5/23/2003 Aegypten / Kairo
Kari in Kairo !
Ankunft in der Hauptstadt
(Harald und Renata) Bis auf ein paar LKWs, die schon vor Sonnenuntergang ueber die Nebenstrasse an unserem Zelt vorbeifuhren, sind uns keine Menschen begegnet. Kari hat in dieser wohl letzten, gemeinsamen Nacht im Zelt zwar ein paar Male versucht, Fuechse und Hunde ausfindig zu machen, aber es hielt sich in Grenzen. Wir fuehlen uns natuerlich sicherer mit dem Hund im Vorzelt, wenn auch dessen Wachsamkeit Menschen geradezu ausschliesst, waehrend alles was vier Beine hat (und uns ueberhaupt nicht stoert), ihren Unmut herausfordert. Dem Tier ist weder sein uebertriebener Respekt vor Menschen abzugewoehnen, noch seine Lust am naechtlichen Bellen mit anderen Hunden, oder seine Abneigung gegenueber Eseln, Kamelen, Pferden und Fuechsen. Wir haben ueberlegt- aber tatsaechlich hat Kari in den sechs Monaten unserer gemeinsamen Reise nicht ein einziges Mal auch nur einen Menschen angebellt oder angeknurrt! Und so soll es auch bleiben, auch wenn das heisst, dass man das Tier eher vor Menschen schuetzen muss, als umgekehrt. Wir haben uns die Entscheidung, den Hund von Kairo aus nach Europe fliegen zu lassen, nicht leicht gemacht. Aber in erster Linie muessen wir einsehen, dass die Huendin schon jetzt, bei ca. 35 Grad am Rande ihrer Belastbarkeit ist. Die 45 und mehr Grad z.B. in Oberaegypten wuerde sie nicht aushalten. Und wir wissen, dass auf uns Strassenabschnitte zukommen, auf denen Fahren nicht moeglich ist, tiefer Sand, kilometerweit, Strecken, auf denen wir die Vorderraeder anheben und das Rad fast tragen muessen, um vorwaerts zu kommen. Mit dem Anhaenger wuerde das einfach nicht gehen. Stattdessen werden wir in Kairo nochmals radikal jedes kleine Gepaeckstueck auf seine Entbehrlichkeit pruefen, um Gewicht zu reduzieren. Wir durchfahren weiterhin Wuestenlandschaft, aber jetzt mehren sich Neubausiedlungen und Fabriken. Es geht weiter leicht bergab, hinunter zum Niltal. Wann wir letztlich die Hauptstadt erreichen, zeigt uns kein Schild an- das erste Mal waehrend unserer Reise. Ueberall stehen jetzt Baeume und Buesche, der Verkehr nimmt zu, Bahnschienen kreuzen die Strasse. Wenn wir uns daran halten, immer abwaerts zu fahren, erreichen wir zwangslaeufig den Nil und damit die City. Polizisten nach dem Weg zu fragen, haben wir laengst aufgegeben, denn weder sprechen sie Englisch (nicht mal die Worte "City, Center, Town" werden verstanden!), noch koennen sie Karten lesen. Selbst Kairo finden sie nicht. Dabei ist gerade Aegyptens Topographie sehr einfach zu begreifen, da es ausserhalb des Nildeltas ja fast nichts gibt und sich die Staedte am Nil wie Perlen auf einer Kette reihen. Die Menschen auf den Strassen sehen auf den ersten Blick sehr unterschiedlich aus. Neben der dunkelbraunen Hautfarbe der Suedsudanesen sehen wir auch hellhaeutige, blonde Menschen. Etwa 50% der Maenner tragen die Gallabija und fast alle Frauen bodenlange Kleider mit grossen Kopftuechern. Das Schmaach der Syrer und Beduinen fehlt hier fast voellig, stattdessen werden alle Arten von Turbanen getragen. Daneben sehen wir dann, vorallem im Zentrum, auch westliche Kleidung, Jeans und Stoffhosen, Lederjacken und viel schickes Schuhwerk, dass von den tausenden Schuhputzern sauber gehalten wird. Fuer umgerechnet etwa 10 Cent holt der Schuhputzer die Schuhe im Cafe ab, legt dem Kunden ein Stueck Pappe unter die Struempfe oder gibt ihm Hausschuhe. Nach 10 Minuten kommen die Schuhe glaenzend zurueck. Am Strassenrand laufen Tee- und Saftverkaeufer mit z.T. abenteuerlichen Kannenaufbauten. Die Kaffeeverkaeufer haben alles um den Bauch gebunden, was sie brauchen und schlagen kleine Messingdeckel scheppernd mit einer Hand aufeinander, um auf sich aufmerksam zu machen. In den Cafes sitzen die Maenner und rauchen Wasserpfeife, trinken Tee mit Minze, lesen Zeitung. Die Innenstadt ist voller hektischem, staendig hupendem Verkehr. Alle fahren zu schnell und chaotisch bis ruecksichtslos. Fuer diese Umstaende scheint erstaunlich wenig zu passieren. Hier gibt es alle Luxusmarken von Autos, Kleidung und Geschaeften, geschniegelt wie in Duesseldorf, Einkaufszentren, viel Glas, Kinos und herrliche, grosse und alte Gebaeude, die ein wenig an Paris erinnern. Die Taxis sind schwarz-weiss und viersitzig, die so vertraueten Minibusse, wie z.B. in Suez, fehlen hier voellig. Ein Taxifahrer laesst nicht locker, unbedingt will er uns zu einem Hotel bringen, die Raeder sollen aufs Dach- was fuer ein Unsinn, mit dem Haenger!-, und er verfolgt uns immer weiter. Wir sagen ihm klipp und klar, dass er kein Geld bekommt, wenn er uns vorausfaehrt, um uns ein Hotel zu zeigen. Er bringt uns zum Talaat-Harb-Square, nahe dem Nil, vergleichbar dem Al-Marsche-Platz in Damaskus. Hier gibt es viele Hotels und Internetcafes, hier pulst die moderne Innenstadt, hier sind wir richtig. Ein nettes Hostel ist zu teuer, ein anderes Hotel ebenfalls. Um die Ecke werden wir fuendig, verhandeln so gekonnt, wie moeglich. Das Doppelzimmer kostet weniger als 5 Euro, Bad/Wc auf dem Flur und keine Klimaanlage, dafuer vier Meter hohe Raeume und ein nostalgisch-morbides Ambiente, samt Gitteraufzug aus dem vorletzten Jahrhundert. Die Raeder bleiben im Flur unten, sind bewacht. Der taxifahrer bekommt dann doch sieben Pfund fuer seine Muehe . Wir bestellen frische Bettwaesche, schliessen die Tuere und machen erstmal ein Nickerchen. Draussen ist es heiss und der Strassenlaerm sickert durch die hohen Scheiben der Balkontuere. Am Abend schreibe ich im Internet und wir checken Mails. Um die Ecke kaufen wir etwas ein, nichts ist hier weit weg. Wir wollen etwa 10 bis 14 Tage bleiben und haben hier viel zu tun. Die Schaltung an meinem Rad ist voellig hinueber, unsere Visa muessen verlaengert werden, Paesse besorgt, Visa fuer Sudan beantragt und Kari muss in einen Flieger verfrachtet werden, denn leider stellt sich heute, bei einem Telefonat heraus, dass Renatas Mutter nun doch nicht nach Kairo kommen kann. Renata kaempft immer noch mit ihrer Krankheit, wenn auch fieberfrei. Um das Antibiotikum wird sie nicht herumkommen. geschrieben am 26.5. in Kairo
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