7/5/2003 Aegypten / Alexandria
Hoch auf dem schwarzen Wagen
Harald krank / Ausflug nach Alexandria / wir treffen Nina
(Harald und Renata) 4.7. : Am Morgen ist das Fieber gesunken, aber ich bin noch nicht auf dem Damm. Renata trifft Sayed und seine deutsche Freundin Nina, die in Aegypten 10 Tage Urlaub macht. Sie kennen sich schon laenger. Nina faehrt heute nach Alexandria und wir beschliessen mit Sayed, ebenfalls morgen einen Ausflug dorthin zu unternehmen. Renata hat mir vom Gebrauchtzeitschriftenhaendler auf der Strasse alte Stern- und Focusausgaben besorgt, so dass mir die Zeit nicht lang wird. 5.7. : Wir werden von Sayed puenktlich um neun Uhr am Hotel abgeholt und fahren mit dem Taxi zur Minibusstation. Von dort geht es mit dem klimatisierten Grossbus in einer dreieinhalbstuendigen Fahrt Richtung Nordwesten durch das Nildelta nach Alexandria, Aegyptens zweitgroesster Stadt. Die Fahrt fuehrt uns vorbei an riesigen Palmenhainen, endlosen Bewaesserungsgraeben, gruenen Feldern voller Gemuese und Obstgaerten. Dazwischen lange Wuestenetappen. Wir kommen im Zentrum an, dass in seiner Geschaeftigkeit zwar mit Kairo mithalten kann, das aber ein spuerbar anderes Flair hat. Hier ist es etwas kuehler als in Kairo und eine extrem hohe Luftfeuchtigkeit klebt uns sofort die Hemden an die Koerper. Mit einem der vielen, hier gelb/orange-schwarzen Taxis geht es dann zur Kueste. Sayed erklaert, warum die Taxis nicht so verbeult, die Strassen sauberer sind und die Hupen weniger benutzt werden. Hier ist ein Stadtdirektor am Ruder, der sich seit Jahren grosse Muehe gibt, seine Stadt auf Vordermann zu bringen. Die Fahrt fuehrt an der langen Corniche vorbei, dem Mittelmeerufer. Acht Fahrspuren breit (an deren Verlauf sich aber auch hier kein Mensch haelt), mit gusseisernen, antik anmutenden Laternen gesaeumt, fuehrt diese Stadtrennbahn zehn Kilometer lang an haesslichen Hochhaeuser vorbei, manche Fassade verfallen, durch die salzhaltige und feuchte Luft. Wir suchen am Suedende der Corniche ein Apartment, dass lt. Sayed billiger ist als ein Hotel. Im Sommer ist Hauptsaison fuer die aegyptischen Touristen. Alexandria ist billig und daher kommen ganze Betriebsausfluege einheimischer Unternehmen hierher, erklaert Sayed. Das erste Appartmenthaus ist ausgebucht, aber im zweiten ist eine "Suite" frei. Sayed kennt den Vermittler gut und handelt den Preis auf realistische Hoehe herunter. Aber oben aergern wir uns trotzdem ueber den Schmutz und das defekte Bad. Naja, sind ja nur zwei Naechte, die wir bleiben wollen, troesten wir uns. Wir fahren ins Zentrum, weil wir frischen Fisch essen wollen. Sayed fuehrt uns zum Fischmarkt im Osthafen, an dessen Nordende das Fort Qaitbay liegt. Der Fischmarkt stinkt, wie bei der Hitze und zu dieser fortgeschrittenen Tageszeit nicht anders zu erwarten. Der meiste Fisch wird nicht gekuehlt. Hier liegen auch Kraken und Tintenfische, Muraenen und kleine Haie aus. Vier handgrosse Fische werden hier fuer uns gleich gegrillt. Waehrend Renata die Stellung haelt, gehen Sayed und ich Brot und Limonen in der Altstadt kaufen. Der grosse Brotkorb aus gespalteten Palmwedeln liegt offen im Staub der Strasse und in der Luftfeuchtigkeit ist das Brot bereits gruen verschimmelt. Ich zeige dem Haendler ein besonders dekoratives Exemplar der Baeckerkunst, dessen gruene Oberflaeche vor dem Verzehr erstmal rasiert werden muesste (wenn es einem vorher nicht weglaeuft ob all der Lebendigkeit). Wir erstehen eine geschlossene Tuete und der Haendler lacht mit seinen Kollegen sichtlich ueber meine "Empfindlichkeit". Als wir zurueck sind, ist der Fisch verpackt und wir gehen in ein Strassencafe und bestellen Limonensaft und Tee. Hier hat niemand etwas dagegen, wenn man mitgebrachtes Essen verzehrt. Wir gehen zum Ufer des Hafens, nahe des Forts. Hier liegen dutzende kleinerer bunter Fischerboote. Dann holen wir Nina ab. Wir treffen uns am Hotel "Cecil", einem Bau aus Zeiten der britischen Besatzung, kolonial, weiss, morbid und sitzen auf dunklen Bugholzstuehlen mit Geflechtsitzen auf dem Gehsteig. Gegenueber steht im Licht der Abendsonne die Ibrahim-Moschee, ein Springbrunnen ist von kinderreichen Familien umlagert, Zuckerwatteverkaeufer blasen in eine Troete- wie jeder "Zunft" die in Aegypten etwas auf der Strasse verkauft, haben auch sie ihr spezielles Instrument. Nina wirkt relaxt, eine 32-jaehrige, schlanke, blonde Frau, Stewardess bei der Lufthansa. Die Atmosphaere zwischen Sayed und Nina ist gespannt und unklar. In einem Fastfoodrestaurant essen wir Pizza und dann fahren wir mit einer schwarzen Pferdekutsche Nina zum Hotel zurueck, dann weiter gemuetlich auf der Corniche zum anderen Ende der Stadt, anderthalb Stunden lang, pro Nase fuer 1,50 Euro. Erst tief in der Nacht kommen wir zur Ruhe, waehrend draussen, nach 3 Uhr, noch Kinder toben und der Verkehr fliesst, als sei es Rushhour und ueber uns werden Moebel gerueckt. geschrieben am 8.7. in Kairo
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