7/6/2003 Aegypten / Kairo
Eden fuer Reiche
Zur Geschichte Alexandrias
(Harald und Renata) Die Luftfeuchtigkeit ist so hoch, dass am Morgen unsere Waesche nicht trocken ist. Ich bin mit Nina verabredet, aber nachdem ich erst gegen vier Uhr morgens eingeschlafen bin, ist meine Innere Uhr ueberfordert, mich puenktlich zu wecken. Als ich am Platz Saad Saghul endlich ankomme, scheint Nina schon zur geplanten Kurzbesichtigung der Festung Qatbai aufgebrochen zu sein. Ich fahre zum Fort, aber Nina ist nicht da. Nun bin ich schon mal hier und gehe hinein. Alexandria wurde von Alexander Dem Grossen (einem Makedonier/Griechen) 331 vor Christus gegruendet (wir erinnern uns : 3-3-3, vor Issos Keilerei?), also zwei Jahre nach der denkwuerdigen Schlacht in der Suedtuerkei. Bei Alexanders fruehem Tod in Babylon zerfiel sein gigantisches Reich in vier Teile, wobei Aegypten seinem Feldherrn Ptolomaios zufiel, der Alexandria zu seiner Hauptstadt machte. Etwa drei Jahrhunderte stellten die Ptolomaeer die Pharaonen, bis die Roemer 30 v.C. Aegypten eroberten. Der Name der Stadt ist untrennbar mit zwei Gebaeuden verbunden: Zum einen der Grossen Bibliothek von Alexandria, die in Folge der ptolomaeischen Herrschaft errichtet wurde. Sie gehoerte zur Gelehrtenakademie Museion und verfuegte zuletzt ueber rund 900000 Schriftrollen, auf denen das gesammte Wissen der damaligen Zeit verzeichnet war. In Folge der Thronstreitigkeiten zwischen der letzten Pharaonin Kleopatra der Siebten und ihrem Bruder brannte die Bibliothek 49 v.C. ab. um anderen dem Leuctturm von Pharos. Die Festung Quatbai steht auf den Fundamenten des ehemaligen Leuchturms, der zu den Sieben Weltwundern der Antike zaehlt, wie auch die Pyramiden von Gizeh. Der Leuchtturm stand auf einer gleichnamigen Insel, die heute mit der Stadt verbunden ist. Er wurde im Laufe von 17 Jahren bis 280 v.C. erbaut, war vermutlich etwa 110 m hoch und kostete 21000 Kg Silber- eine unvorstellbare Summe, die verdeutlicht, welche wirtschaftliche Bedeutung der Staat seinerzeit hatte. Das Gebaeude hielt, auch dank zahlreicher Renovierungen, 1600 Jahre lang und stuerzte erst bei einem Erdbeben 1326 ein. Das Fort entstand im 15. Jahrhundert aus seinen Truemmern. An zwei Stellen haben die Archaeologen in seinem quadratischen Inneren die Fundamente des Leuchtturms freigelegt. Mein Besuch faellt kurz aus, weil wir zum Fruehstueck verabredet sind. Als ich am Sheraton-Hotel eintreffe, ist Nina schon da und erzaehlt mir, dass sie auf der anderen Strassenseite auf mich gewartet hat- so haben wir uns verpasst, denn ich habe nur vom Taxifenster aus nach ihr geschaut. Renata und Sayed treffen auch ein. Sayed wie immer eher verschlossen, er scheint stets in Gedanken und so manches Mal kann man einen Satz einfach mittendrin abbrechen und er merkt es nicht mal. Fuer Antworten, die laenger als eine Minute dauern, hat er selten Aufmerksamkeit. Irgendwie scheint ihn alles zu langweilen, viele ernsthafte Fragen beantwortet er mit flachen Spruechen. Dann sagt er zu mir"I love you!" und ich kann in seinem Gesicht keine Ernsthaftigkeit finden. Wir kaufen Brot und warme, geherzte Pitas zum Fruehstueck und setzen uns in ein Strassencafe. Als erstes drehen wir die Musik dort leiser. Der Boden ist mit Saegespaenen bedeckt, es wird Limonensaft, Kaffee und Tee serviert. Wir erzaehlen Witze und eigentlich ist die Stimmung ganz aufgeraeumt. Wir gehen in den Palmengarten am Ende der Corniche, weil hier ein kleiner Strand sein soll. Das Gelaende ist ummauert und voller gruener Rasenflaechen und wird ueberragt vom Montazah-Plast, einem prachtvollen, weissen Bau mit roten Ziegeldaechern aus dem 19. Jahrhundert. Hier im Garten darf niemand umherlaufen und die Straende sind, bis auf einen, einem exclusiven und zahlungskraeftigen Publikum vorenthalten- und entsprechend leer, waehrend sich an unserem kleinen Stueckchen die Leute draengeln wie Sardinen in der Dose. Das Wasser ist sehr warm und die Leute sitzen mit Tischen und Stuehlen und Sonnenschirmen bis ins Wasser. Badeanzuege sind sehr selten, fast alle Frauen gehen in voller Montur ins Wasser, manche sogar mit Kopftuch. Mir tun diese Frauen leid, die dann in nasser Kleidung stundenlang dasitzen und sich beim Baden das Pokftuch staendig zurechtschieben muessen. Das die nasse Kleidung die Koerperkonturen abmalt, scheint vielen ebenfalls peinlich zu sein. Hier verbringen wir einen ruhigen Tag, haben am Ende einen Sonnenbrand und gehen Abends zusammen Pizza essen. Sayed erzaehlt viele spannende und ruehrende Geschichten von Downtown. In der Nacht mieten wir fuer 1,50 Eu pro Person eine Kutsche, die uns die anderthalb Stunden bis zum Apartment zurueckfaehrt. geschrieben am 9./10.7. in Kairo
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