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Reisetagebuch

5/3/2003   Aegypten / Wadi Marra

Jagdhund / Beduinenzuhause

Die Wueste, der Sandsturm, der Regen und die tote Ziege

(Harald und Renata) Mann, mann mann- was fuer ein Blick, wenn ich aus dem Zelt schaue! Unbezahlbar und kostenlos.

Ich besteige die Bergkuppe rechts der Strasse mit Kari und kann so auch die andere Seite der Bergkette sehen. Hier sind wir Zwei alleine, nur ein paar Tristram-Stare zwitschern und der Wind rauscht sanft durch die Felsen.

Der Hang ist leider voller Abfall und hier oben sind die Muelltonnen leer. An den schoensten Punkten...

Erst gegen acht Uhr kommen die ersten Beduinen zu Fuss durch das Tal und den Berg hinauf, um ihre Waren feilzubieten. Und waehrend wir das Zelt abbauen, halten die ersten Touristenbusse und Landrover. Wir werden gefilmt und fotografiert, u.a. von Deutschen. Aber fuer einen Plausch sind wir angesichts der gaffenden Massen nicht aufgelegt. Wir fluechten foermlich, mit 50 km/h geht es bergab.

Bei den Steigungen genuegt mittlerweile ein leiser Hinweis an Kari und sie geht in den Haenger und kommt heraus- Teamwork perfekt.

Ueberall stehen Kamele und barfuessige Beduinenkinder eilen zur Strasse, um die Aliens von Nahem zu sehen. Es fliegen keine Steine, obwohl das lachende Erstaunen hier genauso gross ist, wie in Syrien und Jordanien. Jetzt traegt die Huendin ja auch noch das weisse Leibchen und sieht wirklich witzig aus. Wenn sie relaxt im Haenger sitzt und die Laeufe ueber der Bordkante baumeln, koennen wir Kari foermlich lachen hoeren- was fuer ein Abenteuer! Ein Hund reist durch fuenf Laender, mehr als 3000 km.

Um 11 Uhr wird die Hitze unertraeglich, da kommt ein Beduinenrastplatz gerade recht. Wir lassen die Raeder an der Strasse stehen und fluechten unter die Palmwedel, lehnen uns an eine Mauer. Hier lebt eine Familie mit neun Kindern, der Aelteste spricht etwas Englisch und bringt uns Tee und seine verschleierte, schwarz-gekleidete Mutter Fladenbrot. Leider knirscht eine unerbetene Sandbeilage gewaltig zwischen den Zaehnen.

Die aelteren Kinder haben bereits braune, faulige Zaehne wie die Erwachsenen. Man verkauft uns die restlichen fuenf Flaschen Wasser und wir erstehen eine sandfarbene Steinkugel, die aufgebrochen wurde und innen weisse Kristalle zeigt.

Um das Camp wurde ein Stacheldraht in Kopfhoehe gezogen, in den wir beinahe hineingelaufen waeren. Er haelt die Kamele von den muehsam bewaesserten Pflanzen ab. Hinge er niedriger, die Tiere wuerden daruebersteigen, hing er hoeher, schluepften sie darunter durch.

Der Vater heisst Fraitsch, ist 41 Jahre alt und organisiert Kameltouren durch die Wueste von Dahab aus, dem naechsten Kuestenort.(www.desert-divers.com)

Um 14 Uhr fahren wir weiter. Es sind Wolken aufgezogen, wir haben Glueck mit dem Wetter und Rueckenwind.

Durch die Berge ziehen sich schwarze Adern aus Basalt, Zeugen der vulkanischen Taetigkeit im Erdaltertum, dem Kambrium. Die Sinai ist eines der aeltesten Gebirge der Welt.

Glauben wir uns alleine in der Wueste, so kommt von irgendwoher ein Beduine daher, zu Fuss oder auf einem Kamel. Die weissen Toyota- und Chevrolet-Pick-Ups sind ihre schnelleren Fortbewegungsmittel. Sie tragen rot-weisse und lilafarbene Kopftuecher, die Schmaachs, die sie auf individuelle Weise um den Kopf werfen.

In einem riesigen Wadi ziehen Regenwolken auf, Donner hallt, wir sehen die Regenschleier und wollen das kuehle Nass nicht verpassen und fahren schneller. Ein kurzer Stop um zu trinken, hinter uns bellt es. Wir drehen uns erstaunt um- Kari ist blitzeschnelle und unbemerkt aus dem Haenger gesprungen und jagt eine kleine Herde schwarzer Ziegen. Ich scherze ueber den unerschrockenen "Jagd- und Huetehund", Renatas Rufe verhallen unbeachtet.

Aber dann trauen wir unseren Augen nicht! Kari hat ein Zicklein von der Herde getrennt und sich darin verbissen, die Ziege schreit jaemmerlich, Renata schreit, rennt los, ich hinterher, wir bruellen, Renata wirft Steine, hat als Erste die ca. 200 Meter Distanz ueberwunden, zieht Kari am Kragen weg von ihrem Opfer, dreht sich zu mir um, Kari packt die Ziege erneut, Renata schaut in das Weisse von Karis wilden Augen, ein Bullterriergesicht sieht sie an, weicht nicht, Renata hat Angst, ich komme hinzu, packe den Hund am Kragen, die Ziege faellt zu Boden, Kari rennt weg, hinter der fluechtenden Herde her, wir schauen entsetzt auf das offensichtlich sterbende, zuckende Zicklein, Kari bellt auf der anderen Strassenseite, greift die zweite Ziege an, ich renne los, bruelle, wieder 300 Meter, aber rechtzeitig, die Ziegen fluechten mir entgegen, ich werfe Steine, Karis weisses Hemd haengt in Fetzen, ich hocke am Boden, atemlos, fassungslos.

Renata schleppt die tote Ziege an die Strasse, Blut rinnt ihr aus dem Ruecken. Mit einem Biss hat Kari sie getoetet, binnen weniger Sekunden, der Rest war Sterben.

Ich gehe zu den Raedern, denn ich muss Geld holen und den Beduinen den Schaden bezahlen. Kari ist in den Haenger gefluechtet. Ich packe sie am Kragen, ziehe sie heraus und schlage sie einmal auf die Keule. Das darf nicht wieder passieren!

Eine Beduinin kommt, hat aber nichts von alledem mitbekommen. Wir zeigen ihr das tote Tier, sie fordert 200 Pfund, rund 40 Euro. Aber eine Ziege kostet hier nur 30 Pfund und wir wollen sie ja nicht kaufen. Wir geben ihr 100 Pfund und fahren weiter. Nach ein paar hundert Metern habe ich mich beruhigt und muss mich mit unserem Hund richtiggehend versoehnen. Sie ist ein Jagdhund, dass wissen wir, es ist ihre Natur, nichts Falsches oder Boeses, sie braucht frisches Fleisch, nicht staendig das Trockenfutter aus IrOvot. Aber zukuenftig koennen wir sie nicht mehr einfach umherlaufen lassen.

Zu dem duesteren, inneren Szenario passend, faengt es an zu regnen, dicke, aber wenige Tropfen fallen und ein heftiger Sandsturm zieht auf, der Sand prasselt schmerzhaft ins Gesicht, so dass wir uns abwenden und abwarten.

Dann schieben wir weiter, um aus dieser Zone heraus zu kommen. Die Strasse folgt dem Wadi weiter bergauf. Neben der Strasse sehen wir ein Kriechgewaechs mit kleinen, gruenen, runden, melonenartigen Fruechten voller saftigem Fleisch und Kernen.

Die Gedanken kreisen oft ums Wasser: Wieviel haben wir noch, wie lange wird es reichen? Das Wasser in den beiden Aluminiumflaschen an Renatas Rad schmeckt nach Metall.

Hinter dem naechsten Kamm im dahinterliegenden Wadi folgen wir der Einladung eines Beduinen zum Tee und bitten darum, das Zelt aufschlagen zu duerfen.

Wir sitzen in der Abendkuehle auf einem Teppich hinter einer schattenspendenden Mauer, essen Ziegenkaese mit Olivenoel und (hier sandfreiem) Fladenbrot.

Dann bauen wir das Zelt auf und erst spaet, in der Dunkelheit, gibt es Foul, weisse Bohnen mit Tomaten. Wir sitzen mit dem Ehepaar, seinem Kind und der Schwester mit Kind und der Mutter um die Schuesseln herum. Dann gibt es noch Tee und wir schluepfen muede und gluecklich, wenn auch seltsam beruehrt wegen Kari, in unser Zelt.

geschrieben am 6.5. in St. Catherine


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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