7/25/2003 Aegypten / Kairo
Do the Hustle
How you like Egypt? Was soll man da sagen?
(Harald und Renata) Fast haetten wir das Datum vergessen. Waere da nicht Herr Nabil gewesen, der uns im Kairoer Kultur Club, hoch ueber den Daechern der naechtlichen Stadt, gezielt fragte, wie lange wir denn schon unterwegs seien. Doch eins nach dem anderen, erstmal zur "Sache Aegypten". Unser erstes Hotel in Kairo, die "Vienna Pension", haben wir verlassen, weil der Rezeptionsboy ein Schluessellochgucker war (mit der Begruendung, es sei ihm da vorne sonst so langweilig). Und das man uns gleich zu anfangs mit dem Zimmerpreis uebers Ohr gehauen hatte, gefiel uns auch nicht. Das laeuft so ab: Der Zimmerlockpreis betraegt 25 Pfund (ca.3,50 EU). Im Raum ist eine Airconditionanlage. Waehrend wir unser Gepaeck holen, wird deren Sicherung umgelegt und als wir sie einschalten wollen, funktioniert sie daher nicht- "Sorry! Leider defekt! Wenn Sie Aircondition wollen- gerne, im Nachbarzimmer, kostet 5 Pfund mehr." Nachdem wir nach etwa einer Woche gewechselt haben, zieht im vorherigen Zimmer ein Gast ein und- oh Wunder!-die Airkondition funktioniert sofort, wie wir deutlich hoeren koennen. Als wir nachfragen, heisst es, man habe sie repariert. Wie schoen, warum wurde sie nicht fuer uns repariert? Und so schnell ging das, so einfach, in Minuten? Tatsaechlich hat der Hotelier einfach die Tatsache benutzt, dass wir die Airconditionanlage nicht ausprobiert haben. Hat man das Gepaeck, die Raeder erstmal im Zimmer, sinkt die Bereitschaft das Hotel zu wechseln rapide. Tricks, den reichen Touristen ihr Geld aus der Tasche zu ziehen, werden ueberall auf der Welt eingesetzt. Aber nach Monaten Aufenthalt in Aegypten und vielen, ganz aehnlichen Erfahrungen, erlauben wir uns vorsichtig zu resuemieren: Der aegyptische Einfallsreichtum im, sagen wir es mal freundlich, "Tricksen", ist kaum zu ueberbieten. Wir koennen sicher sagen, dass uns in keinem der anderen zehn Laender unserer bisherigen Reise so oft und so durchtrieben ein Baer aufgebunden wurde. Wenig troestlich ist, dass man uns nicht persoenlich meint, auch nicht nur die Touristen betroffen sind. Hier haut Jeder Jeden uebers Ohr, so gut er kann. Unsere Reise hat uns nicht nur mit derben Geschaeftgebraeuchen konfrontiert. Auf den Strassen Kairos hat es vorallem Renata schwer. Gemaess der Maxime, dass, will eine Frau nicht angegafft werden, sie sich ja schliesslich "verhaengen" koenne, d.h., sie bei koerperbetonter Kleidung signalisiert, sie wolle angeschaut werden und sei darum "selbst schuld", machen sich die meisten Maenner nicht mal die Muehe wegzuschauen, wenn ich neben Renata gehe. Und weibliche Touristen kommen ja auch aus dem sexuell verlotterten Westen. In den Coffeeshops fallen dann auch schon mal beleidigende Aeusserungen, auf die man reagieren muss. Ein besonderer Spass fuer die Maenner ist dabei, dass sie meist annehmen koennen, das wir das ja nicht verstehen. Dann lachen sie rundenweise herzhaft, dass man einen Touristen mit den uebelsten Schimpfworten belegen kann und der auch noch freundlich zuruecklacht und gruesst, Marke: "Na, du Schwuchtel, deine Frau sieht aus wie eine (Wasweissich)..." Dumm nur, wenn man die gaengigsten Schimpfwoerter schon kennt, und/ oder in Begleitung Einheimischer ist. Bisher bin ich noch nicht handgreiflich geworden, aber wenn Renata mit den Traenen kaempft, haette ich manchmal schon Lust diese Mischpoke anzugehen. Renata hat einem besonders dreisten Gesellen dieser Tage ihren Umhaengebeutel ueber den Kopf gezogen (gelernte Judoka!). Und gestern meinte ein Halbwuechsiger, wenn wir ihm kein Geld gaeben, wuerde er Renata anfassen. Im Aufzug im Hotel gleiten die Haende schon mal "zufaellig", aber wiederholt ueber besonders interessante Koerperpartien, auf der Strasse landet im Vorbeigehen mal eine Hand direkt zwischen Renatas Oberschenkeln. Mehrmals haben wir von Touristinnen gehoert, dass sie als Prostituierte beschimpft wurden. Die Liste liesse sich verlaengern. Gewoehnungsbeduerftig sind auch andere, heimische Braeuche. Die meisten Maenner in Kairo sind starke Raucher und wohl infolgedessen und aus schlechter Gewohnheit, wird hier allerorten auf die Boeden gespuckt- die Trottoirs sind uebersaet damit. Auch Hausflure, Aufzuege und Treppen werden vollgerotzt. Beim Husten und Niessen nimmt man keine Hand vor den Mund. Ebenso unkontrolliert verfaehrt man mit jeglichem Abfall. Die Daecher der Aufzuege, die Aufzugsschaechte, die Innenhoefe, die Hausdaecher, ueberhaupt jeder freie Aussenraum wird mit Abfaellen belegt. Unsere maennlichen "Strassenbekannt-schaften", die "Hustler", sagen dann grinsend: "Keep Kairo clean!"(Haltet Kairo sauber) Eine Armada von Strassenfegern mit Reisigbesen laeuft unentweg umher und schiebt alte, verbeulte Tonnen vor sich her, mit einem Stueck Pappe als Kehrblech sammeln sie den zusammengekehrten Dreck ein. Die Papp- und Papierreste werden von anderen Spezialisten gesammelt und, mit Schnueren gebuendelt, auf dem Buckel und zu Fuss, oder mit Sackkarren weiss-Gott-wohin gebracht. Besonders unerklaerlich ist, dass man auch Lebensmittel, auch Fleisch einfach auf die Strasse wirft, sogar direkt vor die eigene Tuere. Waeren da nicht die vielen Katzen, es wuerde noch mehr stinken. Ratten, wie in Damaskus, haben wir hier in der Innenstadt aber wenige gesehen, vielleicht Dank der vielen Wiesel und Frettchen. Und da sind die zahlreichen Bettler. Wir geben jeden Tag mehrfach. Oft wird eine Packung Papiertaeschentuecher angeboten, die man dann voellig ueberbezahlt; so ist der Nehmende eben ein Verkaeufer und kein Bettler. Die kleinen Jungs sitzen stundenlang auf dem schmutzigen Boden, in den dreckigsten Ecken und irgendwann, spaet abends, sinken sie auf die schwarzen Platten und schlafen ein. Dann stecken wir ihnen die Scheine ins Hemd. Viele sind schlimm verkrueppelt. Ich konnte oft nicht glauben, was ich vor mir sah: Polio, Elefantitis (riesig verwucherte Gliedmassen) und Amputationen beider Beine, Arme. Diese armen Menschen haben keine Rollstuehle oder auch nur vernuenftige Kruecken (wir werfen die ja auf den Sperrmuell!), mancher rollt auf einem kleinen Sperrholzbrettchen umher, die Haende zum Abstossen benutzend und zum Schutz mit Tuechern umwickelt. Da schlurfen andere mit verdrehten Gliedern, unglaublich verdreckt, gebeugt, ohne Schuhe umher, denn auf ihre Fuesse passt kein Schuh und so haben sie sich diese mit Tuechern bedeckt. Aber es ist gibt auch die Frauen, die sich kleine Kinder gegen Geld ausleihen, um erfolgreicher zu betteln. Die kleinen Wuermer bekommen Tropfen, damit sie schoen schlafen und Schwaeche und Leiden besser rueberbringen. Es gibt auch getuerkte, blutige Verbaende, aber das sind Ausnahmen. Die Bettler bedanken sich meist nicht, weil laut dem Koran das Geben fuer den Wohlhabenden Pflicht und Gottesgefaelligkeit ist und daher dem Wohl des Gebers dient. Unser zweites Hotel, das "Tulip", war etwas zu teuer, weshalb wir ins "Gresham" wechselten. Dort wurde versprochen, dass wir, zum gleichen Preis, binnen von vier Tagen einen Raum mit Bad und Aircondition bekaemen. Aber nach 8 Tagen war davon nicht mehr die Rede. Abgesehen davon, dass der Manager abends Prostituierte fuer die Stammgaeste einlud, er sich ausserdem versuchte an Renata ranzumachen ("...lass uns zusammen essen gehen und Bier trinken"). Im Fernsehraum sass dann an zwei Abenden ein voellig vernebelter Kiffer neben mir, der so high war, dass er kaum noch sehen und laufen konnte. Als der Manager dann in meinem Beisein Renata "Sweety" (Suesse) nannte, war das Mass voll. Der Mann traegt Betmale auf der Stirn und bestand darauf, ein guter Muslim zu sein. Angesichts seiner o.a. Verfehlungen (dem Muslim sind Alkohol, Drogen, Prostitution und Luegen verboten) eine seltsame Dreistigkeit. Und die zugesagte Rueckzahlung unserer Vorkasse will der Mann nicht einhalten. Ich will schon aufgeben, als Renata noch mal richtig loslegt und der Mann schliesslich auszahlt. Unser viertes, jetziges Hotel ist das "African", etwa ausserhalb Down Towns gelegen. Da man im Innenhof einen stillgelegten Brunnen nicht entleert hat, wimmelt es von Muecken. Und die versprochene Ruhe ist dahin, weil seit Tagen Gasrohre verlegt werden. Morgens um vier Uhr klopft es an die Tuere, schlaftrunken schauen wir auf einen Rezeptionisten, der uns- herzlichen Glueckwunsch!- Mueckenspray anbietet. Dafuer sollen wir- man ist hier staendig klamm- fuer eine Woche im Voraus zahlen. Wir einigen uns auf dreitaegige, rueckwirkende Zahlweise. Wer hier zu nett ist, geht unter. Wir wissen von Touristen, die ihr Geld im Lokal auf den Tisch legen, damit der Kellner sich nimmt, was er fuer richtig haelt. Wohl dem, der sich das erlauben kann, denn, und das ist nicht uebertrieben!, etwa 80-90% aller Rechnungen sind falsch. Weil hier kaum jemand Kopfrechnen kann, faellt das meist auf, auch wenn falsche Einzelpreise genannt werden, weil die Summe nicht passt. Der Kellner hat flugs den richtigen Preis ausgerechnet und etwas pauschal draufgeschlagen oder, noch einfacher, einen Fantasiepreis verlangt. Oder, besonders unauffaellige Variante, der Kellner muss den Chef fragen, was eine Cola und ein Tee kosten. Meint: was der Chef uns berechnen will. In den Restaurants bekommt man oft nicht, was man bestellt hat. Das am Ende zwar der Preis laut Liste verlangt wird, aber z.B. weder "Potatas" noch Salat gebracht wurden, oder man das zwar hingestellte, aber nicht bestellte und auch nicht getrunkene Wasser zahlen soll, und das die Kellner sehr oft eine Art Trinkgeld einfach selber draufschlagen, sind nur Beispiele der vielen Spielarten. Wir sollten auch schon mal am naechsten Tag fuer das gleiche Essen das Doppelte zahlen. Die Frage, wieso Touristen genauso wie Einheimische oft mit Durchfaellen zu kaempfen haben, erklaert sich ueber verdorbene Lebensmittel. Z.b. Fruchtsaefte, die ohne Kuehlung standen, Joghurte, Falafelbrei etc., der stundenlang in den heissen Kuechen stand. Besonders apart war der Anblick, der sich uns in einem Coffeeshop bot: Dort hatte ein Gemuesegrosshaendler u.a. seine Petersilienbueschel auf dem blanken Buergersteig ausgebreitet. Vor aller Gaeste Augen lag das Gruenzeug stundenlang im schwarzen Dreck, Katzen stiefelten dadurch und verrichteten ihr Geschaeft darin. Auf einen Salat a la Kairo avec Petersilie haben wir dankend an dem Abend verzichtet. Das sich keiner der Gaeste ueber diese Schweinerei aufregte, bleibt unverstaendlich. Unser aegyptischer Begleiter meinte nur: "Welcome in the land of confusion!" (Willkommen im Land des Durcheinanders). In Down Town gibt es mehrere Kreisverkehre, die keine sind. Wie das geht? Nun, man faehrt eben nicht im Kreis entgegen des Uhrzeigersinns, sondern kuerzt ab und faehrt in die Gegenrichtung; wozu auch um dreiviertel des Platzes fahren? Und das unter den Augen der Polizei. Diese regelt an den Kreuzungen den Verkehr trotz Ampeln, denn an die haelt sich eh keiner. Dabei halten die Autos chronisch auf den Zebastreifen, ohne das die Polizei einschreiten wuerde, so dass die Fussgaenger einen Slalom um die Autos machen. Die Krankenwagenfahrer machen sich lautstark bemerkbar und schalten staendig das Blaulicht ein und immer mal wieder die Sirene, um schneller voranzukommen, obwohl kein Einsatz vorliegt. Angesichts eines Staus, den die Vordermaenner auch nicht umfahren koennen, voellig sinnlos. Und im Ernstfall nimmt das Signalhorn dann keiner wichtig, wie wir beobachten konnten. Dann steigt einer aus, auch mal ein Angehoeriger des Unfallopfers, und muss jeden Autofahrer einzeln bitten, zur Seite zur fahren. Fuer uns seltsam ist das Verhalten der Polizei. Es gibt drei verschiedene Ressorts und deshalb stehen tagein tagaus mehrere Beamte neben den Schwarzhaendlern auf der Strasse, die dann eilig alles zusammenpacken, wenn die "richtige" Polizei kommt, um den Schwarzhandel zu erschweren. Ein offenes Geheinis ist die Korruption. Die Hustler erzaehlen, wie leicht es ist, bei einem Handschlag Geld in eine Hand zu druecken. Viele haben Verwandte, Freunde bei der Polizei und die kommen dann und handeln im Sinne des Auftraggebers- natuerlich ohne rechtliche Grundlage. Einer der Hotelbesitzer bekam Streit mit seinem Stamm-Taxifahrer und hetzte ihm die Polizei auf den Hals. Denunziationen sind an der Tagesordnung und werden staendig als Drohung gebraucht:"Sei vorsichtig, mein Onkel ist bei der Polizei!" Die Kairoer Hustler sind beruehmt. Wir haben uns seit vielen Wochen in deren Milieu aufgehalten, nicht ohne Kratzer abzubekommen. Aber es ist eine eigene, spannende Welt. Wie ueberall, gibt es auch unter den Wenigerguten die Etwasbesserguten. Erstere fangen die Touristen auf den Strassen ab ("This is the center of Cairo!" oder "You need anything?" oder: "Very hot today, isnt it?" etc.) und verstricken sie in ein Gespraech, fuehren sie, anstatt zum gewuenschten, gesuchten Ort mal kurz zum Geschaeft "des Onkels", wahlweise "Vaters", wo es Parfuem (1 ml fuer 2 Pfund), oder Papyrusboegen zu kaufen gibt. Die Hustler versuchen schnell herauszubekommen, ob der Tourist schon in Luxor, Assuan oder der Wueste war. Dann ist ggf. ein Besuch im Reisebuero faellig. In jedem Fall erhaelt der Hustler eine "Commision", eine Provision. Daran ist nicht unbedingt etwas auszusetzen, abgesehen davon, dass es ungesetzlich ist und keine Gewerbeerlaubnis vorliegt. Aber die Wenigerguten begleiten die Touristen dann weiter und nehmen sie aus: In jedem Restaurant, Imbissbude, Strassenstand, Geschaeft zahlt der Tourist oft das Doppelte, weil der Hustler die Haelfte bekommt. Richtig fies wird es, wenn auch Fahrtpreise fuer Busse und Taxis manipuliert werden, Hotelpreise oder teurer Schmuck. Oft sind die Touristen tagelang, wochenlang mit den Hustlern zusammen und ahnen nichts, stehen daneben, wenn der Hustler seine Provision vorher mit dem Haendler festlegt ("Ich erklaere ihm gerade, er soll einen guten Preis fuer dich machen, ich bin ja Aegypter, sein Landsmann, da macht der keinen Touristenpreis.") So zahlt der Ahnungslose dann- wie es uns passiert ist- das Doppelte und gibt anschliessend noch dankbar ein Trinkgeld. Wenn Freundschaft oder gar Liebe vorgespielt werden, wie das vielen Maedchen hier passiert, schmerzt es besonders. Ein paar wenige Hustler wollen zwar durch die Heirat mit einer Touristin genauso aus Aegypten und der Armut raus, wie die anderen, lieben aber ihre Frauen tatsaechlich, leben jahrelang mit ihnen. Aber viele heiraten nur wegen des Geldes. Manchmal sind es aeltere Frauen, die mit aegyptischen Twens verheiratet sind. Stolz erzaehlen die Hustler dann, dass sie Geld, Autos, Schmuck etc. bekommen. Diese jungen Maenner leben hier in Kairo, ihre Frauen aber in den USA, viele in Japan, aber auch in Europa. Was die Frauen da reitet? Ich verstehs nicht. Von einer gluecklichen Ehe unter diesen Vorzeichen haben wir nicht gehoert, was nicht bedeutet, dass es die nicht gaebe. Aber wir haben von vielen gescheiterten Beziehungen gehoert. Mancher ist zurueckgekehrt und hustelt weiter, obwohl er es garnicht mehr noetig hat. "Es ist schwer aufzuhoeren", wie mir Einer sagte. In wenigen Stunden, am kuehlen Abend, in sauberer Kleidung, mit netten Touristen leichtes Geld verdienen, niemand macht Vorschriften, keiner kann einen kuendigen. Ein guter Hustler verdient ein Vielfaches eines Kellners oder Verkaeufers. Bis in die Nacht kann er dann Schischa rauchen, kloenen und am naechsten Tag bis Mittags schlafen und immer ist da dieses Kribbeln, wenn die, vorzugsweise blonden, Touristinnen auftauchen. Gute Hustler sprechen nicht nur Aegyptisch und Englisch, sondern eine zweite oder dritte Fremdsprache, in jedem Fall alle notwendigen Floskeln, um ins Gespraech zu kommen. Untereinander bedienen sie sich einer Art Geheimsprache, mit Gesten und Begriffen, die der Gehustlte garnicht mitbekommt. Jede Nationalitaet kann durch Zeichensprache dargestellt werden. Der Amerikaner z.B. wird durch beidhaendige Schiessbewegungen dargestellt, wie in den Cowboyfilmen. Untereinander gibt es sowas wie eine Berufsehre- wehe demjenigen, der sich mit einem Hustler anlegt und sich dabei das Unverstaendnis der anderen zuzieht, z.B. durch Unfreundlichkeit. So einer kann Down Town besser verlassen, er wuerde seines Tages nicht mehr froh, vor lauter "Nettigkeiten", die man ihm nachruft. Andererseits sind alle Hustler Konkurenten und es gibt Animositaeten reichlich. Einer haut den anderen in die Pfanne, um z.B. das Vertrauen eines Touristen zu gewinnen ("Wissen sie, was ihnen hier alles passieren kann? Ich bewahre sie davor!") Das nennt sich im Fachjargon "Injection". Die romantische und liebenswerte Seite ist die Sehnsucht fast aller Hustler nach Sorgenfreiheit durch Heirat. Sie traeumen von schoenen Frauen, die ihnen ganz verfallen sind und die reich sind und ihnen alles kaufen, was sie wollen. Und ihnen die Freiheit lassen, alles zu tun, was sie moechten. Z.B. wieder in Kairo zu leben und nicht treu sein zu muessen. So einer posaunt dann stolz in Kairo herum, dass er jetzt nicht mehr einer der Hustler sei, sondern einen Beruf habe. Meist ist das zwar gelogen, aber es sind diese bittersuessen Maerchen, die jeder in sich traegt. Im Umgang mit den Hustlern haben wir uns beide verstrickt und manchen Tag Kopfschmerzen bekommen, weil man vor lauter Luegen nicht mehr durchblickt und sich verstrickt. Am Ende werden nun auch Geschichten ueber uns erzaehlt und es wrid Zeit, dem zu entfliehen, denn das Gewirr der Absichten und Plaene dieser gerissenen Gesellen durchblickt man kaum. Und es ermuedet, staendig auf der Hut zu sein und sich zu fragen: Ist das was ich hoere oder sehe tatsaechlich so, wie man es mir wahrzumachen versucht? Am Ende hat sich auch unser Freund nicht als solcher erwiesen, was uns beide schmerzt, denn wir haben ihn beide gern, trotz seiner Profession, die wir akzeptiert haben. In diesen Tagen stehen wir vor der Entscheidung, angesichts der Regenzeit und Hitze im Sueden noch hier zu bleiben und zu arbeiten, oder weiter zu reisen. Wir haben beide einen Arbeitsvertrag einer grossen Gesellschaft in Haenden, im Sinai die Leitung einer Ferienanlage zu uebernehmen. Das Gehalt ist geradezu laecherlich fuer deutsche Verhaeltnisse, aber die Aufgabe reizt und die Landschaft ist fantastisch. Wir werden uns entscheiden. Bis dahin schreibe ich fleissig Geschichten aus Kairo auf. geschrieben am 30.7. in Kairo
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