperrte Baustelle, zurueck nach Aqaba, zur Grenze. Es ist halb zehn und wir haben Glueck, denn die Grenze schliesst jetzt. Die Jordanier kassieren eine Ausreisesteuer und dann kommt der Moment, den wir befuerchtet haben: die israelische Passkontrolle. Offensichtlich hat man uns aber nicht im Computer vorgemerkt, denn die Fragen sind die gleichen: Sie waren in Syrien? etc.p.p. Wir luegen diesmal, wir haetten niemanden kennengelernt, keine Adressen, keine Freunde, nur durchgefahren. Das macht die Sache einfach und wir schleppen alsbald unsere Habe, immer noch in die Schlafsaecke gehuellt, obwohl es hier etwas waermer ist, zur Hauptstrasse hoch, dann bis ins Industriegebiet. Es ist schon gegen Mitternacht, als wir vor dem Tor der Tierpension stehen und dort niemand oeffnet. Wir notieren von einem Firmenwagen die Telefonnummer und suchen in den umliegenden Betrieben jemanden, uns einen Anruf gestattet. Und tatsaechlich wird uns eine sich vor Freude windende Kari herausgegeben, mit der wir bis vor das Gelaende laufen und im heftigen Wind auf einem Baugelaende unser Zelt aufschlagen. Was fuer ein Tag! Morgens noch im Wadi Rum, mittags in Petra und abends in Eilat. geschrieben am 24.4. in Eilat
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