5/10/2003 Aegypten / St. Catherine
In den Bergen / Harald
Eine Bergwanderung mit Pierre und David
(Harald) Ich fahre fruehmorgens die zwei Kilometer in den Ort und zum Camp Sheik Musa. Nachdem wir mit dem Sohn des Sheiks Tee getrunken haben, brechen wir zu unserer Bergtour auf. Die Sonne brezelt vom wolkenlosen Himmel herab, aber hier, in 1400 m Hoehe, ist es trotzdem auszuhalten, zudem weht staendig ein kuehler Wind. Wir steuern eine Schlucht direkt hinter dem Ort an. Die Berge ragen hier steil und ca. 500 m empor. In der Schlucht liegen mehrere Gaerten, die von Mauern und Zaeunen umgeben sind und z.T. der griechischen Kirche gehoeren. Hier stehen kleine Kapellen, Beduinen treiben ihre Kamele ueber die schmalen Pfade, in den Haengen meckern kleine Ziegenherden. Wir biegen rechts in eine noch engere und steilere Schlucht ab, es geht ueber Stock und Stein. David ist voellig ausser Atem. Der 41-jaehrige fastet seit fuenf Tagen und hat Kreislaufprobleme, waehrend Pierre, der bereits laenger fastet und dies noch vier Wochen lang fortsetzen moechte, schnell wie eine Bergziege die Felsbrocken aufwaerts klimmt. Wir finden ihn im Schatten an die Felsen gelehnt gegenueber einem grossen Hoehleneingang. Der Zugang ist abgesperrt, aber David laesst es sich nicht nehmen und turnt hinein. Hier oben entlockt die abgelegene, ruhe Atmosphaere den Beiden all ihre Spiritualitaet. Beide sind sehr glaeubige Christen und alles um sie herum hat Sinn und Bestimmung, Gott ist ihnen allgegenwaertig, bestimmt ihr Denken und Handeln. Da ich mich stets der Muehe unterziehe, ihre Erklaerungen in mein Weltbild zu "uebersetzen", komme ich prima damit klar und ein wenig Mystik zu empfinden, faellt hier oben leicht. Angesichts Davids Problemen macht es keinen Sinn weiter bergauf zu steigen, weshalb wir wieder in die Hauptschlucht hinuntergehen und dann dem Kamelpfad Richtung Mount Musa folgen. David ist ueberzeugt, dass Moses seinerzeit diesen Weg auf den Berg gewaehlt hat, waehrend ich bezweifle, ob man ueberhaupt wissen kann, auf welchen Berg Moses ging, denn erst im 4. Jahrhundert n.C. siedelten hier die ersten Eremiten an und erklaerten diesen Berg somit zu DEM Berg, etwa 1600 Jahre nach den tatsaechlichen Geschehnissen. Der legendaere Dornbusch duerfte da bereits den Weg alles Irdischen gegangen sein und konnte somit zur Ortsbestimmung auch nicht mehr herhalten. David erzaehlt von seiner Zeit in Israel, davon, wie grob die Leute mit ihm umgegangen seien und das er sich dort nicht wohlgefeuhlt habe. Der Schweizer, den wir im Camp kennengelernt haben, erzaehlte ganz aehnliches, aber auch davon, was uns begegnet ist: hat man privaten Kontakt, begegnet einem Herzlichkeit und Gastfreundschaft wie bei Lea und Ahron. Ganz anders empfindet David bei den Beduinen, hier fuehlt er sich zuhause. Wir steigen ueber einen Kamm am Fusse des Musa-Berges und gehen eine lange, flache Schlucht bergab. Ueber uns kreisen Raben, vereinzelt stehen kleine Baeume und Buesche dort, wo sich Rinnwasser laenger haelt und viel Schatten herrscht. Pierre hat eine praechtige Ausgabe der seltenen Sinai-Agame gesehen, einer endemischen Art, ein Maennchen mit blauem Kopf und roter Kehle, aber wir finden zumindest mehrere, kleinere Ausgaben, allerdings ohne diese Farbenpracht und Pierre und ich fangen eine Stachelagame, ein grosses Tier, dessen aufgesperrtem Maul man besser fernbleibt. Die Beduinen haben die z.T. riesigen Felsbrocken baulich genutzt und wo immer moeglich, mit Lehm und Steinen kleine Unterstaende unter die Bloecke gebaut. Wir erreichen einen herrlichen Aussichtspunkt ueber dem grossen Wadi, der in den Ort muendet. Unter uns liegt das Fox-Camp, stehen Ruinen von Beduinenbehausungen. In einem groben Geroellfeld ueber uns schnuert ein Fuchs, ein grosses Tier mit langer Rute, braun-beige mit schwarzem Oberhaar, neugierig aber vorsichtig. Nach dieser langen und anstrengenden Tour sind wir froh in den Schatten des Camp Musa zurueckzukehren. Ich versuche am Computer zu schreiben, aber heute hat der Virus Davids Computer fast lahmgelegt. Zum ersten Mal bin ich in der Lage bin, jemandem bei seinen Schwierigkeiten am Computer zu helfen, aber das Grundproblem ist unloesbar. Bis in die Nacht hinein basteln wir herum, ohne voran zu kommen. Zum Abschied gibt mir Pierre die Adresse von seinem Vater in Suedafrika, wir sollen dort mal vorbeischauen. Renata hat einen ganz anderen Tag verbracht, den wir aber gemeinsam im Zelt unter der Holzrotunde beschliessen. geschrieben am 19.5.2003
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