8/31/2003 Aegypten / Qena
Dendera
Der Hathor-Tempel, in dem auch Kleopatra VII der Goettin huldigte
(Harald und Renata) Wir haben uns einen Tag Aufenthalt in Qena genehmigt, weil 3 km vor der Stadt die Ruinenstaette von Dendera liegt, eine Tempelanlage, deren Hauptbau erst in der Endzeit des pharaonischen Aegyptens erbaut wurde, also in der ptolomaeischen Aera vor etwa 2000 Jahren. Der Tempel ist gut erhalten, hat sogar noch ein intaktes Steindach. Holz war im Aegypten des Altertums selten bis nicht vorhanden, da sich die fasrigen Palmstaemme nicht zum dauerhaften Gebaeudebau eigneten. So spezialisierten sich die Aegypter auf Steinkonstruktionen, was fuer mich, als Innenarchitektur-Studioso, bei Steindaechern geradezu kurios anmutet. Da wird Stein so eingesetzt, wie sonst Holz und das Ganze funktioniert auch noch und haelt tausende von Jahren! Die Tempelanlage war der Goettin Hathor geweiht, deren heiliges Tier die Kuh mit den grossen, nach oben gebogenen Hoernern war. Die Goettin wird, ausser als Tier, auch als Frau mit Kuhkopf, oder einfach als Frau dargestellt. Als Tochter des Sonnengottes Ra (oder "Re"), wurde sie mit einer goldenen Sonnenscheibe auf dem Kopf, bzw. zwischen den Hoernern abgebildet. Sie war die Goettin der Liebe, der feinsinnigen Vergnuegungen, eine Patronin der Musik und des Tanzes und als "Westliche Goettin" auch Schuetzerin der Toten. Die Goettin hatte viele Namen, die sich in den Inschriften auf den Waenden, Decken und Saeulen der Tempel wiederfinden: Die Goldene, Die-Mit-Den-Goldenen-Haaren, Die-Der-Trunkenheit (vor Glueck!), usw. Die Griechen sahen in ihr die Entsprechung der Liebesgoettin Aphrodite und viele ihrer ihr zugesprochenen Eigenschaften teilte sie mit der Goettin Isis, deren Kult von den Roemern nach Eroberung Aegyptens uebernommen wurde und der sich bis nach Germanien ausbreitete (neue Funde zeigen Isistempel sogar in Koeln). Diese Tempelanlagen waren keine isolierten, ruhigen Orte am Rande des Fruchtlandes, sondern kleine Staedte, denn hier liessen sich ueber Jahrhunderte und Jahrtausende viele Anhaenger begraben, hierhin pilderte man, opferte, betete. Hier wurden Kultgeraete und Opferfiguren hergestellt und hier wohnte eine zahlreiche Priesterschaft. Dendera war ein religoeses und Verwaltungszentrum. Von den vielen kleineren Gebaeuden, die aus weniger haltbaren Lehmziegeln hergestellt und fuer spaetere Neubauten verwendet wurden, blieb nichts uebrig. Nur die Tempel stehen noch. Die Anlage in ihrer jetzigen Form wurde nie fertiggestellt, obwohl selbst die Roemer, genauer: Kaiser Tiberius (14-37 n.C.), noch daran bauten und sich im Inneren auch als Pharaonen verherrlichen liessen. Man kann sagen was man will: Bis das Christentum aufkam, waren die Roemer religioes voellig tolerant, sie assimilierten sogar die lokalen Gottheiten. Motto: Wir haben so viele, da kommts auch nicht mehr drauf an. Die Endzeit der pharaonischen Aera war eigentlich schon mit der Eroberung Aegyptens durch Alexander dem Grossen erreicht. Einen Tiefpunkt erreichte die Herrschaft der griechischen Pharaonen im Jahre 80 v.C., als Ptolomaeos XI nach 19 Tagen Co-Herrschaft seine beim Volk beliebte Frau und Stiefmutter Berenice III ermorden liess und dafuer von seinen Untertanen in Alexandria aus seinem Palast geholt und massakriert wurde- Umstaende, die zu Zeiten der "echten" Pharaonen undenkbar waren. Im Tempel kann man ein paar Graffitis von Napoleons General Desaix und franzoesischen Soldaten sehen, die diese 1799 hier hinterliessen. Auf einer Aussenwand fotografieren wir Bilder von keiner geringeren als Kleopatra der Grossen mit ihrem Sohn Ptolomaeos XV, auch Caesarion genannt, ihrem Sohn mit Julius Caesar. Eine kleine Kapelle, der Goettin Isis geweiht, wurde von Augustus, dem spaeteren Kaiser Ocatvian erbaut, der Kleopatra und ihren zweiten Gatten Mark(us)Anton(ius) besiegte (Caesar war auf den Stufen des Capitols ermordet worden:"Auch du, mein Sohn Brutus?"). Auf dem Gelaende steht auch eine koptische, sprich christliche Basilika aus dem 5.Jht. Christlich-religioese Eiferer waren hier in Dendera, wie auch in Abydos und anderenorts, fuer die systematische Zerstoerung tausender Abbilder der Pharaonen und Gottheiten verantwortlich. Mit abertausenden Meisselschlaegen wurden die Gesichter und auch, typisch sexualfeindlich, die dargestellten erigierten Penisse zerschlagen. Diese Darstellungen waren nicht lusterregend oder -darstellend gemeint, sondern Zeichen von Fruchtbarkeit und Leben. Aber ein monotoistischer Glaube schliesst eben andere Goetter aus und so mussten die "Goetzenbilder" dem Glaubenseifer weichen, anders als bei den Griechen und Roemern. Der hohe, grosse, dunkle Tempel beeindruckt ungemein. 24 Gigantische Saeulen (wie in Abydos) tragen das Dach und Licht faellt nur durch den Eingang ins Innere des Baus. So entsteht eine geheimnisvolle, stille Atmosphaere. Die schiere Hoehe und Dicke der komplett mit Reliefs und Malereien versehenen Saeulen, deren Kopfabbilder der Goettin Hathor als Kapitele auf allen vier Seiten, gibt einem das Gefuehl von Winzigkeit und dem Ort einen Hauch von ruhiger Ewigkeit. Aber auch diese Kultur ist untergegangen, nichts waehrt ewig. Im Gelaende befindet sich auch ein grosses, jetzt leeres Becken, dass einst als kultischer See verwendet wurde. Die religioesen Vorstellungen der Altaegypter waren erfuellt vom Lebensstrom Nil, ohne dessen Wasser Aegypten nicht existierte- dieser Fluss und der Staat waren eins. Die Ueberfahrt von dessen Westseite zur Ostseite, das Flussauf- oder abwaertsfahren waren wichtigster Teil aller kultischer Handlungen. Da das kostbare Fruchtland nicht mit Tempel- und Grabanlagen verkleinert werden sollte, lagen die Kultstaetten oft weiter entfernt vom Fluss und deshalb wurden dann symbolische "Nilgewaesser" angelegt, wie auch hier. Heute stehen hier ein paar Palmen. Wir erstehen neben dem Gelaende noch zwei Webdecken, die wir nach Deutschland schicken werden (hoffentlich kommen sie da auch an) und verbringen des Rest des Abends bis in die Nacht im Netcafe. Morgen werden wir Luxor erreichen. (zugehoerige Fotos sind auf der Seite vom Vrotag zu sehen!) geschrieben am 8.9. in Luxor
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