8/18/2003 Aegypten / El Aiyat
Bei Fellachen (Ueber die Pyramiden)
Die Pyramiden von Dashur / Uebernachtung im Feld neben einem Esel
(Harald und Renata) Schon frueh am Morgen besuchen wir erneut die Nekropole (Graeberfeld / Grabanlage) von Saqara. In der Sonne ist es auch morgens schon heiss. Das Gepaeck haben wir im Club gelassen und so geht es etwas leichter bergauf zu den Tempeln und Pyramiden. Neben der Stufenpyramide stehen 4 weitere, z.T. stark verfallen und Reste von Tempelanlagen. In einem Doppelgrab zweier koeniglicher Nagelpfleger kann man die beiden Herren in liebevoller Haltung, Nase an Nase, sich an Arm und Schulter haltend sehen. Die beiden standen sich offensichtlich sehr nahe, hatten gleichwohl aber jeweils eine Familie. Bisexualitaet war seinerzeit anscheinend nicht verpoent. In einem kleineren Tempel, der ueber eine Steintreppe tief unter die Erde fuehrt, besichtigen wir schoene Reliefs. Nachdem wir dem Waechter sein Backschisch gegeben haben, stellen wir fest, dass er uns unsere Taschenlampe gestohlen hat. Manchmal bin ich diese Gaunereien so satt! Ich halte mich nicht lange mit Argumenten auf, sondern rufe den Mann in Anwesenheit der Polizei aus dem Tempel, mache auf wuetend und siehe da!- die Taschenlampe kommt unter der Gallabya zum Vorschein- natuerlich hat er sie auf dem Boden gefunden! Normalerweise wuerde man soetwas der Gelaendepolizei melden, aber in Aegypten machen wir uns diese Muehe erst garnicht, weil es uns vergeblich scheint. Wir steigen hinab ins Serapeum, dass seit 10 Jahren wegen Restaurierungsarbeiten geschlossen ist. Aber gegen Backschisch schleust man uns ein. Leider muessen wir uns wie die Diebe verstecken, was uns garnicht gefaellt. Und wie schon gestern werden wir entdeckt und muessen fruehzeitig die unterirdische Grabanlage verlassen. Hier unten wurden die heiligen Kuehe der Aegypter, die Apis-Stiere begraben. Ueber 20 riesige, bis 70 Tonnen (!) schwere Granitsaerge stehen in Nischen einer fast 1 km langen Ganganlage. Und all das wurde ca. 5 Meter hoch aus dem Fels geschlagen. In hunderten kleiner Wandnischen standen einst Symbolfiguerchen. Es wird Zeit Richtung Dashur aufzubrechen. Im Club nehmen wir unser Gepaeck auf und fahren zurueck zur Hauptstrasse durch das schmutzige Dorf. Dort fliegen ein paar Steine, die uns aber nicht treffen und es hallt auf Arabisch Schimpfwoerter und "Amerikaner" hinter uns her. Es sind, wie immer, die Knaben, nie die Maedchen. Nach 10 km erreichen wir das Pyramidenfeld von Dashur. Die ca. 4000 Jahre alte, verwitterte Ziegelpyramide von Sesostris dem III am Eingang, wuerden wir als solche garnicht erkennen, waere sie nicht im Reisefuehrer erwaehnt. Aber die sog. Rote Pyramide des Sneferu beeindruckt. Weil der Kalkstein leicht rosa im Sonnenlicht scheint, gab man ihr diesen Namen. Wir besuchen ihre Grabkammer durch einen steil, schraeg abfallenden, 63 m langen Gang. Hier unten hat der Architekt eine stufige, hohe Halle gebaut, um den ungeheuren Druck der Steinmassen schraeg abzuleiten. All dies war einmalig, nie zuvor versucht. Ohne mathematisch-statische Kenntnisse waren diese Bauten das Ergebnis von Trial and Error, reine Versuchsprozesse. Die zwei Steine, unter denen man die Vorhalle und dann die Grabkammer betritt, sind ueber zwei Meter hohe und ebenso dicke Granitbloecke, aber der Druck hat sie trotzdem zerbrochen. Dann fahren wir zur sog. "Knickpyramide", die ihren Namen ihrer aeusseren Form verdankt. Wir fahren in der Baugeschichte rueckwaerts, weshalb wir, um des besseren Verstaendnisses willen, vorgreifen: Pharao Sneferus (Snofru) erste Pyramide steht in Meidum, weiter nilaufwaerts. Dort liess er einen achtstufigen Steinturm mit viel zu steilen 75 Grad Neigung bauen, dessen heutige Form kaum einer Pyramide aehnelt. Das Innere wurde verfuellt und aussen wurden dann spaeter Stufen angebaut, die den Winkel auf 54 Grad reduzierten. Das Ganze war ein Flickwerk aus heutiger Sicht, ein Weltwunder aus damaliger. Etwa 2500 Jahre hielt das, dann rutschte die aeussere Schicht komplett ab. Sneferus Architekten war das Misslingen klar, denn der Pharao liess ihn dann die Knickpyramide bauen. Wir sehen am Nachmittag eine ebenfalls riesige Pyramide, mit einem Grundriss von 188 Metern. Als beim Bau Risse auftraten, wurde dem Architekten klar, dass er sich erneut auf dem Irrweg befand. Man erweiterte den Grundriss und verringerte den Winkel auf 54 Grad. Aber das war noch zu steil. So fuehrte eine weitere Verringerung auf einen Winkel von etwa 43 Grad zur Form dieser Pyramide. Hier ist die aeussere Verkleidungsschicht aus Kalkstein noch gut erhalten- einmalig fuer alle Pyramiden. Dann folgte der Bau der Roten Pyramide. Sneferus Architekt blieb beim erprobten Winkel von etwa 43 Grad und der Verwendung grosser Steine. Der Grundriss ist fast genauso gross, wie die von Sneferus weltberuehmtem Nachfolger Kafuh (Cheops), durch ihren flacheren Winkel ist sie jedoch "nur" 108 m (statt 146 m) hoch. Aber es war Sneferu, der das Ei des Kolumbus erdachte, es war Sneferu, der als Erster eine echte Pyramide und mehr Raum verbaute als Cheops! geschrieben am 29.8 in Nag-a Hammadi
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