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Reisetagebuch

6/24/2003   Aegypten / Oase Bahariya

Oase Osama

Ein denkwuerdiger Ausflug in die Wueste

(Harald und Renata) 23.6. Als wir nachts im Coffeeshop mit Sayed und seinen Bekannten zusammensitzen, sagt sein Kumpel Mohammed, er sei Kairo satt und werde zur Erholung in die Wueste fahren, zur Oase Baharija. Tolle Idee, denke ich, ja, lasst uns das zu viert machen, Mohammed, Sayed und wir, da haben wir Spass. Wir verschieben unsere Abfahrt einfach dafuer. Sayed ist ja Guide fuer diese Touren.

Kurze Zeit spaeter nimmt mich Sayed zur Seite und sagt mir, es sei zu sehr Freund mit mir, um mich uebers Ohr zu hauen: Sein Kumpel habe das nur gesagt, um mich zu genau dieser Reaktion zu veranlassen und wolle kostenlos mitfahren, denn er habe gar kein Geld, um sich zu beteiligen. Tja! Mmh! Wieder mal reingefallen! Diese Kerle sind einfach unglaublich gerissen. Wir haetten bezahlt und nicht gemerkt, dass Mohammed von uns mitfinanziert wird.

Aber Osama will einspringen und auch die von Sayed geforderten 150 Pfund Beteiligung berappen. Er macht zwar einen seltsamen Eindruck, spricht undeutlich und guckt stets glasig, aber zum Spasshaben wird es wohl reichen- denken wir. Weil Osama und sein Kumpel Ushi aber immer so stoned aussehen, sage ich ihm vor aller Ohren, er solle keine Drogen mitnehmen. Entruestet winkt der ab: Klar doch! Sayed besteht auf einer Anzahlung durch Osama, er traut dem jungen Mann nicht.

So beschliessen wir dann am anderen Tag zur Oase zu fahren.

24.6.

Mittags sitzen wir im Coffeeshop, alle sind puenktlich. Aber Osama will nicht alles bezahlen. Aha! Sayed hatte recht. Es wird palavert, immer wieder neue Argumente, andere Zahlen. Sayed wird immer ungehaltener. Schliesslich zahlt Osama den Rest- aber die Fahrtkosten fuer den Hin- und Rueckbus will er nicht uebernehmen. Seltsamerweise hat Osama eine Schutzweste fuers Jetskiing mitgebracht. Auf unsere lachende Nachfrage, wo er denn in der Wueste Wellenreiten wolle, erklaert er ernsthaft, man koenne nie wissen. Der Typ ist wirklich nicht ganz dicht.

Sayed schnappt sich Osamas Rucksack und zieht mit flinkem Griff Pillenpackungen heraus und behauptet, das seien Drogen, was Osama leugnet- alles Medikamente.

Wieder nimmt mich Sayed zur Seite. Er will Osama nicht mitnehmen, der mache nur Probleme. Stattdessen werde er sich selbst an den Ausflugskosten beteiligen, nur nicht in voller Hoehe. Aber das will ich nicht- wir zahlen nur, was vereinbart war, sage ich.

Also brechen wir samt Osama auf, Sayed recht genervt. Mit dem Taxi geht es zur Minibusstation. Der versprochene, klimatisierte Bus faehrt nur morgens! Sehr schoen, wir wollten ja eigentlich auch morgens gefahren sein! Welcome to Egypt!

Als ich als Letzter mein Gepaeck aus dem Kofferraum des Taxis auslade, deutet der Fahrer mit dick aufgeworfenen Lippen Kuesse an. Ich sehe mich um-rechts, links, hinter mir- keine Frau zu sehen. Wieder fernbusselt mich der Schmutzbuckel. Eigentlich sollte ich ihm fuer diese Ekligkeit eine verpassen. Aber so den Ausflug beginnen?

Dann folgt eine vierstuendige Fahrt durch die Libysche Wueste nach Suedwesten. Osama quasselt wie aufgedreht, zunaechst ganz unterhaltsam, aber dann zunehmend dummes Zeug. Er erzaehlt, dass er waehrend eines Fluges nach London so viel Aerger mit dem Bordpersonal hatte, dass ihn am Rollfeld ein schwer bewaffnetes Polizeikommando festnahm und er drei Monate ihm Gefaengnis in London einsass. Ein Psychologe habe ihm da gesagt, er sei verrueckt und deshalb wurde das Verfahren eingestellt und er nach Aegypten zwangsverfrachtet. Na, herzlichen Glueckwunsch zu diesem Reisegefaehrten!

Sayed versucht mehrfach Osama zu bremsen, aber der ist, jetzt wird es ueberdeutlich, einfach stoned und nicht mehr unter Kontrolle. Als mir Sayed dann sagt, Osama habe es sich wieder anders ueberlegt und wolle zurueck und sein Geld zurueckhaben, bin ich es leid. Er bekommt sein Geld in voller Hoehe- das wars.

Aber jetzt will er wieder mit. Sayed sitzt rechts neben mir, daneben Osama. Ploetzlich stoesst Sayed Osama mit der Stirn an den Kopf, nicht allzu feste, aber er ist kurz vor dem Ausrasten. Als er kurz zur Seite blickt, weil ich ihn festhalte und zu beruhigen suche, stoesst Osama so fest zu, dass Blut fliesst. Der Bus haelt, alle mitreisenden Maenner und ich holen die Beiden auseinander. Osama tobt weiter, fast bekommt er noch Schlaege von einem Vater, neben dessen kleiner Tochter er weiterschimpft. Der Mensch ist ein Freak, unkontrollierbar! Redet davon, seine 30 Lebensjahre seien genug, er koenne abtreten. An der Brust und am Ellbogen traegt er blutige Verbaende. Spaeter erfahren wir, dass dies nicht von einem Autounfall stammt, wie er uns erzaehlte, sondern er seinen besten Freund solange auf die Nerven gefallen sei, bis dieser zugestochen habe und das Osama seinen eigenen Vater vor ein paar Wochen mit einem Messer ins Gesicht geschnitten hat. Und das hat uns weder Mohammed, noch Sayed vorher gesagt.

In der Oase angekommen, versucht mich Osama zu ueberreden, ihn doch mitzunehmen. Als ich nicht nachgebe, droht er mir, ich solle bloss nicht nach Kairo kommen. Waere er nicht verrueckt, haette ich Sayed in diesem Moment nicht erneut gebremst. Osama soll mit dem gleich abfahrenden Bus wieder zurueckfahren.

Sayeds oertlicher Geschaeftspartner ist ein Beduine, der uns mit seinem Toyota-Landcruiser abholt. Entgegen Sayeds Ankuendigung eines tip-toppen Autos faehrt er einen alten Wagen, dem man vertrauen kann, oder auch nicht.

Osama laesst nicht locker, versucht jetzt den Beduinen zu bequatschen. Langsam reicht es mir, er verdirbt uns den Trip. Der Fahrer sagt, ich sei der Boss und haette Nein gesagt. Wir fahren ab, kaufen ein. Als wir weiterfahren, kommt uns Osama entgegen- er hat den Bus abfahren lassen, will mit uns in die Wueste. Kommt nicht in die Tuete!

Wir fahren weiter zu einem Camp. Auf Betonsockeln stehen hier einfache Rundhuetten aus Palmwedeln, statt einer Dusche gibt es eine heisse Quelle, an der die oertlichen Bauarbeiter abends auf bikini-tragende Touristenmaedchen warten. Renata wartet einfach bis in die Nacht und selbst dann stellt sich einer direkt vor uns und glotzt sie unverfroren an, bis ich sauer werde und ihn energisch wegschicke.

Und es faehrt ein Landcruiser vor: Was fuer eine Freude! Osama ist da! Eine Zecke, dieser Kerl. Waere er nicht noch zugeknallter als vorher, ich wuerde lachen.

Renata und ich haben Sayed weitgehend beruhigt, aber Osama labert froehlich weiter, selbst als ich um 3 Uhr schlafen gehe, brabbelt er ohne Atem zu holen.

Spaeter kommt Renata in die Huette, hinter ihr Osama. Wo ich denn seie, in der Huette, ja? Koenne er mal nachsehen? Wo er denn schlafen koenne usw.

Renata kann ihn schliesslich abwimmeln und wir wollen uns richtig ausschlafen.

geschrieben am 30.6. in Kairo


 

 

 


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