8/23/2003 Aegypten / Assyut
Wieder mal aufgesessen
Aufenthalt in Assyut: 2 Guides im Wettstreit
(Harald und Renata) Als wir morgens das Hotel verlassen, kommt von schraeg hinten "ganz zufaellig" ein Mann vorbei und spricht uns auf Deutsch an, radebrechend zwar, aber verstaendlich. Wir denken gleich an einen Guide, einen der Hustler, die Touristen "anzapfen", weshalb wir den Mann eher unfreundlich abwimmeln, so dass er zurueck bleibt. Unsere eigene Suche in Assyuts uebervoelkerten Strassen nach einer Baeckerei verlaufen erfolglos und irgendwann ist da einer, der Englisch spricht und uns unbedingt missverstehen will, weil er zwar staendig "yes" sagt, aber uns trotzdem zu einem Restaurant schleppen will, womit klar ist, dass er sich eine Provision, hier "commision" genannt, verdienen moechte. Schliesslich zeigt er uns eine Baeckerei, wo fuer ihn natuerlich nicht viel drin ist. Dann gehen wir zum Hotel zurueck und da wartet der Mann von vorhin, immer freundlich, froehlich. Er sei kein Guide, wolle nur Deutsch sprechen, wie alle Guides hat er natuerlich studiert und einen ehrsamen Beruf- vorzugsweise Lehrer- und Verwandte in Deutschland. Wir tauen trotzdem auf, geben ihm Antworten auf seine Fragen. Aber wie alle Guides ist er nur mit sich beschaeftigt, kann nicht zuhoeren, merkt nicht, wenn man mitten im Satz aufhoert, um zu sehen, ob er bei der Sache ist. Der englisch-sprechende Guide hat den kuerzeren gezogen und muss traurig von dannen ziehen. Als wir erneut aufbrechen, um ein Netcafe zu suchen, wird uns von der Touristenpolizei, die die ganze Nacht im Hotel ueber uns gewacht hat, ein Mann zugeteilt, der nun mit uns gehen muss. Der Guide wird von einem aelteren Polizisten von der Hotelcrew angesprochen und uebersetzt uns, dass der aus uns fuer sich einen Tee mit herausschlagen soll. Es kitzelt mich zu sehen, wie korrupt der Polizist ist und druecke ihm einen kleinen Schein in die Hand, vor aller Augen und der Mann freut sich und nimmt ihn. Unser Guide bringt uns zu einem Restaurant und wir laden ihn und den Polizisten zum Abendessen ein. Wir unterhalten uns sehr angeregt und der Mann stellt persoenliche Fragen, wir lachen viel und die Stimmung ist gut. Dann gehen wir erneut ins Netcafe. Der Guide sagt, er komme gleich wieder, rauche unten im Coffeeshop eine Schischa. Aber als wir fertig sind und uns von ihm verabschieden wollen, ist er weg! Ohne Danke, ohne Verabschiedung- wir sind foermlich schockiert, veraergert. Der Kerl hat sich das teuerste Essen ausgesucht, um in dem Lokal eine gute "commision" zu machen und dann das. Uns klingen seine Beteuerungen im Ohr, es gaebe auch gute Menschen in Aegypten, nicht nur solche, die aufs Geld ausseien, seine Schwaermereien ueber seinen Koran, seinen Glauben u.ae.m. Es tut uns nicht leid um die Einladung fuer 3 Euro und seine "commision" von 10 %, die wir extra, als "Steuer" getarnt, auf der Rechnung finden, aber es verletzt uns, dass er so wenig Respekt fuer unsere freigiebige Haltung zeigt. Im Hotel sagt man, wir sollen niemandem trauen- ja, dass kennen wir schon. Sich abzugewoehnen, den Menschen zunaechstmal ihre Beteuerungen, ihre Freundlichkeit, ihr Interesse zu glauben, faellt uns sehr schwer, trotz unserer einschlaegigen Erfahrung. Jedem jederzeit zu misstrauen, strengt uns zunehmend an, nagt an unserem Willen, ueberhaupt noch jemanden an uns heranzulassen, uns der Muehe der Freundlichkeit zu unterziehen, wenn wir scheinbar hilfsbereit angesprochen werden: "Can I help you?" Im Hotel bitte ich den Rezeptionisten unserem Polizistenbegleiter die Situation zu uebersetzen, denn er war zwar dabei, aber hat das Ganze nicht verstanden. Aber der Rezeptionist uebersetzt nicht, ich bitte ihn erneut, er redet von anderen Dingen, ich bitte ein drittes, ein viertes Mal- dann gehen mir die Nerven durch. Hier stehen sieben Polizisten herum und drei Leute vom Hotel und keiner hoert uns zu, alle reden durcheinander- ich haue auf die Theke, dass es kracht und dann klappt die Sache, vielmals "sorry!" heisst es und alle wollen mir die Hand schuetteln. Es ist wie am Eisstand, wie bei der Post, in der Telefonzelle, im Supermarket: Setzt du dich nicht durch, kannst du lange warten. Und bist du mal sauer, entschuldigen sich alle und finden, du bist ein toller Typ und keiner ist selber sauer. Seltsam. Morgen fahren wir weiter- Etappenziel ist Sohag, dann folgen Nag-a Hammadi, Qena und Luxor. In 12 Tagen laufen die Visa fuer den Sudan ab! geschrieben am 31.8. in Qena
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