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Reisetagebuch

5/29/2003   Aegypten / Kairo

Heisser Sand

Eine endlose Taxifahrt - oder: ungewolltes Sightseeing

(Harald und Renata) Wir haben uns ungewollt den hiesigen Tagesablaeufen angepasst: Morgens spaet aufstehen, erst abends warm essen, nachts lange auf der Strasse sitzen. Um 12 Uhr nachts ist hier noch der Teufel los. Die letzte Kinovorstellung beginnt um 12.30 Uhr, viele Geschaefte schliessen erst nach Mitternacht, einige sind durchgehend geoeffnet, der Verkehr erlahmt erst nach 2 Uhr und in den Cafes sitzen die Leute bis tief in die Nacht.

Wir fahren mit dem Taxi Richtung Flughafen, um eine tieraerztliche Bescheinigung fuer Kari zu bekommen, ohne die kein Flug moeglich sei, wie uns der Mann im Reisebuero versichert hat.

Heute ist der Himmel beige-bewoelkt, wie Gewitterwolken verdeckt Sand die Sonne. Und es wird heiss, am Mittag sind es 43 Grad und im Taxi kleben wir wie nasse Lappen an den Sitzen. Kari schaut interessiert aus dem Fenster, man kann ja nie wissen, ob man nicht zu Pfote und alleine zurueckfinden muss...

Die Fahrt dauert verdaechtig lange, wir beginnen das Gefuehl zu haben, der Fahrer drehe Runden. Schliesslich wird es Gewissheit- der alte Taxifahrertrick. Kaum habe ich meinen Stadtplan zusammengefaltet (weil er nur die Innenstadt abdeckt), um eben diesem Trick vorzubeugen, kurven wir herum. Zudem scheint der Fahrer doch nicht zu wissen, wo wir hinwollen. Ich werde zunehmend ungehaltener, nach 45 Minuten reicht es mir- staendig heisst es: da vorne, dort, gleich seien wir da! Schliesslich beginnt der Fahrer sich durchzufragen, muss weit zurueckfahren. Am Ende der Odysse landen wir auf einem Reiterhof, der Doktor ist jedoch nicht anwesend. Aber anrufen koennen wir ihn und leider sagt er uns dann am Telefon, er wuerde fuer Hunde nichts ausstellen und schickt uns weiter zum Tierheim. Den "Tipp" fuer diesen Arzt hatte uns unser Hotelier gegeben.

Im Tierheim muessen wir warten, denn gerade wird ein Hund behandelt und aus vielen Boxen klaefft es, d.h., hier kennt man sich mit Hunden aus.

Der Arzt schaut sich Kari garnicht richtig an, aber weil wir nicht wissen, wie alt sie ist, beguckt er sich Karis Gebiss und er sagt, Kari sei etwa anderthalb Jahre alt. Er erklaert auch, warum er sich so sicher ist, der Mann weiss wirklich Bescheid.

Es geht dann wieder zurueck durch den dichten Verkehr, vorbei an wunderschoenen Moscheen und alten Bauten, an der Zitadelle und an den alten Gassen vorbei, in denen der Suk liegt, der Markt.

Im Hotel sieht mich ein Aegypter mit einer alten Ausgabe des Focus. Er fragt, was denn da ueber die abgebildeten islamistischen Scheichs stehe, die der Al Qaida nahestehen. Der Mann, Mitte dreissig, ganz in weisser Galabija und mit grossem Bart nach Art der strenger Religioesen, hat ein Visum fuer Deutschland und fragt mich, wie man am besten schwarzarbeiten koenne, obwohl er mir zuvor versichert hat, er halte sich immer an die Gesetze, um spaeter auch mal wiederkommen zu koennen. Wenn man die Hoehe der hiesigen Monatsloehne kennt, so verwundert der Wunsch nicht, wenigstens den teuren Flug wieder zu erwirtschaften. Eine Hilfskraft verdient im Monat um die 200 bis 300 Pfund, also zwischen 30 und 45 Euro! Ein Gelernter verdient bis zu 600 Pfund, Spitzenverdienste bei grossen Firmen liegen bei bis zu 4000 Pfund, unter 600 Euro! Solche Traumjobs bekommt man meist nur ueber Beziehungen, Verwandte- Saids Albtraum, wir erinnern uns.

Aus o.a. Gruenden wird klar, warum viele zwei und mehr Jobs haben und das sich gutlaufende Geschaefte jede Menge Beschaeftigte leisten koennen. Und es pfeifen die Spatzen von den Daechern: Wer zahlt schon Steuern? Deshalb habe der Staat auch kaum Geld, erklaeren uns die Maenner im Cafe.

Eine Arbeitslosenhilfe gibt es nicht, die Rente ist laecherlich gering, auch die Sozialhilfe ist niedrig und zeitlich eng begrenzt. Die Familie ist die Stuetze dieses Systems, denn wer in der Familie Arbeit hat, gibt ab und hilft den anderen, nicht nur den Eltern, sondern auch den Geschwistern.

Wir gehen mit Kari wieder zum grossen Platz am Nilufer, dem Midan et-Tahrir, wo sie richtig toben kann. Dort findet sie einen Jungen, der sich richtig in unsere schwarze Schoenheit verliebt, sie sogar auf die Schnauze kuesst und garnicht von ihr lassen kann. Das gibts auch!

Und die Nacht ist ruhiger und kuehler, eine Wohltat fuer uns Drei.

geschrieben am 4.6. in Kairo


 

 


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